Reaktion in der Rezession

Reaktion in der RezessionDer deutschen Wirtschaft droht eine handfeste Rezession. Auftragsrückgänge erfordern schnelle Reaktionen. Bei Personalmaßnahmen richtig zu entscheiden, ist wichtiger denn je.Der Auftragsrückgang im Zuge der Wirtschaftskrise sorgt für manche Sorgenfalte auf der Stirn der Chefs. Da die Auftragsseite nicht nach Belieben beeinflussbar ist, rücken die Personalkosten in den Fokus. Arbeitgebern sind nicht die Hände gebunden. Sie können den Folgen von Auftrags- und Beschäftigungsrückgang sinnvoll begegnen. So sind Maßnahmen in Bezug auf Arbeitszeit, Belegschaftsstärke und Sonderzahlungen denkbar. Der Arbeitgeber sollte diese Maßnahmen jedoch mit Bedacht und Augenmaß ergreifen. Urlaub und Überstunden abbauen?Bei nur vorübergehenden Auftragsengpässen steht der Abbau von Urlaubs- und Überstundenguthaben im Vordergrund. Ist der Ausgleich von Überstunden im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung durch Freizeit geregelt, ordnet der Chef den Freizeitausgleich kurzerhand an. Der Mitarbeiter feiert seine Überstunden ab, der Chef zahlt den Lohn während dieser Zeit weiter. Sieht der Arbeitsvertrag eine Auszahlung von Überstunden vor, sollte der Unternehmer mit dem Mitarbeiter reden. Ziel: Änderung des Vertrags hin zu Freizeit für Überstunden. Urlaub hat der Chef grundsätzlich unter Berücksichtigung der Wünsche der Mitarbeiter zu gewähren. Von diesen Wünschen kann er abweichen, wenn dringende betriebliche Belange entgegenstehen. Die aktuelle Wirtschaftskrise ist ein solcher Belang für betroffene Unternehmen. Damit ist der Weg frei für Betriebsferien. Allerdings ist zu beachten, dass Mitarbeitern nach der Rechtsprechung ein gewisser Teil an frei planbaren Urlaubstagen im Jahr bleiben muss. Auch ist zu beachten, dass ein bereits genehmigter Urlaubsantrag vom Chef nicht mehr widerrufen werden kann. In Betrieben mit Betriebsrat ist der Betriebsrat am Beschluss über die Betriebsferien zu beteiligen.Arbeitszeitkonten führen?Mit dem Arbeitnehmer auf Basis des Arbeitsvertrags oder tariflicher Regelungen vereinbarte flexible Arbeitszeitmodelle lassen es zu, in auslastungsschwachen Zeiten angesparte Zeitguthaben abzubauen oder "Minusstunden" anzusammeln. Unternehmen glauben oft, auch ohne entsprechende Vereinbarung Arbeitszeitkonten für Mitarbeiter führen zu können. In gutem Glauben erfolgt dann ein Einsatz der Mitarbeiter unterhalb der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit mit beispielsweise 20 Stunden statt der im Arbeitsvertrag geregelten 39 Stunden in der Woche. Hier ist Vorsicht geboten! Nur bei flexiblen Arbeitszeitmodellen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung können auf einem Arbeitszeitkonto "Minusstunden" angesammelt werden! Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Im genannten Beispiel arbeitet der Mitarbeiter nur die angewiesenen 20 statt der vereinbarten 39 Stunden in der Woche, der Chef muss aber für 39 Stunden zahlen. Ein Ausgleich durch eventuelle Überstunden in den folgenden Wochen ist nicht möglich.Kurzarbeit im Betrieb?Kurzarbeit ist die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit bei gleichzeitiger anteiliger Kürzung des Gehaltes. Die Möglichkeit zur Kurzarbeit im Betrieb muss im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vorgesehen sein. Mit einem vorhandenen Betriebsrat wird Beginn, Dauer (maximal 18 Monate) und Umfang der Kurzarbeit vereinbart. Kurzarbeit ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld durch die Bundesagentur für Arbeit vorliegen. Dies ist der Fall, wenn ein vorübergehender, erheblicher Arbeitsausfall im Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen eingetreten ist. Der Chef zahlt bei Kurzarbeit den Lohn entsprechend den tatsächlich gearbeiteten Stunden. Im Extremfall bei "Kurzarbeit Null" also keinen Lohn mehr. Der betroffene Arbeitnehmer erhält für die ausgefallene Arbeitszeit Kurzarbeitergeld durch die Bundesagentur. Dieses beträgt für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 67 Prozent, ansonsten 60 Prozent des ausgefallenen Nettogehaltes.Belegschaftsstärke anpassen?Deuten sich längere Auftragsengpässe an, ist zu prüfen, ob die Stärke der Belegschaft angepasst werden muss. Einen möglichen Schutz der Stammbelegschaft bietet das Zurückfahren des Einsatzes von Leiharbeitnehmern. Ein Blick in den entsprechenden Entleihvertrag gibt schnell Auskunft über einzuhaltende Fristen. Zudem sollte der Chef sorgsam abwägen, ob befristete Arbeitsverhältnisse verlängert werden sollen. Wenn ja, darf in keinem Fall gleichzeitig mit der Verlängerung eine Änderung der sonstigen Vertragsinhalte (Arbeitszeit etc.) erfolgen. Dies hätte eine Unwirksamkeit der Befristungsverlängerung zur Folge, das Arbeitsverhältnis gilt dann als unbefristet. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, führt selten ein Weg an betriebsbedingten Kündigungen vorbei. Während der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses und in Betrieben mit in der Regel zehn oder weniger Beschäftigten findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Kündigungen sind hier erfahrungsgemäß prob-lemlos durchzuführen. In Betrieben mit in der Regel mehr als zehn Beschäftigten genießen die Mitarbeiter nach einer Beschäftigungszeit von mehr als sechs Monaten Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Hier sind die Hürden für eine betriebsbedingte Kündigung vom Chef einzuplanen. Es gilt den Wegfall des Arbeitsplatzes nachzuweisen und die ordnungsgemäße Sozialauswahl durchzuführen.Gratifikationszahlungen einstellen?In vielen Arbeitsverträgen ist dem Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeld oder ein 13. Gehalt zugesagt. Hier stellt sich die Frage, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen diese Zahlungen gekürzt und eingestellt werden können. Handelt es sich um einen tariflichen Anspruch, kann eine Kürzung oder Streichung in einem tarifgebundenen Arbeitsverhältnis ausschließlich mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien erfolgen. Dies selbst dann, wenn der Arbeitnehmer einverstanden ist. In diesem Fall kann nur der Weg über den Abschluss eines eigenen Haustarifvertrags gesucht werden. Ein in der Praxis allerdings selten praktikabler Weg. Außerhalb der Tarifverträge lassen sich Sonderzahlungen dann flexibel handhaben, wenn ein "Freiwilligkeits-" oder "Widerrufsvorbehalt" im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Keinesfalls dürfen aber beide Vorbehalte gemeinsam in ein und derselben Gratifikationsregelung enthalten sein (siehe oberer Kasten). Die beliebte Formulierung "Die Zahlung erfolgt freiwillig und ist jederzeit widerrufbar." ist unwirksam. Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt sind unterschiedliche Instrumente und schließen sich gegenseitig aus. Mit dem Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt der Chef, dass kein Anspruch des Mitarbeiters entsteht und dieser auch zukünftig nicht auf die Zahlung vertrauen soll. Er verhindert so eine so genannte "betriebliche Übung". Der Widerrufsvorbehalt ermöglicht es dem Chef dagegen, den einmal zugesicherten Anspruch unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise zu beseitigen. Die Widerrufsgründe müssen in der Vertragsklausel genannt werden. Der Anteil der widerruflichen Zahlungen darf maximal 25 Prozent der Gesamtvergütung ausmachen. Aber Vorsicht! Die Anforderungen der Gerichte an einen wirksamen Widerrufsvorbehalt sind hoch. Ist der Widerrufsvorbehalt unwirksam, erhält der Mitarbeiter auch zukünftig die Gratifikation. Fazit: Die Wirtschaftskrise zwingt mitunter zu personellen Einschnitten. Möglichkeiten hierzu sind vorhanden. Gut beraten ist der Chef, der neben den juristischen Vorgaben beachtet, dass in der Praxis die wirkungsvollsten Ergebnisse in Absprache mit dem Mitarbeiter erzielt werden. ❙❚■ Peter Sausen ist Rechtsanwalt der Kanzlei Dahl - Rechtsanwälte in Köln. Er berät und vertritt Unternehmen in arbeitsrechtlichen Fragen.Auf Auftragsrückgänge mit den richtigen "Schachzügen" im Betrieb reagierenZwingt die wirtschaftliche Lage im Betrieb zu Reaktionen auf personeller Ebene, sind dies die möglichen Ansatzpunkte: Maßnahmen in Bezug auf die ArbeitszeitUrlaub abbauenÜberstunden abbauenArbeitszeitkonten im "Minusbereich" nutzenKurzarbeit anmelden Maßnahmen in Bezug auf SonderzahlungenFreiwillig gewährte Leistungen auf den Prüfstand stellenWiderruflich gewährte Leistungen prüfen Maßnahmen in Bezug auf die BelegschaftsstärkeDen Einsatz von Leiharbeitnehmern abbauenVerlängerung von befristeten Arbeitsverträgen sorgsam prüfenKündigungen während Probezeit erst kürzlich eingestellter Mitarbeiter in Betracht ziehenBetriebsbedingte Kündigungen erwägen. psWo der Chef im Betrieb personell ansetzen kannChecklisteBezüglich ein und derselben Gratifikation muss sich der Chef zwischen Freiwilligkeits- und Widerrufsklausel entscheiden.Folgende Klausel ist unwirksam:"Die Zahlung erfolgt freiwillig und ist jederzeit widerrufbar."Wirksam sind je Gratifikation wahlweise folgende Klauseln: Widerrufsregelung "Das Unternehmen gewährt eine Gratifikation in Höhe von € __ mit dem Gehalt für den Monat __. Der Arbeitgeber behält sich vor, diese Gratifikation bei Vorliegen folgender Gründe zu widerrufen: __"Freiwilligkeitsregelung"Das Unternehmen gewährt eine Gratifikation in Höhe von € __ mit dem Gehalt für den Monat __. Diese Gratifikation stellt eine freiwillige Leistung dar. Ein Anspruch auf diese wird für die Zukunft auch bei wiederholter Zahlung nicht begründet." ps

Reaktion in der Rezession

Erwartete Preisentwicklung für das kommende halbe Jahr

Erwartetes Aufkommen für das erste Quartal 2024

MEISTGELESEN

Verbrauchswerte von schweren Elektro-Lkw

Logistik: DSV kann Kauf von DB Schenker abschließen

Dachser-Chef im Interview: "Wie wollen Sie gegen DSV-Schenker punkten?"

WEITERLESEN

NEWSLETTER