Das Interview führten Birgit Bauer und Sebastian Bollig
Das Nachtflugverbot für den Flughafen Frankfurt liegt der Branche schwer im Magen. Sie haben bereits angedeutet, Sie würden sich um eine Lösung bemühen. Wie könnte die aussehen?
Peter Ramauser: Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig ergeht nächstes Jahr. Das müssen wir abwarten. Je früher das Urteil fällt, desto besser für alle Beteiligten. Grundsätzlich gilt: Der Flughafen Frankfurt ist ein wichtiges Luftfahrt-Drehkreuz und spielt für den Großraum Frankfurt und den Standort Deutschland eine herausragende Rolle. Wenn in der Nacht keine Frachtflüge mehr abgewickelt werden könnten, ginge das auf Kosten von Flexibilität und Wirtschaftlichkeit.
Wie müsste man sich da behelfen?
Es könnte zum Beispiel bedeuten, dass die Fracht in Frankfurt auf LKW umgeladen und zu den Flughäfen Hahn oder Köln gefahren werden müsste, um von dort aus als Luftfracht weiterverteilt zu werden. Das wäre ein logistischer Anachronismus.
Von der Luft auf die Straße – Sie haben sich in der vergangenen Woche bei der Versammlung des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung nach eigenen Worten „nebulös" über eine eventuelle Mautspreizung für Euro 6 geäußert. Könnten Sie das präzisieren?
Ich setze darauf, dass wir zu einem Kompromiss kommen. Zugesichert habe ich, mich an das Mautmoratorium zu halten.
Was bedeutet das für das Gewerbe?
Wir lassen uns zu keiner Entscheidung drängen. Sowohl von der Industrie wie auch vom Gewerbe werden wir gefragt, wie wir das regeln, ohne dass der Fachverband und die Hersteller selbst eine kompromissfähige Lösung haben. Unser Ziel ist, Investitionen in umweltfreundliche LKW zu unterstützen, so wie es bisher auch geschehen ist. Wir konnten mit den Mautharmonisierungsmitteln, De-Minimis und anderen Programmen erreichen, dass die Unternehmer zu 70 Prozent auf umweltfreundliche Euro 5 umgestellt haben.
Die Unternehmen beschäftigt vor allem auch die Mautfrage bei diesem Thema.
Das Mautmoratorium bedeutet, dass sich während dieser Legislaturperiode bei den Mautsätzen nichts ändert. Daran halte ich mich.
Anlass zur Sorge machen momentan noch zwei andere Projekte: der Nord-Ostsee-Kanal und die Elbvertiefung.
Bei der Elbvertiefung warten wir weiter auf den Abschluss des Planfeststellungsverfahrens. Dann können die Arbeiten beginnen. Die Zustände beim Nord-Ostsee-Kanal sind schon fast als dramatisch zu bezeichnen. Wir dürfen nicht vergessen, dass hier 90 Millionen Tonnen pro Jahr verschifft werden, das sind zwei Drittel der Menge, die wir im Hamburger Hafen umschlagen. Wir reparieren die Schleusentore in Brunsbüttel mit Methoden, die den alten Ägyptern zur Ehre gereicht hätten. In der Vergangenheit ist da zu wenig getan worden. Diese Zustände tun sich schließlich nicht über Nacht auf. Damit wir von solchen Notmaßnahmen wegkommen, brauche ich eigentlich eine halbe Milliarde Euro mehr für die Wasserstraßen. Es ist eine Bugwelle an Investitionen, die wir vor uns herschieben.
Auf der letzten Verkehrsministerkonferenz wurde Karl-Heinz Daehre als Koordinator einer Arbeitsgruppe eingesetzt. Was sind seine Ziele?
Diese Kommission der Länder hat unter anderem Vorschläge zu erarbeiten, wie die künftige Finanzierung der Infrastruktur aussehen kann. Bei den Überlegungen können auch neue Formen der Nutzerfinanzierung eine Rolle spielen. Die Landesverkehrsminister können das nicht so offen aussprechen, wie ich es auf dem CSU-Parteitag gesagt habe. Aber unter vier Augen sagen sie einem parteiübergreifend auch, dass es keinen anderen Weg gibt, als die verstärkte Nutzerfinanzierung.
Mit was wird sich die Arbeitsgruppe noch beschäftigen?
Diese Arbeitsgruppe soll auch frei nachdenken und eine Bedarfsplananalyse erstellen, die in den neuen Bundesverkehrswegeplan einfließt.
Der Bundesverkehrswegeplan hatte früher vor allem Neubaumaßnahmen im Fokus. Was wird sich ändern?
Derzeit arbeiten wir mit Hochdruck an einer Neukonzeption. Wir müssen eindeutige Prioritäten setzen. Es ist nicht möglich, dass wir unsere Verkehrswege proportional zu dem Wachstum der Güterströme ausbauen. Das scheitert nicht nur am Geld, sondern auch an der Akzeptanz der Bürger. Wir müssen zudem neue Kriterien für die Investitionen in Infrastruktur entwickeln. Das Bewertungsverfahren wird von unseren Experten neu durchdacht und dabei die Kosten-Nutzen-Analyse grundsätzlich überarbeitet. Ganz neu in den Fokus soll die Zuverlässigkeit des Verkehrsablaufs rücken. Heute in Zeiten von just in time ist das Lager auf der Straße, der Schiene und in der Luft. Deshalb ist Zuverlässigkeit von immenser Bedeutung für die Logistikwirtschaft.
Wie wollen Sie das finanzieren?
Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur muss vor allem unabhängiger vom Haushalt werden. Einen guten Schritt weitergekommen sind wir durch die Einbindung der Wirtschaft über Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP). Sie sind ein wichtiges Instrument, um schneller zu bauen. Als mögliches weiteres Mittel, um die Finanzierung zu sichern, diskutieren wir über eine Form der PKW-Maut. Ich bin natürlich bereit, über Alternativen zu diskutieren. Sollte jemand bessere Ideen haben, wie wir mehr Geld für Investitionen in die Infrastruktur finden können, dann kann er diese gerne vorbringen.
Wie ist die zeitliche Zielsetzung?
Wir wollen 2015 den neuen Bundesverkehrswegeplan im Kabinett verabschieden und 2016 drauf aufbauend die Ausbaugesetze.
Es gibt die Forderung, neben den beiden Schiene- und Straße-Ausbaugesetzen ein Bundeswasserstraßen-Ausbaugesetz zu verabschieden.
Das steht als Prüfauftrag im Koalitionsvertrag. Diesen Prüfauftrag werden wir abarbeiten.