Logistik auf dem Catwalk

Da müssen Sie bis zur Winterkollektion warten." Solche Sätze bekamen Kunden vor wenigen Jahren im Kaufhaus oft zu hören. Doch diese Zeiten sind vorbei. Wer auf der Suche nach einer bestimmten Hose oder Bluse ist, braucht nicht mehr monatelang zu warten. So werden die Läden der Textilkette Zara heute bis zu zweimal pro Woche beliefert und alle zwei Wochen kommt völlig neue Ware rein. Zum Vergleich: Vor wenigen Jahren wechselten die Kollektionen nur einmal pro Quartal. Textilhandel heute ohne eine starke Logistik - undenkbar. Herausforderungen in der Praxis Besonders wichtig ist dafür eine maximale Transparenz der Lieferkette (Fachwort: Supply Chain Visibility): Wo sich welches Teil zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet, muss jederzeit einsehbar sein. So muss sich die Logistik zur Schau stellen wie Models auf dem Catwalk, damit Einzelhändler Fragen wie "Wann kommt das gelbe Shirt, Größe 38, wieder rein", mit ein paar Mausklicks beantworten können. Vor allem die sogenannten "Vertikalen" wie die Inditex-Gruppe (Zara), die das Textilgeschäft von der Stofffabrik bis zum Laden kontrollieren, sind Champions der Informationslogistik. Zu wissen, wo sich ein Teil befindet, ist kein Selbstzweck, sondern geschäftliche Notwendigkeit. "Angenommen, ein Teil verspätet sich zwei Wochen, bedeutet das häufig 20 bis 25 Prozent weniger Abverkaufszeit", erklärt Sven Kromer, Experte für die Bekleidungsindustrie bei der Unternehmensberatung Kurt Salmon Germany in Düsseldorf. Den Überblick über die Supply Chain zu behalten, ist in der Praxis indes eine Herausforderung. Denn in der Textilbranche herrscht eine extreme Arbeitsteilung: Die Stoffe kommen zum Beispiel aus Nordafrika, werden in Asien gefärbt und dann in türkischen Nähereien verarbeitet. Dazwischen liegen See- und Landtransporte, Umschlagprozesse und Konsolidierungen. Um diese Prozesse zu kontrollieren, müssen auch die Dienstleister weltweit präsent sein wie der Textillogistiker Meyer & Meyer, der Niederlassungen rund um den Globus hat. Mitarbeiter des Unternehmens überprüfen die Qualität der Rohwaren vor Ort, organisieren den Transport zu den Fabriken und die Verschiffung der fertigen Ware in die europäischen Innenstädte. Man organisiere die Logistik von "Sheep to Shop" wirbt das Unternehmen auf seiner Webseite - vom Schaf bis in den Laden. Dem Kunden auf jedem Schritt auch Daten zu liefern, gehört zum Geschäft. "Die Informationsanforderungen sind in den letzten Jahren stark gestiegen", sagt Patric Hoffmann, Chief Sales Officer bei Meyer & Meyer. Dass die Händler so genau wissen wollen, wo sich ihre Ware befindet, liegt auch daran, dass sie so leichter auf Störungen reagieren und kurzfristig Bestellungen in eine Region umlenken können, wenn es Probleme gibt. "Außerdem lassen sich durch rechtzeitige Information teure Über- oder Unterbestände vermeiden", weiß Hoffmann. "Gelingt es, die Durchlaufzeit um eine Woche zu senken, steigt der Rohgewinn um 0,25 Prozentpunkte", rechnet Berater Kromer vor. Leicht ist die Transparenz in der Versorgungskette allerdings nicht herzustellen. Der Hintergrund: Jeder Terminalbetreiber, Spediteur und Reeder nutzt in der Regel ein eigenes IT-System. Sie alle liefern somit Daten in unterschiedlichen Formaten. Diese Informationen zusammenzuführen, ist eine Mammutaufgabe. An dieser Integration arbeiten nicht nur Logistikdienstleister wie Meyer & Meyer, sondern auch die großen Textilketten. Viele erwarten von ihren Dienstleistern, dass sie Meilenstein-Informationen (zum Beispiel Ware entladen) automatisch bereitstellen. Das Problem: Wer als Dienstleister für mehrere Marktgrößen arbeitet, muss viele Schnittstellen programmieren oder in den sauren Apfel beißen und Daten manuell ins System des jeweiligen Kunden einspeisen. Die perfekte IT-Welt, in der alles automatisch mit allem kommuniziert, ist in der Textilindustrie noch eine Zukunfts-Vision. Lieferketten werden interaktiver Und selbst bei Logistikchampions gibt es noch das, was Profis "schwarze Löcher" nennen. Ein Beispiel: Der Textilhändler bekommt von seinem Dienstleister die Meldung, dass die Lieferung mit den Winterschals in der Fabrik abgeholt wurde. Aber dann herrscht mehrere Tage lang Funkstille, bis der Eingang im Lager gemeldet wird. Vom Lkw-Transport dazwischen gibt es keine Tracking-Daten, vor allem wenn er im Ausland stattfindet. Das sind indes nur Übergangserscheinungen, darüber sind sich die Experten einig. "In Zukunft werden Informationen noch schneller und genauer zur Verfügung stehen", glaubt Berater Kromer. Der flächendeckende Einsatz von Technologien wie RFID wird es zudem ermöglichen, den Weg einzelner Artikel durch die Lieferkette zu verfolgen; derzeit liegen Tracking-Informationen oft nur über größere Liefereinheiten (Batches) vor. "Gleichzeitig werden die Lieferketten interaktiver", prognostiziert Kromer. Das könnte bedeuten: Endkunden, die im Internet ein Kleidungsstück bestellen, können künftig nicht nur den Liefertermin bestimmen, sondern die Sendung auch an andere Orte umleiten, etwa ins Büro. Für solche Leistungen ist eine perfekte Supply Chain Visibility aber unabdingbar. Mehr im Dossier Supply Chain Management www.verkehrsrundschau.de/dossiers

Who is Who 2025: Zukunft? Ja, bitte!

EU-Zollreform: Utopie oder machbar?

Klimaneutraler Güterverkehr: Das fordert die Verkehrspolitik

DHL, Zufall Logistics und Co: Die Wachstums-Agenda der Unternehmen für 2025

Experten im Interview: Wie geht Zukunft?

Alle Schlagzeilen

Logistik auf dem Catwalk

HASHTAG

#Handelslogistik

Onlinehändler und Paketzusteller wappnen sich fürs Weihnachtsgeschäft

Paletten-Management: Editorial: Ein wichtiges Signal

Die Paletten-Offensive

MEISTGELESEN

Änderung durch EU-Mobilitätspaket: Mitführungspflicht verdoppelt sich

A7 wird zeitweise gesperrt

Duvenbeck übernimmt Sander Logistics

STELLENANGEBOTE

Teamleiter Lager im Handelslager/ Brennschneidbetrieb (w/m/d)

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Leiter Versandlogistik (m/w/d)

Bereichsleiter (m/w/d) Vertrieb

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER