Mieten statt kaufen

Bei der Fuhrparkausstattung sind sie die Standardlösung, bei den Flurförderzeugen im Lager längst eine bewährte Alternative: Miet- und Leasinglösungen. Einer im März veröffentlichten Studie des Bundesverbands Deutscher Leasingunternehmen (BDL) zufolge lag 2018 der Anteil der Leasing-Investitionen an den gesamtwirtschaftlichen Anlagenkäufen, die sogenannte Leasingquote, bei 15,5 Prozent. Bei neu angeschafften mobilen Investitionsgütern wurden laut Ifo-Investitionstest im vergangenen Jahr 23,2 Prozent geleast - bei Kraftwagen und Kraftwagenteilen sogar 66,5 Prozent. Bei den Kundensektoren im Leasinggeschäft liegt nach BDL-Untersuchungen der Dienstleistungssektor an erster Stelle (37 Prozent), gefolgt von der verarbeitenden Industrie (19 Prozent).Ganz anders die Ergebnisse bei der Anlagentechnik für das Warehousing. "Nach wie vor ist zu erkennen, dass Maschinenbauerzeugnisse - gemessen an ihrem Marktvolumen - noch immer in relativ geringem Umfang geleast werden", urteilt die BDL-Studie. 2018 betrug die Leasingquote in dieser Güterklassifizierung inklusive Baumaschinen und Gabelstaplern knapp sieben Prozent. Bis 2009 wies dieser Bereich noch zweistellige Wachstumsraten aus. Geringe Investitionskosten und wenig Kapitalbindung, hohe Betriebskosten und verringerte Steuerlast lautet die häufig benutzte Formel für Miet- und Leasinggeschäfte. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat diese Sichtweise nach der ersten Dekade des neuen Millenniums offenbar verändert. Überdies sind entsprechende Angebote im Markt rar. Wesentliche Marktplayer im Maschinen- und Anlagenbau für die Intralogistik wie etwa Dematic, SSI Schäfer oder Swisslog fühlen sich auf direkte Anfrage zum Thema gar nicht angesprochen. Anbieter wenig auskunftsfreudig Versäumte Marktchancen oder Angst vor der Kannibalisierung des eigenen Neugeschäfts? Zurzeit erscheinen derartige Angebote jedenfalls eher als Nischenmarkt, in dem bislang lediglich etwa Regalanlagen, mobile Schüttgutförderanlagen (Kleeschulte, Büren), Fördergurte (Gebrüder Groß, Vierkirchen) und vereinzelt Förderbänder (Hako-Tec, Königsbrunn) angeboten werden. Kleinere mittelständische Anbieter wie beispielsweise die Regensburger GmbH in Oberasbach bei Nürnberg mögen überdies keine positiven Erfahrungen beitragen. "Ich möchte mich zu der Nachfragesituation nicht äußern", sagt Geschäftsführer Andreas Regensburger, der auf der Unternehmens-Website zwar die Vorteile seiner Miet- und Leasingangebote für Regalanlagen bewirbt, entsprechende Informationen aber als "Geschäftsgeheimnisse" betrachtet. Nichts für den Hochleistungsbereich "Das geringe Miet- und Leasingangebot für Lagertechnik im Markt ist tatsächlich überraschend", urteilt Guido Follert, Abteilungsleiter Maschinen und Anlagen im Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML - und zieht eine Parallele zu den führenden Kundensektoren im Miet- und Leasingsegment. "Eigentlich ist es ein interessantes, vielversprechendes Geschäftsmodell. Gerade seitens der Logistikdienstleister, die operative Prozesse für ihre Kunden erst aufbauen oder saisonale Spitzen abdecken müssen, sollte vor allem beim Angebot mietbarer Fördertechnik eine lukrative Nachfragesituation zu erwarten sein", sagt Follert. Selbstverständlich, darauf weist er ausdrücklich hin, seien entsprechende Angebote nicht für den Hochleistungsbereich zu erwarten. Zudem müssen Anlagenmodule für solche Anwendungen über eine eigene, dezentrale Steuerung verfügen, die einen schnellen Auf- und Abbau ermöglicht. Mit entsprechenden Überlegungen ist 2011 die in Sinsheim ansässige Gebhardt Group mit dem sogenannten FlexConveyor in den Markt eingestiegen. Das System wurde sowohl für den Verkauf als auch für Miete und Leasing konzipiert. Es umfasst ein umfangreiches Portfolio an Fördertechnikkomponenten, mit denen sich die Belange intralogistischer Materialflüsse kurzfristig automatisieren und optimieren lassen. Seit der Markteinführung wurde das Komponentenspektrum überdies zunehmend erweitert. Und stieß offenbar auf ausreichende Nachfrage. 2017 gründete Gebhardt für das Produktsegment schließlich die Tochtergesellschaft Next Intralogistics. "Wir verzeichnen ein hohes Interesse und einen positiven Geschäftsverlauf", erklärt Christian Spieß, Head of Sales & Business Development des Unternehmens. "Zu unseren Auftraggebern zählen insbesondere Logistikdienstleister und E-Commerce-Unternehmen, die volatile Geschäftsverläufe und Spitzenzeiten abdecken müssen", sagt er. Module organisieren sich selbst Einen Baukasten von mehreren Dutzend frei konfigurierbaren, standardisierten Fördertechnikmodulen aus eigener Herstellung samt Zubehör wie Kartonverschließern, Etikettiersystemen, Waagen und Umreifern umfasst das Fördertechnik-Mietangebot von Next mittlerweile. Jedes Modul ist ein eigenständiges, mechatronisches System, das in der Lage ist, mit weiteren Komponenten zu kommunizieren. Miteinander verbundene Module vernetzen sich selbstständig, erkennen automatisch das Anlagen-Layout und generieren ihren eigenen Materialfluss. Für Integratoren sind auch Module ohne Steuerung zur Einbindung in Bestandsanlagen verfügbar. "Die Kunden definieren benötigte Funktionen und organisieren ihren Materialfluss mit Funktionen zum Ausrichten, Ein- und Ausschleusen, Zusammenführen, Stauen, Puffern oder Takten von Fördergütern selbst, die Prozessvisualisierung erfolgt über Web-Applikationen", erklärt Spieß. Die dezentrale Steuerung der einzelnen Module, die gleichwohl untereinander kommunizieren, ermöglicht Plug-and-Play-Realisierungen mit flexibler, individuell zugeschnittener Fördertechnik ohne Materialflussrechner oder nennenswerte Programmierungen. "Ohne die intelligente Komponentensteuerung jenseits der herkömmlichen SPS wären unser Miet- und Leasingangebote für Fördertechnik kaum realisierbar", unterstreicht Spieß. Kurzfristige Bereitstellung möglich Für die Miet- und Leasingangebote von Fördertechnik-Modulen mit dezentraler Steuerung hebt IML-Abteilungsleiter Follert insbesondere den Aspekt der Flexibilität als Vorteil hervor: "Die Anlagen können kurzfristig bereitgestellt werden, um mit einer begrenzten Vertragslaufzeit Bedarfsspitzen zu decken, sie lassen sich je nach Anforderung schnell erweitern, umund abbauen und sorgen zudem buchhalterisch für eine geringe Kapitalbindung." So hat etwa der Online-Händler Zalando eine gemietete Fördertechnik zunächst im Logistikzentrum Lahr eingesetzt, nach Bedarfsende demontieren und in einer weiteren Mietanwendung in Italien wieder installieren lassen. Die Mietpreise bemessen sich nach den Komponenten, Mietdauer und Zusatzleistungen wie Montage und Abbau. Für die Nutzungsdauer werden die Module fest installiert. Die Abrechnung erfolgt monatlich. Aus der Miete rückgeführte Module werden vergünstigt im Verkauf angeboten. Christian Spieß zeigt sich angesichts wachsender Nachfrage überzeugt von dem Alleinstellungsmerkmal der Mietangebote in der Fördertechnikbranche, die Next bietet: "Nach dem bisherigen Geschäftsverlauf ein Wachstumsmarkt und in jedem Fall ein Türöffner. Wir sind sehr zufrieden." Rainer Barck, freier Journalist Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Lagertechnik www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Seitens der Logistikdienstleister, die operative Prozesse für ihre Kunden erst aufbauen oder saisonale Spitzen abdecken müssen, sollte beim Angebot mietbarer Fördertechnik eine lukrative Nachfrage zu erwarten sein. Doch die etablierten Intralogistikanbieter mischen hier nur am Rande mit. 7 Prozent betrug 2018 die Leasingquote bei Maschinenbauerzeugnissen inklusive Baumaschinen und Gabelstaplern.

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