Rivalen oder Partner: Französische Logistiker bauen Präsenz in Deutschland aus

Das Speditions-Netzwerk Astre, welches 1992 im französischen Nantes gegründet wurde, prescht in Deutschland weiter voran. So haben zum 1. Februar die Landesorganisation Astre DACH und die Speditionskooperation Logcoop eine engere Zusammenarbeit angekündigt. Astres Plan mit Logcoop Ziel ist der gemeinsame Aufbau eines europaweiten Netzes von Stückgutverkehren von und nach Deutschland. Die Kooperation mit Logcoop sei Teil der Astre-Strategie, das Netzwerk in Deutschland auszuweiten, heißt es seitens Astre DACH auf Anfrage. Die Regionalhubs sollen, so der Plan, auch Mitglieder im Astre-Netzwerk werden. 159 Transport-, Speditions- und Logistikunternehmen europaweit zählt Astre nach eigenen Angaben, allesamt inhabergeführt aus 14 europäischen Ländern. 3,3 Milliarden Euro Umsatz an insgesamt 437 Standorten haben die Mitglieder des französischen Speditionsverbundes zuletzt erwirtschaftet. Partner in der Region DACH sind die Speditionen Siegmann Deutschland, Gustav Mäuler, Moeller Internationale Spedition + Logistik, Grieshaber Logistics Group, Transneu Internationale Spedition, Nothegger Transport Logistik und J. S. Logistik sowie BretaLita UAB im Baltikum. Weitere Neuigkeiten zur Allianz von Logcoop und Astre sollen in Kürze folgen (Stand zu Redaktionsschluss am 5. April). Heppner macht Tempo Auch Jean-Thomas Schmitt, der seit 2015 die französische Spedition Heppner Group in vierter Generation führt, hat ein klares Ziel: Heppner soll wachsen. Unter anderem in Deutschland - "das ist für uns der zweitwichtigste Markt in Europa", betont er. Und das Wachstumstempo ist in der Tat beeindruckend. So legte der Umsatz der Heppner Group, die sich als unabhängiger Marktführer internationaler Transporte von und nach Frankreich bezeichnet, binnen fünf Jahren jährlich im Schnitt um neun Prozent zu - auf zuletzt 1,029 Milliarden im Geschäftsjahr 2022 (neuere Zahlen liegen nicht vor, Anm. d. Red.). Im gleichen Zeitraum weitete Schmitt die Präsenz des Unternehmens von bislang zwei auf insgesamt neun Länder aus - nicht zuletzt dank gezielter Übernahmen vor allem im internationalen Sammelgut-Geschäft, auch in Deutschland. 2018 übernahm er hier etwa Hamacher Logistik, vor drei Jahren dann ABC Logistik - und mit Koch International in Osnabrück verbindet ihn eine enge strategische Allianz. Business-Unit in Deutschland Mit 14 Niederlassungen ist Heppner heute in Deutschland präsent - unter anderem in Düsseldorf, Gronau, Krefeld, München, Stuttgart, Neu-Ulm, Frankfurt, Singen, Kehl, Mannheim und Berlin. Und über seine Zukäufe ist das Unternehmen auch in den Stückgut-Kooperationen CTL, Cargoline, VTL und 24plus aktiv. Schritt für Schritt rückt der französische Anbieter hierzulande vor. Doch dem 41-jährigen Schmitt reicht das nicht: "Wir suchen weiter nach neuen Möglichkeiten, wo wir zukaufen können", kündigt er an - wenngleich in diesem Jahr die Integration Priorität habe. Bedarf sieht Schmitt da am Standort Düsseldorf, wo er sich verstärken will; ebenso in Norddeutschland (außer der Region Osnabrück) sowie in Mecklenburg-Vorpommern. Woran er auch arbeitet: "Noch sind wir in Deutschland zu klein, ein gutes Stück noch zu ,unorganisiert', wenn man das so formulieren kann." So würden viele Themen noch immer mit dem französischen Head Office abgestimmt. "Wir brauchen in Deutschland sowie in den Niederlanden eine eigene Organisation mit einem eigenen Management-Team und eigenen Support-Funktionen. Denn wir wissen, dass wir fallweise Dinge hier noch mehr vereinheitlichen müssen." Man habe da zwar ein erfolgreiches ,Flickwerk', aber es sei eben doch ein Flickwerk. Dass am Ende einmal ein deutschlandweites Heppner-Netz stehen wird, schließt Schmitt nicht aus. "Noch haben wir nicht den Plan, hier ein Netz mit einheitlichen Strukturen aufzubauen. Wir wissen aber auch, dass wir ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Strategie mit einem globalen Ansatz für den deutschen Markt entwickeln müssen." Erster wichtiger Schritt dazu sei die angesprochene neue Business-Unit "Northern Europe" mit einem eigenen Geschäftsführer für Deutschland und die Niederlande. Marshall-Plan oder Gelegenheit? "Französische Speditions- und Logistikunternehmen bauen ihre Aktivitäten in Deutschland deutlich aus", bestätigt Jörg Frommeyer. Er hat früher unter anderem das Landverkehrsnetz von Kühne + Nagel verantwortet und ist derzeit Interims-Geschäftsführer des französischen Lkw-Vermieters Fraikin. Verstärkt beobachte er dies derzeit neben der Heppner Group noch bei ID Logistics und Geodis; diese Unternehmen würden versuchen im deutschen Markt ansässig zu werden und dort ein stabiles Geschäft aufzubauen. "Dahinter sehe ich allerdings keinen großen Marshall-Plan", betont er. "Bestimmte Player wie Heppner haben indes ein klares strategisches Konzept und fahren Schritt für Schritt in Deutschland Niederlassungen hoch, um so ihr Netz in Frankreich besser auszulasten - und zwar idealerweise über deutsche Direktkunden und weniger über deutsche Partner." Noch verfüge Deutschland ja über eine starke Exportwirtschaft. Andere Firmen wie etwa ID Logistics agieren laut Frommeyer dagegen projektgetrieben. Sprich: Sie erbringen in einem Land für einen Kunden Aufgaben in der Kontraktlogistik. Werde dieser dann in Deutschland tätig, mache man eben auch hier für ihn die Kontraktlogistik. "Wenn sich aber für ID Logistics die passende Gelegenheit ergibt, werden die zukaufen", ist er überzeugt. "Sonst können sie in Deutschland nicht wirklich wachsen." Vieles hierzulande sei ohnehin opportunitätsgetrieben. Trans-o-flex, das vor über einem Jahr von Geodis gekauft worden ist, sei eine solche Gelegenheit gewesen. Ein großer Player wie Geodis komme am deutschen Markt nicht vorbei. Denn nach wie vor sei die Bundesrepublik die größte Wirtschaftsnation in Europa. "Außerdem stehen im Moment etliche deutsche Speditions- und Logistikunternehmen zum Verkauf." Geodis hat ehrgeizige Ziele Was die Expansion französischer Logistik-Player zusätzlich treibt, ist die schwächelnde Wirtschaft - auch im Heimatmarkt Frankreich. Sinkende Mengen sowie die schwächeren Raten in der See- und Luftfracht lassen ihre Umsätze und Erträge sinken. Auch Geodis hat im vergangenen Jahr unter dem starken See- und Luftfrachtraten-Verfall gelitten. So ist 2023 der Umsatz des französischen Speditions- und Logistikkonzerns um 15,2 Prozent auf 11,65 Milliarden Euro zurückgegangen. Das ist etwas weniger als bei manch anderen Speditionsgrößen. Das Ebitda von Geodis sank im selben Zeitraum um vier Prozent auf 1,117 Milliarden Euro. Länderspezifische Zahlen, zum Beispiel zum Deutschland-Geschäft von Geodis, nennt CEO Marie-Christine Lombard nicht (siehe S. 20). Nur so viel: 2022 habe das Unternehmen hierzulande rund 750 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet und sei 2023 dank der Übernahme von Trans-o-flex (rund 600 Millionen Euro in 2022) organisch gewachsen. "Internationale Kunden sind an einem integrierten Distributionsnetz interessiert, über das Geodis dank Trans-o-flex nun verfügt. Trans-o-flex befördert für unsere Kunden Paletten und Pakete innerhalb von Deutschland, wann immer es passt." Ein Trumpf, den Lombard über gezieltes Cross-Selling noch stärker ausspielen will. Sprich: Mitarbeiter von Trans-o-flex verkaufen Services, die Geodis offeriere, und umgekehrt. Unterm Strich, das ist ihr Ziel, "werden wir auch in Deutschland in diesem Jahr stärker als der Markt wachsen. Auch über gezielte Zukäufe. Der deutsche Markt ist für uns sehr, sehr wichtig." Interview: "Wir wollen in Deutschland weiter zukaufen" In 2023 lag der Umsatz von Geodis inklusive der Trans-o-flex-Aktivitäten in Deutschland bei knapp 1,5 Milliarden Euro. Wie viel Umsatz peilen Sie hierzulande in fünf Jahren an? Wir haben für Geodis die Strategie "Ambition 2027" definiert. Um diese zu erreichen, haben wir uns auch in Deutschland sehr hohe Wachstumsziele gesetzt. Konkrete Zahlen kommunizieren wir nicht. Nur so viel: Wir wollen stärker als der Logistikmarkt wachsen. Und dafür wollen wir in Deutschland weiter zukaufen. Auch in diesem Jahr. Welche Art von Unternehmen ist da für Sie attraktiv? Am liebsten wären uns mittelständische Familienunternehmen in der Umsatz-Größenordnung von Trans-o-flex, die im Bereich Healthcare tätig sind. Wir haben zwar schon eigene Healthcare-Aktivitäten in den USA und Frankreich. In diesem Bereich gibt es aber noch viel zu tun. Da sehen wir viel Wachstumspotenzial - neben Aeroespace-, Defence- und Hightech. Trans-o-flex hat bislang nur in Deutschland ein eigenes Expressnetz. Was ist mittelfristig Ihr Ziel? Langfristig ist für mich ein europäisches Expressnetz vorstellbar - auch über gezielte Zukäufe in Europa. Aber wir gehen Schritt für Schritt vor. Unser Fokus ist es zunächst, interkontinentale Sendungen in das deutsche Distributionsnetz von Trans-o-flex einzuspeisen. Fallweise ist Trans-o-flex auch schon im Cross-Border-Geschäft nach Frankreich tätig; mittelfristig ist dies auch für andere Länder vorstellbar - etwa die Niederlande, Italien und Polen. ID Logistics plant Standorte Ambitionierte Pläne verfolgt auch der französische Kontraktlogistik-Dienstleister ID Logistics. Das von Eric Hémar, Präsident der ID-Logistics-Gruppe, vor über 20 Jahren in Frankreich gegründete Unternehmen erzielte 2023 in 18 Ländern einen Umsatz von 2,74 Milliarden Euro Umsatz (+ 10,7 Prozent) und 434,7 Millionen Euro Ebitda (+ 16,6 Prozent). In Deutschland ist das Unternehmen, dessen Headquarter sich in Griesheim bei Darmstadt befindet, inzwischen an zehn Standorten mit rund 4000 Mitarbeitern tätig. Erst vergangenen Oktober eröffnete ID Logistics gemeinsam mit dem Energieunternehmen Enpal einen der größten Distributions-Standorte für regenerative Komplettsysteme in Deutschland. "Mit Schlüsselkunden in den Branchen Kosmetik, E-Commerce, Einzelhandel, Konsumgüter und Energie hat sich ID Logistics in Deutschland über Jahre eine sehr starke Position erarbeitet", betont Präsident Hémar im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. "Unser Ziel ist es nun, auch hier zum Marktführer zu avancieren. Das bedeutet, dass wir unseren Umsatz neben internationalen Kunden auch mit deutschen Unternehmen steigern wollen." Der jüngste Erfolg mit Enpal sei ein Beispiel dafür. So plant ID Logistics in diesem Jahr in Deutschland gleich mehrere Standorte zu eröffnen und blickt jetzt schon auf eine starke weitere Entwicklung in 2025. Ziel sei, sich hierzulande weiter durch organisches Wachstum zu entwickeln. Er hoffe aber, so Hémar, "dass wir in Zukunft auch eine externe Akquisition tätigen werden". "Ein flächendeckendes Stückgut-Netz dürfte aber keiner dieser Anbieter aufbauen. Dazu fehlt den Firmen schlichtweg die Finanzkraft", urteilt Branchenkenner Frommeyer. "Viele haben das versucht. Außer Raben hat das aber keiner in Deutschland hinbekommen." Der deutsche Markt stehe derzeit ohnehin stark unter Druck, weil die Mengen sinken. "Aus einem schrumpfenden Markt Volumen ins eigene Netz zu holen, ist extrem langwierig. Da kommt man ewig nicht in die Profitabilität", sagt er. Nur Geodis traut er den Aufbau eines solchen Netzes zu - vorausgesetzt die Investitionsbereitschaft sei wirklich vorhanden. In Frankreich ist das Unternehmen ja schon eine "Hausnummer".

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