Frankfurt/Main. Vom größten Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn sind seit heute Morgen erneut Millionen Pendler und erstmals auch Fernreisende betroffen. Mit dem Beginn des Streiks im Güterverkehr zeigte sich die Lokführergewerkschaft GDL am Mittwochabend zufrieden. Allein in den ersten acht Streikstunden von 12 bis 20 Uhr hätten mehr als 550 Lokführer ihre Arbeit niedergelegt, teilte der stellvertretende Vorsitzende Claus Weselsky mit. „Die Streiks sind gut angelaufen.“ Wirtschaftsverbände warnten vor Schäden über die Bahn hinaus. Im Brüsseler Werk des Autoherstellers Audi wurde die Frühschicht heute abgesagt, weil Züge mit Teilen große Verspätung hatten. Seit 20.00 Uhr stünden die meisten Güterzüge in Ostdeutschland, teilte die GDL mit. Auch in Westdeutschland sei der Güterverkehr stark beeinträchtigt. Die Gewerkschaft will mit den Arbeitsniederlegungen einen eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal und bis zu 31 Prozent mehr Geld durchsetzen. Nach dem Güterverkehr bestreikt die Lokführergewerkschaft GDL seit 2.00 Uhr auch den Personenfern- sowie den Nahverkehr. Besonders im Osten Deutschlands gebe es massive Behinderungen im Regionalverkehr, sagte ein Bahnsprecher heute Morgen. Dort seien nur zehn Prozent der Züge unterwegs. Im Westen ist die Situation für Pendler und Reisende Bahnangaben zufolge etwas besser: Dort fahren etwa 50 Prozent der Regionalbahnen. Im Fernverkehr seien etwa zwei Drittel der Züge unterwegs. Damit sei der Ersatzfahrplan, mit dem die Bahn einen ausgedünnten Betrieb aufrechterhalten will, wie geplant angelaufen, sagte der Bahnsprecher. Allerdings seien in Berlin einige ICE am Morgen nicht pünktlich abgefahren. Besonders betroffen vom Streik im Fernverkehr seien die IC-Züge. Im S-Bahnverkehr in Stuttgart und in Frankfurt am Main fährt den Angaben zufolge etwa ein Drittel der Züge. In der Berliner Innenstadt verkehrten die S-Bahnen im 20-Minuten-Takt, in den Außenbezirken im 40-Minuten-Takt. In Hamburg fährt die S-Bahn mit 40 Prozent ihrer Leistung. „Der Streik ist planmäßig angelaufen“, sagte ein Sprecher der Lokführergewerkschaft GDL in Frankfurt. „Trotz Notfallplänen (der Bahn) wird es erhebliche Auswirkungen geben“, sagte der GDL-Bezirksvorsitzende Norbert Quitter in Hamburg. Eine Sprecherin der Gewerkschaft in Frankfurt sagte, es seien nicht alle Züge so unterwegs wie die Bahn sich das in ihrem Ersatzfahrplan vorgestellt habe. Der Streik im Fern- und Nahverkehr soll 48 Stunden lang bis zum Samstag um 2.00 Uhr dauern. Seit Mittwochmittag haben nach Angaben der Bahn bereits 1000 Lokführer ihre Arbeit im Güterverkehr niedergelegt, der Streik dort soll ebenfalls am Samstagmorgen enden. Die Bahn rechnet bis dahin je nach Region mit unterschiedlichen Störungen. Bundesweit sollen nach dem Notfahrplan bis zu 50 Prozent der Nahverkehrszüge rollen. Um die Streikfolgen zu mildern, will die Bahn rund 500 Busse im Schienenersatzverkehr fahren lassen. Die Bahn lehnt die GDL-Forderungen ab. In ganzseitigen Anzeigen fordert das Unternehmen die Lokführergewerkschaft zum Ende ihrer Streiks auf. „Stoppen Sie diesen Wahnsinn, Herr Schell!“, steht in roten Lettern in den Donnerstagsausgaben mehrerer Zeitungen. Gewerkschaftschef Manfred Schell verweigere sich „seit Monaten jeglicher Verhandlung“, kritisiert der Konzern. „Hören Sie endlich auf, ein ganzes Land zu bestreiken.“ Es wird erwartet, dass auch in einer Sondersitzung des Bahn-Aufsichtsrats heute über den Tarifstreit gesprochen wird. Die Bundesregierung hatte die Gewerkschaft am Mittwoch auf ihre „hohe Verantwortung“ hingewiesen und stärkte Bahnchef Hartmut Mehdorn den Rücken. (dpa)
Massive Blockade auf Deutschlands Schienen
Beim größten Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn legt die Gewerkschaft GDL nicht nur den Güterverkehr lahm, sondern seit heute Morgen auch den Personenverkehr