Berlin. Eigentlich ist es eine gute Nachricht, wenn endlich die Bagger und Kräne kommen. Tausende altersschwache Straßenbrücken in Deutschland bröckeln, doch die ersehnte Sanierung lässt häufig auf sich warten. Da ist es umso schlimmer, wenn bei Arbeiten für eine neue Konstruktion ein dramatisches Baustellen-Unglück passiert wie am Mittwoch an der Autobahn 7 in Bayern. Denn Brücken sind neuralgische Punkte im Verkehrsnetz, die besser in Schuss gehalten werden sollen.
Wie ist der Zustand der Brücken?
An den Autobahnen und Bundesstraßen gibt es mehr als 39.000 Brücken. Ein großer Teil wurde in den 1960er bis 1980er Jahren gebaut, oft als Spannbetonkonstruktion. Der Zustand hat über die Jahrzehnte gelitten. Als sehr gut oder gut gilt er noch bei 14 Prozent der Brückenflächen, wie mit Stand 2012 analysiert wurde. Ebenso groß ist der Anteil der Brücken in nicht ausreichender oder sogar ungenügender Verfassung. Nach dem Aufbau Ost liegen kritische Punkte vor allem im Westen. Am stärksten betroffen sind Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wie der Autofahrerclub ADAC erläutert.
Was sind Gründe für den Verschleiß?
Die Dauerbelastung mit tonnenschweren Sattelschleppern hinterlässt ihre Spuren und ist oft noch stärker als ursprünglich einkalkuliert. Der Lkw-Verkehr hat stark zugenommen, seit 1980 verfünffachte sich die Gütertransportleistung auf der Straße und soll weiter steigen. Zugleich werden Lkw immer schwerer. Erlaubt sind längst 44 Tonnen Gesamtgewicht, nachdem es in den 50er Jahren die Hälfte war. Dazu kommen extrem schwere Sondertransporte mit Spezialgenehmigung. Die vielen leichteren Pkw nutzen die Fahrbahnen im Vergleich dazu nicht so stark ab. An zahlreichen Brücken wurde nicht rechtzeitig auf den Erhalt geachtet - auch wegen leerer öffentlicher Kassen.
Was wird gegen Brückenprobleme getan?
Wenn eine Brücke nicht mehr funktionsfähig ist, dann sei auch die Straße davor und danach nicht mehr funktionsfähig, argumentiert Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Der Bund will daher mehr Geld in die Sanierung lenken und bündelt größere Vorhaben in einem Sonderprogramm. Daraus sind in diesem Jahr 450 Millionen Euro vorgesehen, im nächsten Jahr 520 Millionen Euro und 2018 weitere 640 Millionen Euro. Um Verfahren zu beschleunigen, wurde für einzelne dringliche Neubauprojekte eigens das Bundesverwaltungsgericht zur einzigen Klage-Instanz bestimmt. Entwickelt werden sollen auch neue Technologien, bei denen Sensoren online Hinweise auf Schäden geben.
Gibt es Brückenprobleme nur auf den Straßen?
Auch der Bahn bereiten marode Brücken Sorgen. Rund 9000 der 25.000 Konstruktionen sind bereits älter als 100 Jahre, knapp 1200 gelten als dringend sanierungsbedürftig. Im vergangenen Jahr schlossen der bundeseigene Konzern und der Bund eine Milliarden-Vereinbarung zum Erhalt des Schienennetzes. Bis 2019 muss die Bahn demnach mindestens 875 Brücken teilweise oder komplett erneuern. Der Bundesrechnungshof hält das noch für zu wenig: Zum dauerhaften Substanzerhalt müssten rein rechnerisch bis zu 400 Brücken pro Jahr erneuert werden. (dpa)