Reinhard Zirpel, Präsident des VDIK, über den Nutzfahrzeugmarkt und alternative Antriebe

2019 wird der Verkauf neuer Nutzfahrzeuge in Deutschland ein Rekordniveau erreichen. Welche Bereiche haben dabei am meisten profitiert? Der Nutzfahrzeug-Markt lief 2019 insgesamt stark. Wir rechnen mit 405.000 Neuzulassungen, also plus fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das wäre ein sehr gutes Ergebnis. Die leichten Nutzfahrzeuge bis 7,5 Tonnen legen dabei voraussichtlich überproportional zu. Wir führen das vor allem auf den boomenden Onlinehandel zurück. Die Kurier-, Express- und Paket-Dienste (KEP) brauchen Transporter. Aber auch im Schwer-Lkw-Bereich standen 2019 bei vielen Speditionen und Transportunternehmen Neuanschaffungen an. Mit welchen Entwicklungen rechnen Sie für kommendes Jahr? Für 2020 rechnen wir mit 375.000 verkauften Nutzfahrzeugen in Deutschland. Das ist weniger als in diesem Jahr, liegt aber im Zehnjahresvergleich immer noch auf einem hohen Niveau. Transporter werden dabei voraussichtlich weniger vom Rückgang betroffen sein als die schweren Lkw. Ein großes Thema im Verkehrssektor sind die alternativen Antriebe. Welche Antriebsart wird in den kommenden zehn Jahren am meisten an Bedeutung gewinnen? Im urbanen Lieferverkehr wird der Elektroantrieb voraussichtlich die effizienteste Alternative zum Diesel sein. Für schwere Fernverkehrs-Lkw braucht es jedoch Alternativen zur Batterietechnologie. Die Erdgasantriebe CNG und vor allem LNG sind bei schweren Lkw in den nächsten zehn Jahren die wesentliche Technologie, CO2 zu reduzieren. Unsere Hersteller bieten sowohl leichte und mittelschwere Elektro-Nutzfahrzeuge als auch Lkw mit Erdgas-Antrieben an. Brennstoffzellen-Lkw sind hingegen eher langfristig eine Option. Oberleitungen für Elektro-Lkw können für ganz bestimmte Anwendungen sinnvoll sein. Aber da stehen wir noch am Anfang. Wie viele Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben gibt es aktuell auf dem deutschen Markt? 2019 waren etwa 12.000 neue Nutzfahrzeuge damit ausgerüstet. Für 2020 erwarten wir 18.000 bis 19.000, das wäre eine Steigerung um mehr als 50 Prozent. Man kann somit schon sagen, dass die alternativen Antriebe auf dem Vormarsch sind. Die Umweltminister der Länder fordern bis 2030 komplett klimaneutrale Kraftfahrzeug-Flotten. Ist das realistisch? Europa hat schon jetzt extrem anspruchsvolle CO2-Ziele. Um sie zu erreichen, werden die Hersteller Fahrzeuge mit alternativen Antrieben in den nächsten Jahren in großer Stückzahl auf die Straßen bringen. Komplette Klimaneutralität bis 2030 ist aber völlig unrealistisch. Die Zeit ist dafür zu kurz. Es reicht übrigens auch nicht, nur immer neue CO2-Ziele zu setzen. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die es ermöglichen, die gesamtgesellschaftlich unverzichtbare Transportleistung umweltfreundlich zu bewältigen. Rekordjahr für deutschen Nutzfahrzeugmarkt In Deutschland werden nach Berechnungen des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) dieses Jahr so viele neue Nutzfahrzeuge verkauft wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Für 2020 rechnen die Hersteller wieder mit einem leichten Rückgang. Im Rahmen der gesetzten Klimaschutzziele werden alternative Antriebe künftig eine immer stärkere Rolle spielen. Der VDIK plädiert dabei für eine technologieoffene Förderung. Reinhard Zirpel Präsident des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK)

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