Warschau. Polen, der größte Nachbar im Osten Deutschlands, wird derzeit arg gebeutelt: Erst die Jahrhundert-Flut, die Schäden an der Infrastruktur von 200 Millionen Euro hinterlassen hat. Und jetzt auch noch eine Hitzewelle, die den LKW-Fahrern zu schaffen macht. Wie es nun weitergeht und wie sich das Verhältnis zu den Deutschen entwickelt – darüber spricht Jan Buczek, der Vorstandsvorsitzende der LKW-Vereinigung ZMPD: Mit rund 4500 Mitglieder ist die Organisation die größte und einflussreichste Interessenvertretung der LKW-Fahrer in dem jungen EU-Staat. Das Interview führte Sebastian Becker.
Sind die Auswirkungen der Flut für die Transporteure noch spürbar?
Die Überschwemmungen haben einen Teil der Unternehmen betroffen, denen sie die Hauptsitze überflutet haben. Jetzt sind sie noch dabei, die Folgen des Wassers zu beseitigen. Aber auch Transporteure in anderen Ländern sind betroffen – wenn auch nicht in so großem Ausmaß.
Die Wirtschaft Polens hat sich während der schwierigen Zeiten eigentlich ganz gut behauptet. Wie sieht denn die Situation der polnischen Transporteure in der ersten Jahreshälfte 2010 aus?
Während schwieriger Zeiten helfen den polnischen Unternehmen ihre Passion und ihre Entschlossenheit. Wir haben mit unserer Tätigkeit vor fast 20 Jahren von Null an begonnen. Und diese Zeit mussten wir dazu nutzen, um unsere Transporter-Kollegen aus den anderen europäischen Ländern einzuholen, die am freien Markt schon wesentlich länger aktiv waren.
Und was hatte das für Folgen?
Das hat zur Aufnahme riesiger Verpflichtungen gegenüber den Banken geführt und in der Folge zu einer Anstrengung, um diese Verschuldungen zu bedienen. Das hat einen positiven Effekt gebracht: nämlich das Vertrauen der Kunden aus Europa und aus Asien. Und es hat dazu geführt, dass wir in der Wirtschaft Polens eine bedeutende Position einnehmen. Die weltweite Wirtschaftskrise hat den internationalen Straßentransport stark getroffen. Doch jetzt kommen zu uns die Kunden zurück, die damals die Transportdienstleistungen nicht mehr in Anspruch genommen haben. Das ist ein gutes Zeichen für die Zukunft. Jetzt werden wieder die Fahrzeuge in Betrieb genommen, die im vergangenen Jahr aus dem Verkehr gezogen worden sind.
Wie sieht denn das Gesamtjahr für Sie aus?
Die Prognose ist vielversprechend. Denn man sieht, dass in einigen EU-Ländern schon wieder ein Ruck durch die Wirtschaft geht. Damit wächst auch die Nachfrage nach dem Transport. Wir werden dieser Aufgabe gewachsen sein. Wir haben nicht die Absicht, in den Fuhrpark zu investieren, auch wenn wir Signale von den Kunden dafür bekommen. Wir werden auf eine ökonomische Weise die Fahrzeuge nutzen, die wir bereits haben.
Welches ist momentan das größte Problem für Sie und wie kann man es lösen?
Die Banken haben zu einer weltweiten Krise geführt und damit alle anderen Branchen angesteckt und somit auch die Transporteure. Und jetzt blockieren sie uns den Weg aus der Krise. Wir müssen unsere Altschulden restrukturieren, und wir benötigen Mittel für unsere Erlöse. Doch die Banken unterstützen uns nicht. Diese Haltung ist verwunderlich und zehrt an den Nerven. Und erschwert vor allem den Weg aus der Krise, bei dem die Transporteure eine bedeutende Rolle spielen könnten.
Sie haben in der Vergangenheit die deutschen Kontrolleure kritisiert. Ihrer Meinung nach schauen sie bei den Polen allzu genau hin. Hat sich inzwischen etwas geändert?
Wir haben in der letzten Zeit eine gewisse Verhaltensänderung bei den deutschen Kontrolleuren beobachtet. Doch in vielen Fällen haben wir uns rechtlicher Unterstützung nach den Kontrollen bedient, die tatsächlich tendenzielles Verhalten bei den deutschen Behörden festgestellt hat. Die Sache auf den Rechtsweg zu bringen, hat schon etwas für die polnischen Transporteure gebracht.
Vielen Dank für das Gespräch.