Quartett mit Trumpf

Rund 70 Millionen Euro hat Iveco investiert, um die Qualität im Werk Madrid auf das Niveau der ehemaligen Fertigung in Ulm zu heben. Gut investiertes Geld, wie das Test-Quartett zeigt. Keiner der Probanden zeigte die aus der Anfangszeit bekannten Probleme wie knarzende Armaturenbretter, nachlässige Verarbeitung oder riesige Spaltmaße. Trotzdem tut sich Iveco schwer, mit den oft selbst erklärten Premium-Herstellern mitzuhalten. Noch immer haftet den Italienern - zu Unrecht, wie der Test zeigt - der Makel des Billigproduktes an. Ob es für Top-Ergebnisse reicht und welcher Stralis jeweils der Beste ist, wird sich zeigen. Unser Test-Quartett besteht aus vier aktuellen Euro-6-Fahrzeugen: zwei Stralis Hi-Way High-Roof - einmal mit dem neuen Cursor-11-Motor mit 460 PS sowie im zweiten Fahrzeug mit dem weiterentwickelten Cursor 13 mit 500 PS. Beide verfügen über die aktualisierte automatisierte AS-Tronic von ZF, die jetzt über Eco-Roll und Speed-Shift (beschleunigte Gangwechsel in den Stufen zehn bis zwölf) verfügt. Außerdem dabei: ein Stralis Hi-Road Medium High Roof mit 325 PS starkem CNG-Motor sowie die Flachdachversion mit 400-PS starkem, ebenfalls neuem Cursor-9-Sechszylinder für den schweren Verteilerverkehr. Ein Erdgas-Motor im LKW ist eine inzwischen praxistaugliche Lösung Das Thema Erdgas-Antrieb beschäftigt immer mehr Nutzer. Auf Basis des kleinsten Cursor (8)-Motors hat Iveco das CNG-Triebwerk jetzt auf 325 PS und Euro 6 gebracht. Die Eigenheiten des als Ottomotor ausgelegten, niedriger verdichteten Sechszylinders lassen Verzicht üben. Weder gibt es eine ordentliche Motorbremse noch lässt sich der Erdgasmotor mit einer automatisierten Schaltung kombinieren. Andererseits freut man sich über die 16 manuell zu wechselnden Gänge, denn der Motor ist kein Ausbund an Kraft. Für die Verteilerrunde mit nicht mehr als 30 Tonnen kann der CNG-Cursor eine Alternative sein. Wer jedoch, wie wir, im Testbetrieb 40 Tonnen auflegt, stößt schnell an Grenzen. Keine Frage: Der 440 S 33 schafft das. Aber das ist Fahren wie in den 70er-Jahren. Nie darf die Drehzahl unter 2000 Touren fallen. Und wegen des ausgeprägten, mehrere Sekunden währenden Turbolochs gewinnt der Begriff "vorausschauendes Fahren" eine ganz neue Bedeutung. Anfahren am Berg ohne Hill-Holder gestaltet sich schwierig. Ohne ordentliche Drehzahl und schleifende Kupplung gibt's nur ein "Uuups" und das Triebwerk steht. Ganz abgesehen davon passen trotz 600 Liter Flaschenvolumen bei 200 bar Druck nur 84 Kilo Erdgas in die schweren Tanks. Das reicht nicht mal für 300 Kilometer. Beim Testauto fällt außerdem eine fast schon zu leichtgängige Lenkung auf, die trotz - oder gerade wegen - der breiten 385er-Reifen an der Vorderachse permanent leicht schlägt. Und die zierliche Zugmaschine folgt Spurrillen wie ein Jagdhund der Fuchsfährte. Das neue Armaturenoberteil im Carbon-Look im Hi-Road sieht nett aus. Auf jeden Fall besser als die Plastiklösung im Hi-Way. Auch das Schreibbrett als nettes Gimmick oder die Flaschenhalter rechts neben dem Fahrer gefallen im Hi-Road besser als die vergleichbaren Lösungen in der großen Kabine. Dafür muss der Fahrer an anderer Stelle Verzicht üben: Die Staufächer, speziell die über der Frontscheibe, sind in der Hi-Road-Hochdachkabine zu klein - und in der Flachdachkabine gar nicht vorhanden. Ungeachtet dessen, ob Hochdach oder nicht, ist der Hi-Road ein typisches Tagestouren-Auto. Wer seine Fahrer damit auf Fernreisen schickt, braucht sich über alsbaldige Kündigungsansinnen nicht zu wundern. Der CNG-Motor scheint kleinere Probleme bei der Heizung zu verursachen. Ab und an weht ein kalter Hauch durchs kleine Haus. Die Wahl des Gasautos mit dem "alten" Motor bringt auch ein paar Einschränkungen bei der Bedienung. So sitzen Tempomat und Limiter noch am rechten Bedienhebel am Lenkrad, wo normalerweise die Bedienung der AS-Tronic sitzt. Der Abstand beim im Testauto installierten Abstandstempomaten lässt sich beim 330er nur via Bordcomputer einstellen - und auch nur verkürzen, aber nicht verlängern. Schön ist die schnell ansprechende Bremse, die bereits bei niedrigem Pedaldruck ordentlich Verzögerung generiert. Die hätten wir gerne in jedem Iveco. Denn beim Diesel-Trio ist ein ordentlicher Tritt aufs Pedal nötig, um eine vernünftige Bremswirkung zu realisieren. Die Fahrstilanalyse gibt es nur in Verbindung mit einem Diesel-Motor Ein weiteres Manko des Gas-Stralis: Wegen fehlender Motorinformationen ist keine Tripdatenauswertung möglich. Von größerem Nachteil ist aber die fehlende "Driving Style Evaluation". DSE gibt dem Fahrer bei den Diesel-Trucks wertvolle Tipps, wie man den Fahrstil verbessern kann. Das ist ein tolles Hilfsmittel für alle, die noch an sich arbeiten wollen. Eine Überraschung im Test ist der 400er-Motor. Der kann viel mehr, als wir ihm angesichts der 8,7 Liter Hubraum zugetraut hätten. Auch mit 40 Tonnen bietet er noch durchaus ansprechende Fahrleistungen. Allerdings wartet das Testauto mit einem schlecht regelnden Abstandstempomaten auf. Da sollte Iveco generell noch ein wenig nachbessern. Der ACC gibt viel zu oft unvermittelt Gas oder fällt unbegründet ab. Zudem ist die Schaltgeschwindigkeit beim ZF-Getriebe ohne Speed-Shift nicht mehr zeitgemäß. Die Platzverhältnisse in der Flachdachkabine reichen generell nur für Tagestouren. Bei den Dieselmotoren läuft der 400er am leisesten, der 500er hat noch den besten Klang. Der 13-Liter harmoniert außerdem am besten mit dem Getriebe. Schnelle(re) Gangwechsel, das eigenständige Schalten in den zwölften Gang bei 65 km/h oder der gute Kraftaufbau aus niedrigsten Drehzahlen gehören zu seinen Tugenden. Dass er trotz hoher Leistung sparsam bleibt, dabei aber den 460er deutlich abhängt, macht Laune. Innerhalb des Test-Quartetts wäre er das Auto, mit dem sicher die meisten Fahrer liebäugeln würden - obwohl Iveco den 460er mit Chrom-Lametta, sportlichem Streifenlook und Zusatzlampen aufgebrezelt hat ... Der 460er ist - abgesehen vom Zubehör - brav und unauffällig. Er ist zügig unterwegs und kann am Berg auch mit manch hubraumstärkerem Marktbegleiter mithalten. Sein ZF-Getriebe arbeitet besser als die aktuell noch von MAN verbauten Schaltboxen ohne Eco-Roll und Speedshift (die zur IAA kommen). Unterm Strich ist er das wirtschaftlichste Auto. Am Berg schaltet er spät, um Diesel zu sparen, und er zeigt sich nicht sehr fahraktiv. Emotionen weckt der 500er deutlich mehr. Fazit: Wer seinen Fahrern bezahlbaren Spaß bieten will, nimmt den C13. Für Sparfüchse ist eher der C9 mit 400 PS. Den sollte Iveco mit der Hi-Way-Kabine kombinieren. Der 460er ist ein schönes Flottenauto. Und der Gas-Stralis? Der wird erst interessant mit AS-Tronic. Stralis AT 440 S 33 CNG Nur, wenn einzig und allein die Umwelt zählt Seine Praxistauglichkeit hat der CNG-Stralis unter Beweis gestellt. Betriebswirtschaftlich kann er aufgrund eines hohen Preises und hoher Wartungskosten nur schwer mit dem Diesel-Stralis mithalten. Aber er glänzt durch sehr geringe Emissionen und im direkten Vergleich mit niedrigen Kraftstoffkosten. Im Test zeigt er, dass er auch mit 40 Tonnen klarkommt. Wegen seines hohen Eigengewichtes ist er aber eher im Verteilerverkehr zu Hause.+ sehr umweltfreundlich; bis 30 Tonnen zGG gut motorisiert; leise; niedrige Kraftstoffkosten- hohes Leergewicht; nicht mit automatisierter Schaltung zu haben; hohe Wartungskosten; teuer in der Anschaffung Stralis 440 S 40 Kleiner Motor mit unerwartet großer Leistung Der neue, Hubraum-vergrößerte Cursor 9 in Euro 6 ist die Überraschung im Test. Auch mit 40 Tonnen ist er nicht überfordert, wenngleich dann der Verbrauch ansteigt. Er hält gut mit den stärkeren Brüdern mit, ist viel leichter und eine ideale Motorisierung im gemischten Einsatz - es muss aber nicht gerade die"Winz-Kabine" sein! Als Hi-Road mit Hochdach ist er fit für Tagestouren oder maximal eine Übernachtung. Zudem ist der 440 S 40 günstig in der Anschaffung und schon gut ausgestattet.+ leicht; für den Hubraum kräftig; preisgünstig; niedriges Innengeräusch- als Hi-Street sehr beengt; tristes, dunkles Interieur; schmale Liege

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