Lufthansa Cargo will mit dem neuen Winterflugplan die Frachtraten weltweit im Schnitt um 20 Prozent anheben. Werden Sie die Preiserhöhung akzeptieren?
Jose Sanchez: Die Ertragslage vieler Airlines ist momentan sehr angespannt. Dieser Situation können sie entweder mit Kostenreduzierung oder mit höheren Frachtraten begegnen. Seit Längerem bemühen sich die Airlines, Kostenreduzierungen durchzuführen. Durch neue Marktteilnehmer hat Lufthansa Cargo Marktanteile verloren und kämpft mit seiner Ertragssituation. Daher hat sich die Fluggesellschaft nun dazu entschlossen, die Frachtraten zu erhöhen. Unterm Strich wäre es sogar ein gutes Signal für die Luftfrachtbranche, wenn Lufthansa Cargo, aber auch andere Fluggesellschaften, höhere Preise durchsetzen würden. Insofern ist die Ankündigung von Lufthansa Cargo nachvollziehbar.
Das klingt sehr relaxed. Sind Sie so zuversichtlich, dass Sie diese 20 Prozent höheren Preise eins zu eins an Ihre Kunden durchreichen können?
Nein, auch uns betreffen Ratenerhöhungen, da wir stets versuchen, unseren Kunden Ratenstabilität zu bieten, was durch so einen Schritt erschwert wird. Aktuell sind die Frachtraten im Ad-hoc-Geschäft sehr niedrig. In dieser Situation streben die Kunden erfahrungsgemäß danach, Jahreskontrakte auf dem gegenwärtigen Ratenniveau abzuschließen. Die Pläne von Lufthansa Cargo dürften deshalb mit der Erwartungshaltung der Kunden kollidieren.
Nun hat ja Lufthansa Cargo schon vor einem Jahr die Frachtraten anheben wollen und ist gescheitert. Für wie realistisch halten Sie es, dass die Airline dieses Jahr die 20 Prozent im Markt durchbringt?
Ich bin da skeptisch, weil es viele Überkapazitäten im Luftfrachtmarkt gibt. So haben neben Lufthansa Cargo auch andere Airlines mit dem Sommerflugplan zum 1. März oder 1. April ihre Kapazitäten auf den Destinationen in die USA und nach Asien aufgestockt. Beispiel ist die Air France KLM, die nun täglich Flüge nach Chicago hat. Zudem gibt es mittlerweile von jedem Flughafen mindestens fünf bis sieben tägliche Flüge nach New York. Auch Delta Airlines und British Airways haben aufgestockt. Und nach Asien haben insbesondere die Nahost-Airlines Emirates, Qatar und Etihad ihre Kapazitäten erhöht. Sie fliegen zum Beispiel deutlich mehr neue inner-chinesische Direkt-Destinationen an. Andererseits gibt es viele Destinationen, auf denen eine 20-prozentige Ratenerhöhung lediglich einige Cent ausmachen wird.
Werden angesichts dieses Überangebots Airlines aus dem Markt verschwinden?
Die Unruhe im Luftfrachtmarkt ist derzeit in der Tat sehr groß. Viele Airlines warten aber die Entwicklung der kommenden Monate ab. Ich denke, dass kein Anbieter ausscheiden wird, es werden künftig nur weniger Kapazitäten auf dem Markt sein.
Das Interview führte VR-Redakteurin Eva Hassa