Roman Mayer Logistik Group: Versteckter Champion

Der Ausblick von seinem neuen Büro auf das Betriebsgelände wird imposant sein. So viel steht schon jetzt fest. Noch muss sich Gianluca Crestani, Geschäftsführer von Roman Mayer Logistik Group in Gersthofen bei Augsburg, aber etwas gedulden. Noch stehen letzte Bauarbeiten an. Erst in einigen Wochen werden er und seine Kollegen in das neue 900 m2 große Bürogebäude inklusive 10.000 m2 Lager- und Logistikflächen umziehen. Gewaltiger Sprung nach vorne Über 100.000 m2 wird dann das gesamte Gelände des bayerischen Transport- und Speditionsunternehmens an seinem Stammsitz in Gersthofen bei Augsburg umfassen inklusive eines Fuhrparks mit über 500 eigenen Fahrzeugen in allen Fahrzeugklassen - vom Transporter bis zum Kranfahrzeug - der Fremdanteil liegt gerade einmal bei unter fünf Prozent. Ein gewaltiger Sprung also nach vorne für Mittelständler Roman Mayer, den in Augsburg jeder kennt, hierzulande aber nur Branchenkenner, obwohl das 1969 gegründete Unternehmen mittlerweile an 21 Hauptstandorten vertreten ist und namhafte Größen wie Aldi, Henkel, Metro, Bauhaus und Kuka aus der Handels-, Baumarkt- und Bauchemie-Branche sowie dem Maschinenbau zu seinen Auftraggebern zählt. "Roman Mayer fliegt eben lieber unterm Radar, als im Rampenlicht zu stehen", sagt Crestani und lacht. Mit ihm, dem vormaligen Andreas-Schmid-Logistik-Vorstand, der 2019 - nach einem kurzen Gastspiel bei C.E. Noerpel - zu Roman Mayer als Geschäftsführer wechselte, dürfte sich das ändern. Denn der 52-Jährige hat, das zeigt sich im Gespräch, viel mit dem Unternehmen vor - vor allem in der Stückgut- und Kontraktlogistik. Die Übernahme der Augsburger Spedition Nuber mit 50 Mitarbeitern vor einem Jahr war für Roman Mayer offenbar erst der Anfang. Aber der Reihe nach. Mit gerade einmal 20 Jahren hatte Mayer 1969 sein Unternehmen in Gersthofen einst gegründet - zunächst als klassischen Fuhrbetrieb, das er nach wie vor mit 73 Jahren gemeinsam mit seiner Tochter Valesca Mayer sowie den beiden Geschäftsführern Klaus Baier und Crestani führt. Wichtigstes Standbein ist das deutschland- und europaweite Transportgeschäft. "Wir transportieren alles überwiegend mit eigenem Equipment - egal, in welcher Fahrzeugklasse", sagt Crestani. Doch zunehmend rückt bei Roman Mayer am Standort Gersthofen auch das Lager- und Logistikgeschäft in den Fokus. Wachstumsschub in der Logistik "Gerade in den letzten zwei Jahren sind wir in diesem Bereich extrem gewachsen. Allein an unserem Augsburger Standort ist in der Logistik unser Umsatz um über 100 Prozent gestiegen und im Stückgutgeschäft um 60 Prozent", erklärt er. "Und wir sind da sowohl mit Bestandskunden gewachsen, wo wir uns portfoliomäßig geöffnet haben, als auch mit Neugeschäft. Kuka, MAN und Hundefutterhersteller Happy Dog. Wir konnten trotz der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr Topkunden akquirieren, die sehr gut zu uns passen", erzählt Crestani stolz. Knapp 15 Millionen Euro Mehrumsatz binnen zwei Jahren seien das in Augsburg gewesen, die Aktivitäten der Nuber Spedition seien da nicht einmal eingerechnet. Alles in allem könnte die Unternehmensgruppe in diesem Jahr 180 Millionen Euro Umsatz erreichen. Zum Vergleich: 2021 waren es 160 Millionen Euro. Daten + Fakten: Roman Mayer Logistik Group 1969 gründete Roman Mayer das Transport- und Logistikunternehmen Roman Mayer in Gersthofen bei Augsburg. Heute beschäftigt das Unternehmen an 21 Standorten insgesamt 1600 Mitarbeiter, davon 600 Lkw-Fahrer. Das Unternehmen erbringt Teil-, Komplettladungs- und Stückgutverkehre und ist zudem in der Kontraktlogistik tätig. 2021 übernahm Roman Mayer die Spedition Nuber An seinem Standort Nördlingen ist Roman Mayer mit der Döderlein Spedition Gesellschafter und in Augsburg Systempartner der Stückgut-Kooperation Online Systemlogistik (OSL). Im vergangenen Jahr übernahm das Unternehmen die Spedition Nuber in Augsburg, die ebenfalls OSL-Gesellschafter ist. 2021 erwirtschaftete Roman Mayer insgesamt 160 Millionen Euro Umsatz. "Und da ist noch sehr viel mehr für uns drin", ist sich Crestani sicher, auch wenn der Wettbewerb in Augsburg sehr groß sei - mit Verweis auf Unternehmen wie Dachser, Schenker und Hellmann Worldwide Logistics. Trumpfen könne die Roman Mayer vor allem mit zweierlei: "Wir haben zum einen ein absolutes Vertrauensverhältnis zu unseren Kunden. Das liegt an unserer unbedingten, auch räumlichen, Nähe zum Kunden, aber auch zum operativen Geschäft. Wir sind da hautnah dran. Wir kennen da jedes Detail. Das ist in unserer DNA." Effizienter als vor der Pandemie Diese Nähe spiegele sich auch in der Geschäftsführung wider. Anstelle zentral aufgestellt zu sein, mit strikter Aufgabenteilung, sitzen bei Roman Mayer die Geschäftsführer vor Ort und sind für bestimmte Standorte verantwortlich: Crestani, Valesca und Roman Mayer etwa für Gersthofen und Augsburg, Klaus Baier für Nördlingen, Mannheim und Nürnberg. Jede Woche haben er und seine Geschäftsführerkollegen deshalb Kontakt zu ihren Großkunden, persönlich vor Ort oder aber zumindest ein Telefonat. "Wir haben dadurch ein absolutes Vertrauensverhältnis zu unseren Kunden. Wir sind da ganz nah dran und haben praktisch Körperkontakt zu unserem Geschäft", betont Crestani. "Bei uns gilt noch der Handschlag, auch wenn wir natürlich Verträge haben und keine Sozialromantiker sind." Das gehe so weit, dass man bei geschäftlichen Problemen eines Kunden oder Lieferanten mit ihm offen darüber spreche und versuche, langfristig für diesen eine Lösung zu finden. "Ebendiese Unaufgeregtheit und langfristige Herangehensweise", ist er sich sicher, "haben uns gut durch die Corona-Pandemie gebracht - abgesehen von wenigen Wochen Kurzarbeit. Wir stehen heute besser und noch effizienter da als vor der Pandemie, auch weil wir uns in dieser Phase konsequent von allen nicht wertschöpfenden Aktivitäten wie etwa im Marketing getrennt haben." Sich sinnvoll für die Rezession rüsten So gesehen hat der 52-Jährige vor der jetzt anbrechenden Phase nicht wirklich Sorge, vielmehr Respekt und Neugierde: "Wir erleben in der Logistik nun einen Wandel. Denn wir kommen ja alle aus fetten Jahren in nahezu allen Branchen, aus einem Jahrzehnt, in dem fast jedes Unternehmen gut verdient hat." Kostenmanagement und Kostendisziplin seien da für die meisten Firmen kein wirkliches strategisches Thema gewesen. Stattdessen habe die Devise "schneller, höher, weiter" gegolten. Mit der Folge, dass aktuell - so sein Eindruck - viele jüngere Führungskräfte mangels erlebter Erfahrung nicht genau wissen, wie sie mit einer Krisensituation umzugehen haben - strukturell, aber auch operativ. "Wir haben explodierende Energiekosten, eine Inflation ohnegleichen - mit entsprechenden Lohn- und Gehaltssteigerungen für die Mitarbeiter." Gleichzeitig werden, fürchtet er, die Transportmengen abflachen. "Spätestens nach der Sommerpause macht die Wirtschaft eine Rolle, vielleicht auch zwei Rollen rückwärts. Das wird jetzt schnell gehen." Erste Indikatoren stellt der Geschäftsführer schon fest. So seien im August die Stückgut-Eingangsmengen im Konsumgüterbereich um zehn Prozent zurückgegangen. Zudem hätten in Augsburg soeben ein größerer Automobil-Zulieferer Insolvenz und ein namhafter Versandhändler Kurzarbeit angemeldet. "Die Konjunktur gerät ins Stocken. Das merkt man." Und das ziehe sich wie ein roter Faden durch viele Branchen und Unternehmensgrößen. "Es geht also nicht darum, ob eine Rezession kommt, sondern wie groß deren Ausmaß werden wird." Sinnvolle Synergien stärker nutzen Trotzdem: "Für Mittelständler wie uns ist und war Kostendisziplin immer wichtig. So gesehen, werden wir vernünftig durch diese Zeit kommen. Vielleicht sogar etwas besser als andere Unternehmen", gibt sich Crestani zuversichtlich. Gleichwohl sensibilisiere er jetzt schon seine Mitarbeiter und Führungskräfte für das Thema Kostenbewusstsein. Anstatt in der Disposition den eigentlich geplanten Mitarbeiter neu einzustellen, schöpfe man zum Beispiel erst mal die Synergien durch den Zukauf der Nuber Spedition aus. Sprich: Die Disponenten hier könnten fallweise auch ihre Kollegen bei Roman Mayer unterstützen. Zudem würde man nun im Umschlagsbereich die bislang autark agierenden Stückgut- und Kontraktlogistik-Aktivitäten zusammenlegen. "Das schafft zusätzliche Synergieeffekte und hilft uns, im volatilen Stückgutgeschäft Volatilität abzupuffern", nennt er konkrete Beispiele. Nur eines wird das Unternehmen nicht tun: "Wir treten jetzt nicht pauschal auf die Investitionsbremse", betont Crestani. So hat Roman Mayer bei Daimler soeben 30 neue Lkw mit neuester Dieseltechnologie geordert, die nennenswert weniger Treibstoff verbrauchen. Auch in den Ausbau neuer Photovoltaik-Anlagen will das Unternehmen massiv investieren, ebenso in die weitere Digitalisierung und Automatisierung - insbesondere in der Administration und Lagerlogistik. Gleichzeitig hält Roman Mayer stets die Augen nach möglichen Unternehmen offen, die das Geschäftsportfolio sinnvoll ergänzen könnten. "Ja, wir sind immer offen für sinnvolle Zukäufe - in ganz unterschiedlichen Bereichen", räumt der Geschäftsführer unumwunden ein. "Das kann ein Frachtführer, ein Kraftwagenspediteur oder aber auch ein einzelner Logistikstandort sein. Wenn sich da eine interessante Chance für uns ergibt, wie im Fall des Speditionsunternehmen Nuber, dann kaufen wir. Das ist schon immer Teil unserer Strategie gewesen, denn wir brauchen eine gewisse Größe im Transportmarkt." Kunden haben jetzt ein offenes Ohr Klagen ob der nahenden Rezession helfe sowieso nicht weiter. "Als mittelständisches Transport- und Speditionsunternehmen können wir die Rezession sowieso nicht verhindern. Wir müssen das akzeptieren, was kommt. Das Schlimmste wäre aber jetzt, nichts zu tun", ist der Geschäftsführer überzeugt. "Stattdessen müssen sich die Unternehmen und Mitarbeiter dieser neuen Situation stellen und sich mit ihren Kunden austauschen. Gerade jetzt haben die Auftraggeber dafür ein offenes Ohr, weil sie selbst auf der Suche nach Lösungen sind." Unterm Strich ist er sowieso zuversichtlich, dass die Transportbranche durch diese Phase relativ gut durchkommen werde. "Die Transportnachfrage geht zwar zurück", sagt Crestani. "Es wird aber auch deutlich mehr Laderaum aus dem Markt genommen als neuer Laderaum entsteht, schlichtweg, weil unsere Branche altersbedingt viele Fahrer verliert, die wir nicht ersetzen können. Wir Speditions- und Transportbetriebe werden also gebraucht." Mehr zum Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Am Anfang zählte das Unternehmen eineinhalb Lkw. Heute ist die Roman Mayer Logistik Group mit Stammsitz in Gersthofen bei Augsburg mit über 500 eigenen Lkw und an 21 Standorten tätig. Eine versteckte Transport- und Speditonsgröße, die viel vorhat, wie ein Besuch vor Ort bei Roman Mayer zeigt. "Alternative Antriebe: Wir brauchen einen Masterplan von der Politik" Gianluca Crestani, Geschäftsführer der Roman Mayer Logistik Group in Gersthofen bei Augsburg Die Politik macht in Sachen Klimaschutz Druck. Trotzdem ordern Sie keine E-Lkw, sondern 30 neue Diesel-Lkw. Warum? Wir machen uns zum Thema "alternative Antriebe" sehr viele Gedanken und testen auch massiv, weil wir wissen, dass es zu einem technologischen Wandel kommen muss - bedingt durch die Klimaziele der Politik. Sie hat ja sogar Fördertöpfe für den Kauf von Lkw mit alternativen Antrieben aufgelegt. Allerdings hat die Politik noch immer keinen echten Masterplan, bis wann sie welchen Antrieb will. Ebendiesen brauchen wir aber als Unternehmer aus Gründen der Planungssicherheit. Deshalb setzen wir vorerst weiter auf Diesel-Lkw, zumal die neuen noch mal weniger CO2 ausstoßen. Was sollte die Politik jetzt also tun? Dringend notwendig wäre ein festes Datum, bis wann die Politik zum Beispiel den E-Antrieb beim Lkw vorschreibt. Basierend auf diesem Termin gilt es dann, die Ladeinfrastruktur aufzubauen. Dann kann sich jeder darauf einstellen - die OEMs, die Transporteure und die Kunden. eh

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