Komplett-Interview: „In 2022 rechnen wir mit 50 Prozent Umsatzplus“

Die Stückgutkooperation System Alliance Europe (SAE) geht aktuell massiv in die Offensive. Liegt das daran, dass Rhenus als Partner ausgestiegen ist und nun sein eigenes paneuropäisches Stückgutnetz aufziehen will? Die Zeiten ändern sich, damit wandelt sich auch unser Markt- und Wettbewerbsfeld. Und um bestehen zu bleiben, müssen sich Unternehmen wettbewerbsfähig aufstellen – das gilt auch für uns. Der Ausstieg von Rhenus ist im gegenseitigen Einverständnis erfolgt. Was sind jetzt Ihre Ziele? Als System Alliance Europe sind wir schon heute in 23 Ländern Europas mit eigenen Standorten präsent, haben eine leistungsfähige IT und allein in 2020 rund 1,9 Millionen Sendungen befördert. Trotzdem waren wir bislang als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) ohne Gesellschafteranteile ein vertraglich eher loser Verbund im Markt. Das haben wir grundlegend geändert. Seit Februar sind wir eine eingetragene Genossenschaft (eG), an der jede unserer Mitgliedsfirmen Geschäftsanteile hält. In wenigen Wochen wird in unserer neuen Geschäftsstelle in Düsseldorf ein neuer Geschäftsführer starten, dessen Namen ich noch nicht nennen möchte. Und auch im Markt werden wir künftig deutlich stärker Flagge zeigen, unter anderem mit einem neuen Logo, neuem Internetauftritt und stärkerer Präsenz in den sozialen Medien. Unter dem Motto: nicht nur Gutes tun, sondern zukünftig auch darüber informieren. Darüber hinaus will Ihr Netz bis 2022, wie Sie unlängst angekündigt haben, von derzeit 45 auf 100 Mitgliedsfirmen wachsen. Wie wollen Sie das so schnell schaffen? Unsere Mitgliedsunternehmen arbeiten im Rahmen der System Alliance Europe schon heute grenzüberschreitend zusammen. Darüber hinaus haben die meisten unserer Mitglieder Partnerspediteure in einzelnen Ländern, mit denen sie auf bilateraler Ebene Verkehre abwickeln. Nur waren diese bislang nicht SAE-Mitglied. Diesen Speditionen bieten wir jetzt den Zugang zu unserer IT-Plattform, zu standardisierten Prozessen und einer umfassenden Produktpalette. Sie haben außerdem die Möglichkeit, künftig europaweit Stückgutverkehre unter einem Markennamen anbieten zu können. Diese Partner unserer Partner wollen wir nun an unser Netz binden. Suchen Sie auch darüber hinaus neue Partner? Das wird im zweiten Schritt erfolgen. Zunächst sprechen wir, wie gesagt, mit den bilateralen Partnern unserer Mitgliedsfirmen. Aber natürlich werden wir mit interessierten Unternehmen sprechen um diese und dessen Partner für uns zu gewinnen. Welche Vorteile bringt die Mitgliedschaft in der System Alliance Europe? Jeder Spediteur, egal ob groß oder klein, kann dadurch seinen Kunden in ganz Europa grenzüberschreitende Stückgutverkehre offerieren – überall mit dem gleichen einheitlichen Qualitätsstandard, auf den wir uns in der SAE verständigt haben. Weiterer Vorteil ist, dass sich jedes Mitglied über uns sein eigenes europäisches Stückgutnetz konfigurieren kann - mit seinem eigenen Preis-Tarif. Wir haben zwar ein zentrales Clearing, aber unsere Partner können ihre Tarife frei miteinander vereinbaren. Denn ein Preis für alle – das funktioniert in Europa nicht. Keiner muss also fürchten, dass wir ihm unser Preismodell aufzwingen. Eine einheitliche Schnittstelle und zentrale IT-Leistungen und Infrastruktur erhöhen die Produktivtät und verringern den Verwaltungsaufwand für jeden Partner. Was kostet die jährliche Mitgliedschaft in Ihrem Verbund? Die Einlage in unsere Genossenschaft liegt aufgrund ihrer Non-Profit-Organisation bei einem Euro. Zusätzlich fallen für den Partner Jahresgebühren an, zu deren Höhe wir uns öffentlich nicht äußern. Nur so viel: diese setzen sich aus einer jährlichen Management-Gebühr, mit der die Geschäftsstelle finanziert wird, und einer IT-Gebühr zusammen, die vom Mengenvolumen des jeweiligen Unternehmens abhängt. Nun sind ja einige Ihrer Mitgliedsfirmen recht groß, etwa Gebrüder Weiss und Hellmann Worldwide Logistics. Wie nehmen Sie kleineren Speditionen die Angst vor zu großen Partner-Kollegen? Hellmann und Gebrüder Weiss sind in der Tat starke Partner. Um da jedem Mitglied in unserem Netz aber gleiche Chancen einzuräumen, haben wir uns auf maximal drei Stimmrechte pro Mitgliedsfirma in der Genossenschaft geeinigt. Sprich: kleinere Betriebe haben bei uns eine Stimme und können von größeren Partnern deshalb nicht einfach überstimmt werden. Warum sind Sie für Ihr paneuropäisches Netz nicht eine strategische Allianz mit einem anderen internationalen Stückgutverbund eingegangen? Palletways hätte sicher zur Verfügung gestanden. Ganz einfach, weil wir die einzige transeuropäische Stückgutkooperation sind. Denken Sie an die Cargoline. Cargoline ist eine Kooperation deutscher Stückgutspeditionen, die für ihre Partner im europäischen Ausland sucht. Das ist uns aber viel zu kurz gesprungen. Wir wollen nicht für Deutschland ein Stückgutsystem ausrollen, sondern wir wollen auch den Franzosen, Finnen oder auch Spaniern ein transeuropäisches Netz bieten. Das ist der große Unterschied. Das gibt es aus unserer Sicht heute noch nicht. Im vergangenen Jahr hat Ihr Stückgutverbund rund 1,9 Millionen Sendungen mit 1,5 Millionen Tonnen abgewickelt. Welche Mengen peilen Sie in 2021 an? In diesem Jahr werden wir, auch dank Corona-Nachholeffekten, beim Sendungsvolumen und beim Umsatz um rund 20 Prozent zulegen. Wachstumstreiber sind da insbesondere die Branchen Automotive, Baumärkte und Chemie. Und in 2022 rechnen wir sogar mit 50 Prozent Mengen- und Umsatzplus, wenn wir alle neuen Partner aufgeschaltet haben. Das Interview führte VerkehrsRundschau/Redakteurin Eva Hassa.

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