Berlin/Hamburg. Zum Schutz gegen die Piraterie in den Gewässern vor Afrika geben die deutschen Reeder ihre Hoffnung auf eine stärkere Unterstützung durch die Bundesregierung nicht auf. „Kein Ministerium hat die Türen in irgendeine Richtung zugeschlagen", teilte der Verband Deutscher Reeder (VDR) am Dienstag in Hamburg mit. Am Vorabend hatte der Koordinator für die maritime Wirtschaft, Staatssekretär Hans-Joachim Otto (FDP), in Berlin unter anderen mit Vertretern der Reedereien, Gewerkschaften sowie Fachleuten aus dem Innen- und Verteidigungsministerium über die Bedrohung insbesondere vor der Küste Somalias beraten. Dort haben Piraten am Vortag ein Schiff der Bremer Beluga Reederei gekapert.
In erster Linie seien die Schiffseigner für mehr Schutz an Bord verantwortlich, sagte Otto am Abend. Dies sei bei dem Treffen weitestgehend unstrittig gewesen sei. Der VDR verwies jedoch darauf, dass inzwischen auch „Sichere Zellen" - schwer zugängliche Schutzräume an Bord - von Piraten gewaltsam geöffnet wurden. Das zeige den akuten Handlungsbedarf. „Die möglichen passiven Schutzmaßnahmen, die die deutschen Reeder intensiv umgesetzt haben, kommen damit an ihre Grenzen."
Der VDR sieht sich bestätigt in seinen Vorschlägen, bewaffnete Kräfte als präventiven Schutz besonders gefährdeter Schiffe an Bord zu holen. Gemeinsam mit dem Verteidigungs- und dem Innenministerium werde kurzfristig geprüft, ob diese Vorschläge im Rahmen des Atalanta-Mandates umgesetzt werden können, teilte der VDR mit. Ein weiteres Treffen mit dem Maritimen Koordinator soll es noch vor der Sommerpause geben. Dieser sieht bisher keine Möglichkeit, Marinesoldaten der europäischen Mission Atalanta außerhalb dieses Mandats einzusetzen. Das Mandat solle keineswegs ausgeweitet werden, sagte er in Berlin. Die Bundeswehr beteiligt sich mit mehreren hundert Soldaten an dem internationalen Anti-Piraten-Einsatz vor Afrika.
Der Wunsch nach hoheitlichem Schutz etwa durch die Bundespolizei scheitere an grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal die wenigsten Schiffe deutscher Reedereien unter deutscher Flagge führen, sagte der Koordinator. Er forderte die Reeder auf, dies zu ändern. Von 3500 Schiffen deutscher Eigner sind derzeit nur etwa 440 mit deutscher Flagge unterwegs. Im übrigen wären für solche Einsätze der Bundespolizei erhebliche Finanzmittel nötig, sagte Otto. Die Reeder haben angeboten, für mehr Schutz auch einen finanziellen Ausgleich leisten zu wollen.
Nach Einschätzung des Staatssekretärs ist für das Problem der Piraterie keine kurzfristige Lösung in Sicht. Vielmehr müsste das krisengeschüttelte Somalia wirtschaftlich und politisch stabilisiert werden. Das Auswärtige Amt erarbeite derzeit ein Länderkonzept für Somalia.
Ziel für 2011 sei es, den Trend der vergangenen zehn Jahre mit einer ständig steigenden Zahl von Überfällen zu brechen. Derzeit sind nach Angaben der Regierung mehr als 30 Schiffe mit insgesamt über 500 Besatzungsmitgliedern in der Hand von Piraten. (dpa)