LKW-Energieverbrauch

LKW-Energieverbrauch Die Physik lässt sich nicht überlisten Mit Einführung der SCR- Systeme glänzten Nutzfahrzeuge mit enorm niedrigen Verbräuchen. Alle Hersteller propagierten, dass sich mit Euro 6 der Energieverbrauch erhöhen wird – um aktuell wieder das Gegenteil zu behaupten. Es wird Bundeskanzler Adenauer zugeschrieben, den legendären Spruch „Was interessiert mich heute mein dummes Geschwätz von gestern“ geäußert zu haben. Inzwischen haben sich viele dieses Zitat zur Maxime gemacht – auch so mancher Fahrzeughersteller. Im Hinblick auf die damals noch zukünftige Euro-6-Norm stand – von DAF bis Volvo – unisono die Aussage im Raum, dass dies unter zwei oder gar drei Prozent Mehrverbrauch nicht zu machen sei. Inzwischen scheint sich die Physik geändert zu haben. Denn was damals mit Hinweis auf ineffizientere Verbrennung begründet wurde, scheint jetzt nicht mehr zu gelten. Von DAF bis Volvo lautet die Botschaft heute: „Euro 6 braucht nicht mehr.“ Was vergleichen die „Experten“? Unterstützt wird die These sowohl von Unternehmern, die sich in Kundenmagazinen lobend über die neue Schadstoffnorm äußern, als auch von Fachmagazinen, deren Testergebnisse den Schluss zulassen, dass Euro 6 sparsamer ist. Trotz dieser offensichtlich profunden Aussagen haben die Fahrzeugtester der VerkehrsRundschau gewisse Zweifel. Alle Nachfragen bei ebendiesen Kunden ergaben, dass die verglichenen Euro-5- und Euro-6-Fahrzeuge nicht wirklich vergleichbar sind. Die Gründe sind mannigfaltig: längere Achsübersetzungen, andere Leistungseinstellungen, unterschiedliche Kabinen und so weiter. Die Ergebnisse der Tests in anderen Fachzeitschriften wurden teils bei unterschiedlicher Witterung, mit verschiedenen Trailern oder wechselnden Verkehrssituationen „erfahren“. Generell ist es sehr schwierig, zwei Fahrzeuge direkt miteinander zu vergleichen. Um die Ergebnisse gegenüber zu stellen, nutzt die VerkehrsRundschau seit Jahren einen Referenz-LKW, fährt immer mit den gleichen Trailern und auch die Fahrer und Fahrstile sind identisch. Trotzdem ergeben sich in der Übergangszeit von Euro 5 auf Euro 6 nur zwei Fahrzeugpaarungen, deren Ergebnisse sich wirklich vergleichen lassen: der Mercedes Actros 1845 in EEV und Euro 6 sowie der Scania R 440 und sein Pendant R 450. Und bei beiden Fahrzeugen kommen wir zum Schluss, dass die in den Jahren 2012/13 durchgeführten Tests zu einem Verbrauchsvorteil der Euro-5-Zugmaschinen führen (siehe Grafik oben rechts). Selbst unter Berücksichtigung der Adblue-Verbräuche – die in den dargestellten Ergebnissen herausgerechnet sind – und die bei Euro 5 höher ausfallen, liegt Euro 6 in den Kraftstoff Gesamtkosten höher. Nicht zu vergessen, sind die jeweiligen Euro-5-Fahrzeuge auch etwas schneller unterwegs. Die wohl beste Vergleichsmöglichkeit liefert der Actros 1845 in beiden Schadstoffklassen, wo 1,6 Liter Mehrverbrauch für Euro 6 zu Buche stehen. Der Fairness halber muss man sagen, dass Mercedes dies von Anfang an gesagt hat – und Minderverbräuche bei Euro 6 immer auf den Vergleich MP3 Euro 5 zu New Actros Euro 6 münzte. Euro 6 wird erst jetzt so gut wie Euro 5 Die Durchschnittsverbräuche im Profitest der VerkehrsRundschau fallen niedrig aus, weil zum Procedere eine Teilbeladungsfahrt sowie eine Leerfahrt gehören. Trotzdem schafft bislang erst ein Euro-6-Fahrzeug einen Verbrauch von rund 23 Litern pro 100 Kilometer: der neue Scania G 410. Das aber auch nur, weil Scania sich bei dieser Variante die Abgasrückführung spart, auf die kleine Kabine setzt und einen GPS-Tempomaten verbaut, der das Durchschnittstempo noch einmal deutlich nach unten drückt. Es geht letztlich nicht darum, Euro 6 schlecht zu schreiben. Schließlich sollte man ein Interesse daran haben, dass moderne Nutzfahrzeuge möglichst wenig Diesel verbrauchen. Aber alleine schon der Umstand, dass bislang kein einziger Hersteller einen echten Vergleich Euro 5 versus Euro 6 ermöglichte, spricht Bände. In einem aktuellen Test von Gebrauchtfahrzeugen von Scania (der demnächst in der VR veröffentlicht wird) liegt das Euro-6-Pendant im Verbrauch tatsächlich etwas besser, erreicht aber eine niedrigere Durchschnittsgeschwindigkeit. Allerdings stellte der schwedische Hersteller als Euro-5-Vertreter für diese Geschichte einen R 440 EGR zur Verfügung. Und die Abgasrückführer waren bekanntlich nicht eben die sparsamsten Vertreter der Euro-5-Generation. Wenn sich nach rund zwei Jahren, in denen sich inzwischen Euro-6-Fahrzeuge auf europäischen Straßen bewegen, ein Verbrauchs-Patt einstellt, hat das eine Menge Gründe: Die Achsübersetzungen werden immer länger. Damit sinken Motordrehzahlen und Verbräuche. Mit teils neuen Fahrzeuggenerationen verbessert sich auch die Aerodynamik. Einen sehr hohen Anteil am niedrigen Verbrauch haben vor allem die intelligenten GPS-Tempomaten, deren Fahrstrategie die Rollenergie nutzt und das Motorkennfeld optimal einsetzt. An dieser Stelle muss aber auch die Frage erlaubt sein, wo man mit all dieser Technik wäre, wenn man die sehr effizienten Euro-5-Motoren damit ausgestattet hätte? Dann müsste sich die Branche wohl weniger Gedanken um den „CO2-reduzierten“ LKW machen. Er wäre längst da. So aber hat die „Grüne Logistik“ einen Schritt zurück gemacht, der jetzt mühsam wieder aufzuholen ist. Waren verminderte Partikelemissionen es wert, Fahrzeuge zu produzieren, die 12.000 Euro teurer und 200 Kilo schwerer sind? Zumal sich diese Emissionen (noch) nicht mal richtig messen lassen – wie die jüngste Anpassung zu den OBD-Regelungen zeigt. Die Uhr lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Deshalb wird für schwere LKW ein umfangreiches Regelwerk zur Verbrauchs- und damit zur CO2-Minderung kommen (siehe Seite 32). Derzeit lassen sich die CO2-Emissionen im LKW-Verkehr am besten mit der aktualisierten Energie-Verbrauchstabelle berechnen (siehe Tabelle rechts). Bei diesen Werten schwankt der Dieselkonsum von Euro 6 gegenüber EEV/Euro 5 aber noch zwischen minus zwei und plus fünf Prozent. Eine Ergebnisbreite, die sich durch die in einigen Klassen noch zu geringe Anzahl an getesteten Fahrzeugen ergibt. Transporter rüsten sich für Euro 6 Mitten in der Umstellung auf die strengere Schadstoffnorm stehen die kleineren Transporter. Schließlich wird hier Euro 6 erst ab Anfang 2015 verbindlich. Mit Mercedes (Sprinter) und seit wenigen Wochen auch Volkswagen (Crafter) bieten aktuell überhaupt erst zwei Hersteller Euro-6-saubere Motoren an. Alle anderen wollen erst mehr oder weniger kurz vor dem Stichtag nachziehen. Technisch wird dagegen wohl Einigkeit herrschen. Zumindest ab der 3,5-Tonnenklasse nutzen die Hersteller, wie bei der Mehrzahl der großen LKW, eine Kombination aus Abgasrückführung, SCR-Katalysator und Partikelfilter, um die strengeren Schadstoffgrenzwerte einhalten zu können. Womit sich auch Transporter-Fahrer künftig an das regelmäßige Nachfüllen des Adblue-Tanks gewöhnen müssen (circa alle 6000 Kilometer). Die „nachträgliche“ Abgasnachbehandlung soll allerdings Vorteile beim Verbrauch mit sich bringen. Schließlich müssen die Entwickler innermotorisch nun weniger auf die Vermeidung von Schadstoffen Rücksicht nehmen und können die Kraftstoffeinspritzung ungestörter auf Effizienz trimmen. Das soll den Kraftstoffkonsum der wendigen Nutzfahrzeuge senken. Ob´s wirklich stimmt, wird die nahe Zukunft zeigen. Einzig zwei Mercedes Sprinter stellten sich in Euro-6-Konfiguration bereits dem VR-Profitest. Wobei einer mit 7,9 l/100 km auf der Transporter-Testrunde einen neuen Verbrauchsrekord einstellte. Der andere Test-Sprinter lag dagegen lediglich im Durchschnitt der auf Euro 5 gereinigten 3,5-Tonner. Was allerdings eher an der Abstimmung des Testwagens lag, die wenig zur Topografie der VR-Normrunde passte. Insofern könnte an der Sparsamkeit der Euro-6-Transporter also durchaus etwas dran sein ... ❙❚■ Jan Burgdorf, Gerhard Grünig Ein echter Vergleich der Verbräuche von Euro 5 und Euro 6 ist extrem schwierig Nur weil die Hersteller an intelligenten Antriebssträngen arbeiten, sinkt der Euro-6-Verbrauch Technik aus dem LKW: Mit Euro 6 hält der SCR-Katalysator auch im Transporter Einzug Energieverbrauch (EV) bei LKW-Transporten Energieverbrauch (EV) in Liter Diesel je 100 km EVvoll (Nutzlast = max)1 EVleer (Nutzlast = 0)2 LKW-Typ (nach zGG in Tonnen) maximale Nutzlast (t) Euro 3 Euro 59 Euro 69 Euro 3 Euro 59 Euro 69 Transporter/Vans 2,1-Tonner (Van4) 2,1-Tonner (Van CNG)3 2,8-Tonner6 3,5-Tonner6 3,5-Tonner CNG6 5,0-Tonner6 0,5 0,5 0,8 1,2 1,1 2,5 6,9 – 8,9 11,6 – 12,3 6,5 5,63 8,5 10,5 9,23 12,0 – – – 10,3 _ – 5,5 – 7,1 9,0 – 9,5 5,4 4,63 7,5 9,0 7,23 9,5 – – – 8,7 – – LKW/Transporter + Anhänger 2,8-Tonner (LKW) 3,5-Tonner (LKW ) 5,0-Tonner (Transporter) 7,5-Tonner (LKW) 7,5-Tonner (Sattelkombi) 2,5 3,2 4,5 7,0 7,0 12,1 13,9 15,7 19,4 15,4 11,8 12,8 15,9 20,0 15,45 – – – – – 9,7 10,8 12,2 15,5 12,0 9,5 10,0 12,3 15,7 12,05 – – – – – Solo-LKW 3,5-Tonner 5,0-Tonner 7,5-Tonner 7,5-Tonner (vollelektrisch) 12-Tonner 18-Tonner (180-250 PS) 18-Tonner (bis 310 PS) 26-Tonner (Dreiachser) 1,3 2,4 4,0 3,5 6,5 9,0 8,9 17,0 12,4 12,3 16,2 – 19,6 23,8 28,9 30,3 12,4 12,3 16,2 60,07 19,6 24,0 29,2 30,3 – – 16,0 – – – 29,0 30,5 9,7 10,1 13,0 – 15,7 17,6 18,9 19,7 9,7 10,1 13,0 40,07 15,7 17,8 19,1 19,7 – – 12,8 – – – 18,9 19,8 Sattelzug-Kombination10 26-Tonner 32-Tonner 26-Tonner CNG (330 PS)3 32-Tonner CNG (270 PS)3 40-Tonner (bis 400 PS) 40-Tonner (410-460 PS) 40-Tonner (460-480 PS) 40-Tonner (500-600 PS) 40-Tonner (über 601 PS) Lang-LKW (25,25 m, 40 t)8 Lang-LKW (25,25 m, 50 t)8 Lang-LKW (25,25 m, 60 t)8 15,0 20,0 20,0 20,0 25,0 25,0 25,0 24,0 24,0 20,0 30,0 40,0 22,1 25,9 – – 25,6 26,5 26,7 28,1 28,4 – – – 22,1 25,9 17,3 17,4 25,8 26,5 25,6 26,7 28,7 29,3 38,1 40,0 – – – – – 27,0 26,9 27,1 – – – – 15,5 17,6 – – 17,3 17,9 18,1 19,1 19,3 – – – 15,5 17,6 – 12,1 17,5 17,9 18,1 18,1 19,5 19,9 20,1 21,5 – – – – – 18,2 18,1 17,7 – – – – 1) Ergebnisse LKW-Tests der VerkehrsRundschau 1999 bis 2014; In allen Fahrzeugkategorien wird versucht, die Teststrecke auf den realen Einsatz der Fahrzeuge abzustimmen (Fernverkehr mit überwiegendem BAB-Anteil, Vans mit entsprechend hohem Stadtanteil etc.). Die Teststecken im Großraum München/Bayern betragen 499 km (Sattelzug-Kombinationen), 120 km (Solo-LKW) und 115 km (Transporter/Van). Die Fahrgeschwindigkeiten betragen bei den LKW 85 km/h auf der Autobahn und 60 km/h auf der Landstraße (+5 km/h Schwungspitzen bergab). Bei Transportern beträgt die Fahrgeschwindigkeit 130 km/h auf der Autobahn, 100 km/h Landstraße, 50 km/h Stadt. Die LKW-Aufbauten und -Auflieger haben Planen oder Koffer 2) Teilweise Schätzungen basierend auf LKW-Tests der VerkehrsRundschau 1999 bis 2014 3) Verbrauch in kg CNG 4) z.B. Caddy Maxi 5) Euro 4 6) z.B. Mercedes Sprinter 7) Kilowattstunden Strom pro 100 km, vollelektrisches UPS-Auslieferfahrzeug (P80-E), Daten laut UPS, kein Test durch VerkehrsRundschau 8) Verbrauchswerte auf Basis von VR-Testfahrten, jedoch nicht im normierten Testzyklus der VerkehrsRundschau 9) Adblue-Verbrauch bei Euro-5-Fahrzeugen beträgt im Durchschnitt 2 bis 5 Prozent vom Dieselverbrauch; bei Euro 6 liegt er bei Fahrzeugen mit Abgasrückführung bei circa 1,5 % (und damit unter Euro 5), bei Fahrzeugen mit „SCR only“ bei circa 6 % und damit über dem Adblue-Verbrauch bei Euro 5; CO2-Emission je Liter Adblue: 238 g CO2 pro 100 km 10) Unter Berücksichtigung der neuen VerkehrsRundschau-Teststrecke (ab 2012), die in der Gesamtauslegung topographisch einfacher geworden ist. Alle Fahrzeuge, die auf der alten Teststrecke getestet wurden, sind entsprechend umgerechnet worden und sind so mit den neuen Werten vergleichbar Abkürzungen: zGG = zulässiges Gesamtgewicht; t = Tonnen; m = Meter; km = Kilometer Quelle: VerkehrsRundschau 2014 Grüne Logistik Grüne Logistik

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