Keine Palastrevolution

Nach zehn Jahren und zwei Milliarden Euro hat das Warten ein Ende: Scania präsentiert die neue Baureihe. Die soll bis zu fünf Prozent sparsamer sein als der Vorgänger, was die Schweden der besseren Aerodynamik und optimierten Antriebssträngen zuschreiben. Die neuen Kabinen entwickelte Scania mit Porsche Engineering und blieb optisch so nah am Vorgänger wie Porsche bei seiner Sportwagenikone 911. Anstelle des alten "R" übernimmt der neue "S" die Krone, der jetzt auch einen ebenen Kabinenboden bietet. Unter dem "S" folgen weitere 23 Varianten für alle möglichen Einsätze. Richtung Porsche dürfte sich auch das Fahrverhalten - schon immer Scanias Sahnestück - entwickeln: Da der Schwerpunkt gesunken ist und der vordere Überhang kürzer wurde, sollte sich die neue Generation noch kompakter fahren als bereits die Vorgänger. Und sicherer werden soll sie laut Göran Hammarberg, Chef der Kabinenentwicklung, natürlich auch. Denn neben der Verwendung von hochfesten Stählen soll auch deren Verbindung zu Leichtbau und Stabilität beitragen. Denn die Strukturelemente werden entweder gepresst oder gewalzt und danach mit verschiedenen Schweiß- und Klebetechniken oder Laserlöten miteinander verbunden. Dazu kommen (optional) erstmals im Lkw Seitenairbags. Die Kabinen verlängerte Scania und richtete sie neu ein. Das schafft mehr Platz, wozu auch erhöhte Dächer beitragen. Schon das Standarddach wuchs um zehn Zentimeter nach oben. Der Fahrersitz rückt um 65 Millimeter nach vorn und 20 Millimeter nach außen, was zusammen mit der abgesenkten Armaturentafel, der größeren Scheibenfläche, den optimierten A-Säulen und den schlankeren Türverkleidungen der Übersichtlichkeit zugute kommt. Große Fußräume sollen Fahrern auch mit dicker Winterkleidung und festem Schuhwerk viel Bewegungsfreiheit bieten. Vor allem groß gewachsene Personen dürften von dem größeren Sitzverstellbereich profitieren. Trotzdem ließen sich Chefdesigner Kristofer Hansén und sein Team nicht dazu hinreißen, die bereits seit der 3er-Serie überragende Ergonomie anzutasten und hielten sich hier streng an die Vorgaben der Vorfahren, die alle mit bester Bedienbarkeit punkteten. Hansén und sein Team optimierten auch die Spiegel und Scheibenwischer. Die Scheibenwaschanlage soll zwanzig Prozent effektiver sein. Fast ein französisches Doppelbett Die im Fernverkehr oft kritisierten Betten konzipierte Scania neu und bietet in der S-Kabine jetzt zwei 80 Zentimeter breite Liegen an. Die untere kann bei Bedarf gar auf einen Meter verbreitert werden. Außerdem wurde der "S" zusätzlich gedämmt. Eine bessere Isolierung aller Kabinen soll den Energieverbrauch von Klimaanlagen respektive Standheizungen reduzieren. Auch die unterschiedliche Belegung von Tastern oder Schaltern ist dank des modularen Armaturentafelkonzeptes jetzt möglich. Ebenso neu: die Klimaanlagen samt dem Einbau von Zusatzheizungen. Letztere können auch in die Standard-Klima integriert und über diese gesteuert werden, was für eine bessere und leisere Luftverteilung sorgen soll. Die Infotainmentsysteme wurden überarbeitet und bieten jetzt wahlweise einen Fünf- oder Sieben-Zoll-Bildschirm. Ultralang: Die neue 2,35er-Achse Die um 50 Millimeter nach vorn versetzte Vorderachse soll nicht nur die Nickbewegungen reduzieren, sondern auch die Bodenfreiheit erhöhen und den Bremsweg zusammen mit den stärkeren Stoppern beim 40-Tonner in voller Fahrt um fünf Prozent verkürzen. Dafür verbaut Scania an der Vorderachse jetzt 30-Zoll-Bremszylinder. Auch Details wie die elektrohydraulisch gelenkten Nachlaufachsen - jetzt für neun Tonnen - ging man an, konnte dort den Lenkwinkel von 14 auf 19 Grad erhöhen und 30 Kilo Gewicht sparen. Dezenter fielen die Optimierungen bei den Motoren aus, die alle drei Prozent sparsamer sein sollen als die Vorgänger und jetzt mit extra langer 2,35er-Achse kombiniert werden können. Die 13-Liter-Maschinen stellten die einst AGR-affinen Schweden alle auf "SCR only" um, die Turbos blieben konservativ mit fester Geometrie. Dafür sollen überarbeitete Brennräume und Injektoren 0,2 bis 0,5 Prozent Diesel sparen, unterstützt durch die allgemein höhere Betriebstemperatur und die thermostatische Ölkühlung. Ein weiteres ganzes Prozent Ersparnis will Scania über direkt angetriebene Kühlerlüfter holen. Wichtig: Die variablen Ölwechselintervalle sollen auf bis zu 150.000 Kilometer steigen. Volvos Doppelkupplungsgetriebe setzt Scania eine serienmäßige Vorgelegewellenbremse entgegen. Statt Synchronringen zur Synchronisierung der unterschiedlichen Drehzahlen von Vorgelege- und Hauptwellen beim Schalten, stuft Opticruise via Vorgelegewellenbremse hoch. Dies beschleunigt die Drehzahlanpassung beider Wellen und verkürzt die Schaltzeiten laut Markus Mackaldener, Chef der Getriebeentwicklung, auf rund 0,4 Sekunden, was fast eine Halbierung der aktuellen Zeiten wäre. Außerdem soll so der Ladedruck besser erhalten werden und das Schaltgefühl weicher ausfallen, was bei schweren Anfahrbedingungen und dem Beschleunigen in Steigungen auffallen dürfte. Auch die Assistenzsysteme optimiert Scania. Jetzt ist wieder etwas warten angesagt: Auf erste Fahreindrücke und die Preisliste. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Lkw ab 7,5 t www.verkehrsrundschau.de/dossiers Motoren: DC 13:- 370: folgt zum späteren Zeitpunkt- 410: 302 kW (410 PS) bei 1900/min. 2150 Nm bei 1000-1300/min.- 450: 331 kW (450 PS) bei 1900/min. 2350 Nm bei 1000-1300/min.- 500: 368 kW (500 PS) bei 1900/min. 2550 Nm bei 1000-1300/min.DC 16:- 520: 382 kW (520 PS) bei 1900/min. 2700 Nm bei 1000-1300/min.- 580: 427 kW (580 PS) bei 1900/min. 2950 Nm bei 1000-1350/min.- 730: 537 kW (730 PS) bei 1900/min. 3500 Nm bei 1000-1400/min.