Unter den Weltmeeren ist die Ostsee eines der kleinsten, nicht einmal ein Prozent der Wasseroberfläche des Planeten bedeckt sie. Und doch weist sie die höchste Verkehrsdichte auf, 2000 und mehr Schiffe verkehren auf ihr zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Mithalten kann da nur noch der Englische Kanal. Verkehr bringt Emissionen mit sich und als quasi-Binnenmeer und mit ihrer geringen Durchschnittstiefe von unter 60 Metern erreicht die Ostsee schnell die Grenzen ihrer Regenerationsfähigkeit.
Vor knapp vier Jahren haben daher die neun Anrainerstaaten plus Norwegen das „Clean Shipping“-Projekt gestartet. In anderthalb Jahren sollen nun beim schädlichsten Abgasstoff Schwefeloxid (SOx) die schärfsten Grenzwerte weltweit eingeführt werden, nur noch 0,1 Prozent SOx darf Schiffstreibstoff auf Ost- und Nordsee enthalten. Überall sonst liegt der Grenzwert um ein Mehrfaches höher. Wieweit die Vorbereitungen bis zum Stichtag 2015 gediehen sind, war daher die spannende Frage, zu der Kurt Bodewig, Bundesminister a.D., als Vorsitzender des „Baltic Sea Forums BSF“ rund 60 Vertreter der Ostsee-Anrainerstaaten, von Reedereien sowie von Öl- und Gasförderfirmen am 8. und 9. August nach Rostock geladen hatte. Er sprach aus, was für viele die Lösung darstellt: „ Flüssiges Erdgas – so genanntes LNG - steht als attraktiver, sauberer Treibstoff für den Schiffsverkehr bereit.“ Damit verbunden seien hohe Wachstumsraten in der Schaffung der LNG-Infrastruktur und der geeigneten Motoren, verbunden mit neuen Arbeitsplätzen.
Die Treibstoffhersteller stimmten dem zu, wie die Shell/Norgas- Vertreterin kundtat. Wichtig für sie: Der LNG-Preis müsse an den Ölpreis gekoppelt bleiben. Dies aber stieß auf heftigen Widerstand der Schiffseigner und des Reederverbands VDR. „A big mistake“, ein schlimmer Fehler sei die LNG-Bindung an den Ölpreis, warnte wiederholt der Chef der Fährreederei TT-Line, Hanns Heinrich Conzen. Auf seiner Hauptroute Deutschland – Schweden befördern gut 500 TT-Seeleute neben zahlreichen Passagieren auch hunderttausende Fracht-Einheiten (TEU). Schiffsantriebe auf LNG-Basis seien bei Neubauten kein Problem, schwierig - und teuer - sei dagegen die Nachrüstung. Das gelte auch für den Einbau von Filtern, falls weiterhin herkömmliches Bunkeröl verfeuert werde. Rund sechs Millionen Euro koste dies pro Schiff, an Wiederverkauf sei wegen der sonst lascheren Grenzwerte nicht zu denken.
In Zeiten, da die Banken den Reedern den Geldhahn zugedreht hätten, könne man höhere Treibstoffpreise beim LNG-Antrieb nicht auch noch schultern, sagte Conzen und warnte: „Strenge Schadstoff-Limits dürfen nicht zur Verlagerung des Gütertransports von der See auf die Straße führen!“ Schiffseigner, die geeignete neue Technologien erproben wollen, sollten dafür Unterstützung erhalten. (cfd)