Magdeburg. Die Berufskraftfahrer haben in Sachsen-Anhalt ein massives Nachwuchsproblem. "Der Zustand ist schon jetzt katastrophal", sagte der Geschäftsführer des Landesverbands des Verkehrsgewerbes, Matthias Schollmeyer, der Deutschen Presse-Agentur. Jeder vierte Lastwagen-Fahrer im Güterverkehr sei über 55 Jahre alt.
Innerhalb weniger Jahre würden daher rund 5100 Menschen in dieser Branche in den Ruhestand gehen. Dabei würden immer mehr Güter über die Straßen transportiert. Auch die Löhne seien gestiegen. Doch eine Lösung für dieses Problem sei nicht in Sicht. Insgesamt 20.000 Lkw-Fahrer sind auf den Straßen in Sachsen-Anhalt unterwegs. "Nur 500 davon sind bei uns jünger als 25 Jahre", sagte Schollmeyer. Über 40 Prozent der Nachwuchs-Kraftfahrer brechen die Ausbildung ab. Deutschlandweit liegt die Quote bei etwa 25 Prozent.
Arbeitszeiten, Krankheiten, Umgangston
"In Sachsen-Anhalt ist das Problem wesentlich größer als im Rest von Deutschland." Das liege zum Teil am demografischen Wandel, mit dem Sachsen-Anhalt stärker als anderen Länder zu kämpfen habe. Doch der potenzielle Nachwuchs habe auch falsche Vorstellungen vom Beruf Kraftfahrer. "Die Arbeitszeiten sind schwierig", sagte der Geschäftsführer des Verbandes. Die Fahrer seien oft tagelang unterwegs. "Die Work-Life-Balance leidet darunter." Viele haben später mit berufsbedingten Krankheiten wie Rückenleiden durch das lange Sitzen zu kämpfen. Deshalb gingen die meisten Fahrer auch bereits mit 60 in Rente. Zudem sei der Ton an den Laderampen teilweise unterstes Niveau. "Kraftfahrer werden häufig als unterstes Glied der Kette gesehen."
Steigende Löhne lösen das Problem nicht
Dabei werde die Bedeutung des Gewerbes gar nicht wahrgenommen, findet Schollmeyer. "Zwei Drittel aller Güter werden mit dem Lkw transportiert." Die Branche wächst - Fahrer werden dringend gesucht. Das habe auch zu einem deutlichen Anstieg der Löhne in den vergangenen Jahren geführt. Sogar Abwerbungsversuche und Ablösezahlungen gebe es schon. Der Wettbewerb um die sinkende Zahl an Berufsfahrern ist bereits in vollem Gang.
"Bei manchem Betrieb werden deshalb schon bis zu 2700 Euro brutto gezahlt", sagte der Verkehrsexperte. "Für unsere Region ist das sehr gut." Andere Firmen könnten sich hingegen nur den Mindestlohn leisten und hätten auch damit bereits zu kämpfen. Einige Unternehmen werde der Fahrermangel wohl die Existenz kosten. Mit diesem Problem ist die Branche nicht allein. So fehlt es etwa auch im Handwerk an Nachwuchs. "So einen Zustand hat es noch nicht gegeben. Bislang gab es immer genügend Arbeitskräfte", sagte Schollmeyer. Der Verband könnte zwar an die Unternehmen appellieren, mehr auszubilden. Doch dieses Vorhaben sei angesichts der Lage nur ein "Papiertiger". Eine Lösung sehe er deshalb in naher Zukunft nicht. (dpa/tr)
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