Schönefeld (dpa) - Noch hat der Berliner Flughafenchef Hartmut Mehdorn bei seinem wichtigsten Projekt nichts Greifbares vorzuweisen. Seit seinem Amtsantritt vor fast einem Jahr lebt der 71-Jährige vor allem davon, Hoffnung und Zuversicht zu verbreiten, dass es doch bald noch etwas wird mit dem verkorksten Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg. Dessen Eröffnung musste im Januar 2013 auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Mehdorn verfolgt dabei die Strategie, auch kleine Fortschritte als Erfolg zu verkaufen, und sei es auch nur die Inbetriebnahme einer neuen Halle für Luftfracht, die er im vorigen Juli als „Meilenstein“ bezeichnete.
Im kommenden Juli wollte Mehdorn ein weiteres sichtbares Zeichen setzen. Ein Seitenflügel des unvollendeten Flughafens, der Nordpier, sollte in Betrieb gehen und täglich einige Maschinen abfertigen: Eine Teileröffnung, ein Testbetrieb für die sensiblen computergesteuerten Systeme. Mehdorn hätte sagen können: „Seht her, es geht voran.“ Daraus wird nun nichts. Es ist ein markanter Rückschlag für Mehdorn.
Kleinlaut schrieb der Flughafenchef am Donnerstag in einem Brief an seine Mitarbeiter, er habe „den von uns angestrebten Echttest im BER-Nordpier abgesagt“. Das sei „mehr als bedauerlich“. „Aber wir müssen konstatieren, dass wir für dieses Vorhaben nicht genügend Unterstützung finden konnten.“ Wo es an Unterstützung mangelte, ließ Mehdorn auch durchblicken. Die Entscheidung gegen die Teileröffnung sei „nach intensiven Gesprächen mit unseren drei Gesellschaftern in den zurückliegenden Tagen gefallen“. Nun sei die Zeit zu knapp - aber es zeichnete sich ohnehin ab, dass die Genehmigungen nicht rechtzeitig für einen Start im Sommer vorliegen würden.
Die Suche nach den Schuldigen
Ein Grundmuster des Projekts zeigte sich unmittelbar, nachdem Mehdorns Absage am Donnerstag publik wurde: Sofort begann die Diskussion um die Schuld für die Teilpleite und ihre Folgen. Kaum jemand will zitiert werden, doch mehr oder weniger versteckt zeigt jeder mit dem Finger auf den anderen. Erst am Donnerstag bedauerte Wowereit andauernde Indiskretionen der Eigentümer und Störmanöver. Was seinen Sprecher nicht davon abhielt, in einer ersten Stellungnahme die Verantwortung für die neue Absage vom Aufsichtsrat auf Mehdorn zu lenken.
Wann der Flughafen nach dem Debakel um Baumängel, Planungsfehler und Technikprobleme endlich starten kann, steht nun erst recht in den Sternen. Mehdorn hatte schon bei seiner Kür zum Flughafenchef gesagt: „Ich kann auch nicht zaubern.“ Wie ernst die Lage ist, war im spätestens im Herbst klar, als er bekannte: „Anfangs war ich durchaus optimistisch. Bis ich Stück für Stück gemerkt habe, was noch alles gemacht werden muss und wie viel Zeit und Geduld man noch braucht, um fertig zu werden.“ Geduld gilt nicht als seine Stärke, aber die wird Mehdorn nun umso mehr brauchen. (dpa)
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