Betriebliche Altersversorgung: Vorteile und Möglichkeiten für Unternehmen

52 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hatten laut Arbeitgeber- und Trägerbefragung 2023 eine betriebliche Altersversorgung (bAV). In kleineren Betrieben sei sie weniger verbreitet als in großen. Der Gesetzgeber hat die Regeln für Arbeitgeber im Betriebsrentengesetz (BetrAVG) festgelegt. Demnach haben alle Angestellten einen Anspruch darauf, einen Teil ihres Gehalts über die sogenannte Entgeltumwandlung für die Altersvorsorge zu nutzen. Bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) sind sozialversicherungsfrei in solch ein System einzahlbar. Aktuell liegt der sozialversicherungsfreie Höchstbeitrag bei 322 Euro. Spart das Unternehmen durch Entgeltumwandlung Sozialabgaben, dann hat es 15 Prozent der in die bAV monatlich eingezahlten Summe als Arbeitgeberzuschuss zu leisten. "Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdient", erklärt Achim Schneider, Leiter Vorsorgemanagement bei der Schunck Group, einem Versicherungsmakler. Haftungsrisiko minimieren Jeder Arbeitnehmer habe das Recht auf Entgeltumwandlung, betont er. Abschließen muss den Vertrag der Arbeitgeber. Dieser hafte für die Rente. Was bedeutet das? "Wir haben eine Beitragsgarantie der eingezahlten Beiträge. Es gibt als Beispiel Pensionskassen, bei denen der Arbeitgeber eine Nachschusspflicht hat und somit die Rente erfüllt werden kann." Wenn der Arbeitgeber den Durchführungsweg - wie eine Direktversicherung - und die Versicherungsgesellschaft vorgibt, habe er Einfluss auf sein Haftungsrisiko. Sonst könne der Arbeitnehmer auswählen, was er möchte: den Anbieter und den Durchführungsweg. Weitere versicherungsförmige Wege, die bei einer Entgeltumwandlung möglich sind, wären der Pensionsfonds und die Pensionskasse. "Wichtig ist, wo will das Unternehmen hin? Darauf aufbauend entwickeln wir die Konzepte für die Firmen." Vorsorge-Möglichkeiten Da Unternehmen so oder so die Möglichkeit einer bAV bieten müssen, "sollte der Arbeitgeber prüfen, welche Ziele er mit einer betrieblichen Altersvorsorge erreichen will", betont auch Mathias Richartz."Sieht der Unternehmer es als eine gesetzliche Vorgabe, die er erfüllen muss, oder erkennt er die Chancen, die sich dahinter verbergen?", sagt der Verantwortliche für das Versorgungswerk der Verkehrswirtschaft bei der R+V Versicherung und bei deren Tochterunternehmen Kravag Logistic. Gegründet von verschiedenen Branchenverbänden der Transport- und Logistikbranche, bietet das Versorgungswerk der Verkehrswirtschaft die betriebliche Vorsorge unter dem Dach der "Mobilitätsrente" an. Habe man als Unternehmen für sich entdeckt, dass die bAV viel Gutes biete, "dann ist es sicher auch eine Option für das Unternehmen, neben der klassischen Kapitalbildung, also der Zukunftsvorsorge, auch biometrische Risiken mit abzudecken und hierfür etwaige Steuer- und Sozialversicherungsvorteile zu nutzen", so Richartz. Das funktioniert über eine Berufsunfähigkeits- (BU) oder Grundfähigkeitsversicherung. In beiden Fällen erhält der Mitarbeitende im Leistungsfall eine Rentenzahlung. Eine Grundfähigkeitsversicherung sei vom Beitrag her günstiger als eine BU, erklärt Schneider. "Das ist interessant für Berufsgruppen wie bei unserer Klientel - nämlich Fahrer und Lagermitarbeiter - bei denen der Beitrag für eine BU sehr hoch ist", so der Schunck-Experte. Modelle der Finanzierung "Es gibt Firmen, die sagen, sie möchten nur die gesetzliche Mindestnorm erfüllen, diese 15 Prozent. Das ist einfacher", erklärt Schneider die unterschiedlichen Ziele bei den Firmen. "Interessanter wird es auch für uns, wenn gewisse Anforderungen gestellt werden an Arbeitgeberfinanzierung und an sonstige Benefits. Da geht es tiefer in die Beratung hinein." Dabei hat der Arbeitgeber die Wahl zwischen verschiedenen Optionen: Er gibt etwa die gesetzlich vorgeschriebenen 15 Prozent zur Entgeltumwandlung dazu, kann dies aber auch erhöhen. "Wir empfehlen 20 Prozent. Dieser Zuschuss ist für die Firmen für solche Mitarbeitende, die unter der BBG verdienen, kostenneutral. Denn das Unternehmen spart bei diesen Mitarbeitern rund 22 Prozent an Sozialversicherungsbeiträgen", so Schneider. Richartz von der R+V sieht das ähnlich. Der Betrieb kann sich aber auch freiwillig dazu verpflichten, einen festen Arbeitgeberbeitrag als Sockel zu zahlen - unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer Entgelt umwandelt. Und der Mitarbeiter kann noch eine Summe im Rahmen der Entgeltumwandlung dazu zahlen, auf die er den Arbeitgeberzuschuss von 15 oder 20 Prozent bekommt. Gruppen bilden Beim sogenannten Matching unterstützt der Arbeitgeber den Beitrag des Angestellten in gleicher Höhe. Es ist an die Voraussetzung geknüpft, dass der Arbeitgeberbeitrag fließt. Das lässt sich mit Entgeltumwandlung verknüpfen, muss es aber nicht. Ein weiteres Beispiel: Der Arbeitgeberbeitrag variiert je nach Arbeitnehmergruppe, fällt also für eine Führungskraft anders aus als für Lagermitarbeiter, Fahrer oder kaufmännische Angestellte. Für die Gruppen lassen sich auch verschiedene Lösungen gestalten, etwa bezüglich der Tarifangebote oder der Benefits wie eine BU. Oder der Arbeitgeberbeitrag variiert ab-hängig von der Betriebszugehörigkeit. "Das Unternehmen sollte schauen, dass es einfach im Handling bleibt und nicht zu viele Abstufungen vornehmen, wenn es nach Jahren der Betriebszugehörigkeit staffelt", empfiehlt Richartz. Zwei bis drei Stufen seien ausreichend. Mit dieser Lösung baue man zudem eine Mitarbeiterbindung ans Unternehmen auf, ergänzt Schneider. Getrennte Lösungen "Es gibt eine Trennung zwischen Entgeltumwandlung und Arbeitgeberfinanzierung", betont der Schunck-Experte. Ein Vertrag setze das Thema 15 Prozent und Entgeltumwandlung um, die reine Arbeitgeberleistung sei dann in einem zweiten Vertrag umzusetzen. Einer der Gründe ist: Für alles, was oberhalb der vier Prozent Beitragsbemessungsgrenze liege, müssten Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden. In die Anrechnung bis zur Beitragsbemessungsgrenze flössen zuerst die Arbeitgeberfinanzierung und dann erst die Entgeltumwandlung. Die Entgeltumwandlung könne man gut über eine Direktversicherung umsetzen, die Arbeitgeberfinanzierung über einen zweiten Durchführungsweg wie die Unterstützungskasse. Ein weiterer Grund ist die gesetzliche Unverfallbarkeit, die bei einem rein Arbeitgeber-finanzierten Vertrag greift. "Der einfachste Durchführungsweg ist die Direktversicherung", konstatiert Schneider. Ähnlich sieht es auch Richartz: "Die Direktversicherung ist eine verwaltungsarme, effiziente und flexible Möglichkeit, um Vorsorge zu treffen." Darüber hinaus gebe es weitere Lösungen, unter anderem über Pensionszusagen und Unterstützungskasse. "Die Flexibilität bei der Gestaltung von Versorgungssystemen erlaubt den Unternehmen, individuelle Angebote zu schaffen, die den Bedürfnissen unterschiedlicher Mitarbeitenden-Gruppen gerecht werden", sagt Gunnar Hasselmann, Ex-perte für betriebliche Altersversorgung bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland. Je nach Gestaltung seien ausgewählte Durchführungswege besonders sinnvoll. Regelmäßig könne die Kombination dieser Wege die Ziele der Arbeitgeber am besten erreichen. Anbieter-Wahl Sich von einem Experten beraten zu lassen, ist hier sinnvoll. Das kann bei den versicherungsförmigen Durchführungswegen unter anderem ein Versicherer oder Versicherungsmakler sein. Werden weitere Wege in Betracht gezogen, kann es auch eine Option sein, sich von bAV-Beratern Hilfe zu holen. Eine Auswahl findet sich auf der Webseite des Bundesverbands der Rentenberater. Es gibt viele Versicherer, die bAV-Lösungen anbieten. "Ganz wichtig ist es hier, die Bilanzwerte der Gesellschaften zu vergleichen - oder dies dem Versicherungsmakler zu überlassen. Der Versicherer sollte finanziell gut dastehen, sodass er in 30 Jahren noch am Markt ist und die Rentenbeiträge auch auszahlen kann", hebt Schneider hervor. Entspricht eine Gesellschaft nicht den bilanziellen Kriterien, die Schunck für wichtig er-achte, dann rate man auch schon einmal davon ab. Das gilt auch dann, wenn es ein Durchführungsweg ist, der für den Arbeitgeber eher nachteilig sein könnte. Unternehmen sollten immer einen Anbieter wählen, der sich in der bAV auskenne und im Bereich der Vertragsverwaltung gut aufgestellt ist, also sich über Wettbewerbsdaten, Rankings und Fakten informieren, lautet ein weiterer Rat. Außerdem wichtig sei der Vergleich von Angebot und Leistung. "Wir haben das große Glück, dass wir in der Speditionsbranche mit der Mobilitätsrente ein Versorgungswerk haben, bei dem die Nummer eins und die Nummer zwei in vielen Ratings mit der Allianz und der R+V als Versicherer hinterlegt sind", betont Schneider. Aber was sollte eine Versicherungslösung mindestens können? Wichtig sei, dass der Versicherer oder Versicherungsmakler die Beratung der Mitarbeitenden hinsichtlich der betrieblichen Altersvorsorge im Angebot hat, so Schneider. "Wir bieten an, jeden Mitarbeiter auch einzeln zu beraten und auf seine Bedürfnisse einzugehen." Ein Punkt, den auch Richartz anspricht: "Wichtig ist, dass ich Gutes tue und auch darüber rede. Und zwar so, dass es auch bei jedem ankommt. Hierfür stellen wir individuelle Arbeitgeberbroschüren und auch Microsites für die Mitarbeiteransprache zur Verfügung." Schneider ergänzt: "Wenn ich einen Gruppenvertrag einrichte, dann ist der erst einmal wie eine leere Hülle. Leben kommt erst hinein, wenn die Mitarbeiter A wissen, was möglich ist, und B sie sich überlegen, zu handeln." "Auch die Kostenstruktur ist maßgeblich", hebt Richartz einen weiteren Aspekt hervor. "Es sollte also Firmengruppentarife geben." Diese sollten individualisierbare Lösungen für die Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter enthalten. "Wir zum Beispiel bieten mehrere Tarife an, von klassisch orientierten über fest verzinste bis hin zu chancenorientierten Tarifen. Da sollte das Unternehmen idealerweise mehrere zur Verfügung stellen, sodass für jeden Mitarbeiter etwas dabei ist." Wichtig ist: "Unter dem Strich muss es verwaltungsarm sein." Ähnlich sieht es Schneider. Er hebt zudem digitale Lösungen hervor. "Wir bieten den Firmen eine Plattform, auf der sie alle Verträge aller Versicherungsgesellschaften abwickeln können", etwa bei Adressänderungen oder Ausscheiden eines Mitarbeiters. Rechtlich absichern Außerdem sollten Unternehmen weitere Aspekte beachten, darunter arbeitsrechtliche Themen. Mit einer Versorgungsordnung oder - falls es einen Betriebsrat gibt - mit einer Betriebsvereinbarung lässt sich das Thema bAV rechtlich absichern. Das sprechen sowohl Richartz als auch Schneider an. Dafür sei juristischer Rat einzuholen. Schunck kann hier auf entsprechende Arbeitsrechtler verweisen und die R+V arbeitet mit Compertis zusammen, einem Berater für betriebliche Vorsorgesysteme, der bei der rechtlich sauberen Ausgestaltung unterstütze. Ein weiteres Thema, was die beiden hervorheben, ist der Arbeitgeberwechsel und das Mitbringen von bAV-Verträgen. Sie raten davon ab, Fremdverträge der neuen Mitarbeiter einfach eins zu eins mit in das eigene Versorgungssystem zu übernehmen. "Man kauft sich alle Rechte und Pflichten ein, ohne sie zu kennen. Wenn man einen Vertrag übernimmt, dann sollte das schon fundiert geprüft werden", so Richartz. Denn: "Natürlich gibt es manchmal den Fall, dass ein Unternehmen den neuen Mitarbeiter unbedingt haben möchte und seinen mitgebrachten Vertrag ins Unternehmen übernehmen muss", so Schneider. Besser sei es, ein sogenanntes Übertragungsabkommen zu nutzen, die Portabilität. Damit lässt sich vereinfacht gesagt das Deckungskapital, was der Arbeitnehmer in seinem alten Vertrag schon angespart hat, auf den neuen bAV-Vertrag im neuen Unternehmen übertragen. Was es bringen kann Vorteile sehen beide Experten in Mitarbeiterbindung und -gewinnung. "Wir verstehen das firmeneigene Versorgungswerk immer auch als Personalinstrument. Im Regelfall will das Unternehmen damit eine Zufriedenheit der Belegschaft erreichen, die dazu führt, dass die Mitarbeitenden A motiviert sind und effektiv arbeiten, aber B auch das Thema Betriebstreue leben", so Richartz. Schneider erwähnt nochmals als positiven Aspekt die niedrigen Kosten durch den Gruppenvertrag für die Firma. Online Viele Wege Was sind die wichtigsten Durchführungswege in der betrieblichen Altersvorsorge, wodurch zeichnen sie sich aus? Die Redaktion hat diese Informationen für Abonnenten als zusätzlichen Inhalt auf VRplus kostenfrei zusammengestellt. www.verkehrsrundschau.de/plus/bAV-Wege