Gefordert ist ein strategischer Lenker mit klaren Ideen und viel Durchsetzungsvermögen. Die Person sollte zudem über politische Erfahrung verfügen, zahlreiche divergierende Interessen abwägen können und wenig Hemmung im Umgang mit Milliardenbeträgen verspüren. Es geht um den Posten des Bundesverkehrsministers. Nach Ansicht des grünen Verkehrsexperten Winfried Hermann erfüllt der amtierende Ressortchef Wolfgang Tiefensee nur wenige dieser Vorgaben. Und selbst der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Uwe Beckmeyer findet im VR-Interview kein Wort des Lobes für seinen Parteigenossen. Der Masterplan Güterverkehr und Logistik könnte der Ansatz sein, eine längerfristig angelegte strategische Zielrichtung vorzugeben. Tiefensees ehrgeiziges Vorhaben einer Neuordnung der Pläne und vor allem der Gelder für den gesamten Güterverkehr zeigt das ganze Dilemma der deutschen Verkehrspolitik. Anstatt sich über europäische Verkehrsströme Gedanken zu machen, versucht jeder Politiker vom Dorfbürgermeister bis zum Bundestagsabgeordneten für seinen Wahlkreis einen neuen Kreisverkehr oder Autobahnanschluss herauszuschlagen. Ähnliches widerfährt dem Masterplan, bei dem mehr als 800 vermeintliche Experten ihre Wünsche eingebracht haben. Es droht eine Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner, der viele Interessen befriedigt und dabei den regionalen Proporz einhält. Der Verkehrsminister handelt beim Masterplan als Getriebener und nicht als Ideenbringer oder gar als strategischer Lenker, der Widerstände in den eigenen Reihen überwindet. Tiefensee muss den Befreiungsschlag wagen – indem er konkrete Schritte vorgibt und ein klares Logistikkonzept aufzeigt. Gefragt ist ein Gestalter und kein Verwalter. Schafft er dies nicht, reiht Tiefensee sich ein in die Galerie seiner profillosen Vorgänger. Sebastian Bollig Redakteur
Kommentar der Woche: Politik ohne Profil
VR-Redakteur Sebastian Bollig analysiert das Thema der Woche