Investition soll sich lohnen

Die Rückzahlungsklauseln zur Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen müssen verhältnismäßig seinInvestition soll sich lohnenInvestiert der Chef in sein Personal, erwartet er dafür bessere Arbeit. Ärgerlich, wenn ein Fortgebildeter kündigt. Wie korrekte Rückzahlungsklauseln helfen, Ärger zu vermeiden.A rbeitgeber und Mitarbeiter können eine Rückzahlungsvereinbarung treffen: Danach muss der Mitarbeiter die Fortbildungskosten zurückzahlen, wenn er nach einer teuren Fortbildung das Arbeitsverhältnis kündigt. Rückzahlungsvereinbarungen kennt die Personalpraxis schon seit Langem bei Gratifikationen. Aber auch bei Aus- und Fortbildungen ist ihre Zulässigkeit anerkannt. Mit ihnen scheint der Arbeitgeber zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Erstens bekommt er sein Geld für die „Fehlinvestition Fortbildung“ zurück. Zweitens stärkt die Rückzahlungspflicht die Bindung an den Chef. Ein Mitarbeiter überlegt zweimal, ob er zur Konkurrenz wechselt, wenn ihm dadurch finanzielle Belastungen entstehen. Doch eine solche Bindung von Mitarbeitern ist zeitlich begrenzt und muss im Verhältnis zur Investition des Arbeitgebers stehen. Denn grundsätzlich ist die freie Berufswahl grundrechtlich geschützt. Daher muss bei jeder einzelnen Rückzahlungsklausel geprüft werden, ob die Bindung noch im Verhältnis zu der Fortbildung steht. Will sich ein Chef also gegen „Fehlinvestitionen“ in der Mitarbeiterfortbildung absichern, muss er sich der Problematik von Rückzahlungsvereinbarungen frühzeitig stellen: Denn diese finden sich nicht nur in Einzel-, sondern auch in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen. Vorsicht ist bei Einzelvereinbarungen geboten: Wichtig ist in erster Linie, dass schon vor der Fortbildung eine klare Vereinbarung mit dem Mitarbeiter getroffen wird. Es muss für den Arbeitnehmer von Beginn an absehbar sein, zu welchen Bedingungen er nach einer Fortbildungsmaßnahme beschäftigt wird (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 18.3.2008, Aktenzeichen (Az.): 9 AZR 186/07).Angemessenheit prüfenAuch inhaltlich ist Vorsicht geboten: Bindet eine Klausel den Arbeitnehmer unzumutbar lange, ist sie unwirksam. Dann kann der Chef die Rückzahlung gerichtlich nicht durchsetzen. Allerdings bleibt die Frage, ab wann eine Bindung unverhältnismäßig lange ist. Unzulässig ist in jedem Fall eine Rückzahlungsverpflichtung, die unter Druck während der Fortbildung erzwungen wird. Ein Arbeitnehmer muss vor Beginn der Fortbildung auf alle Folgen, die sich für ihn aus der Vereinbarung ergeben, deutlich und unmissverständlich hingewiesen werden. Bei der Angemessenheit ist immer auch das konkrete Interesse der Vertragsparteien zu berücksichtigen. Dabei geht es um die Bindungsdauer (Richtwerte siehe Kasten), den Umfang der Fortbildung und die Höhe des Rückzahlungsbetrags. Auch die Abwicklung des Rückzahlungsanspruchs spielt eine Rolle. Die Gerichte prüfen, wem die Fortbildung unter dem Strich nutzt. Entsteht dem Mitarbeiter durch sie auf dem Arbeitsmarkt ein konkreter geldwerter Vorteil in Form einer beruflichen Verbesserung, sind Rückzahlungsvereinbarungen grundsätzlich zulässig. Hat er jedoch im Gegensatz zum Arbeitgeber kaum ein Eigeninteresse an der Fortbildung, kommt eine Rückzahlungsklausel kaum in Betracht. Dies gilt etwa für Schulungen zur Einarbeitung an einem neuen Arbeitsplatz. Beschränkt sich eine solche Schulung nur auf den konkreten Arbeitsplatz, etwa weil dort neue Maschinen eingeführt wurden, hat der Arbeitnehmer außerhalb des Betriebs keinen gesteigerten Marktwert. Gleiches gilt für Kurse, die vorhandene Kenntnisse nur auffrischen.Keine Rückzahlung bei zu langer Bindung Früher haben die Gerichte Rückzahlungsklauseln mit zu langer Bindungsdauer einfach auf das zulässige Maß zurückgeführt. Damals war es für den Chef noch ungefährlich, lange Bindungszeiten zu vereinbaren. Eine Gesetzesänderung (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz) hatte jedoch zur Folge, dass die Rechtsprechung nun solche Klauseln als insgesamt unwirksam ansieht. Ein Arbeitgeber kann bei einer unverhältnismäßig langen Bindung daher jetzt überhaupt keine Rückzahlung mehr verlangen (BAG, Urteil vom 14.1.2009, Az.: 3 AZR 900/07).Wem nutzt die Weiterbildung?Die Frage nach der Zulässigkeit von Rückzahlungsvereinbarungen erlangt durch das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz eine neue Aktualität. Nach diesem Gesetz müssen Berufskraftfahrer im Güterverkehr ab September 2009 eine Grundqualifikation sowie alle fünf Jahre einen Weiterbildungsnachweis erbringen. Wem nutzt nun diese Qualifikation eigentlich? Dem Arbeitgeber oder dem Fahrer? Zweck des Gesetzes ist eine Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr und der Fähigkeiten des Fahrers. Was gilt aber im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Die Weiterbildungsverpflichtung trifft zunächst nur die Fahrer. Doch auch Arbeitgeber haben ein Interesse an der Weiterbildung von Mitarbeitern. Denn sie dürfen in Zukunft nur noch qualifizierte Fahrer einsetzen. Daher haben beide Seiten Nutzen aus diesen Weiterbildungsmaßnahmen. Die Rechtsprechung stellt aber insbesondere darauf ab, ob dem Arbeitnehmer durch die Fahrer-Qualifizierungsmaßnahme auch außerhalb des Betriebs ein Vorteil entsteht. Dies wird man bei Weiterbildungen nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz wohl bejahen müssen. Denn ein qualifizierter Fahrer ist für ein anderes Transportunternehmen wertvoller als ein unqualifizierter. Daher spricht einiges dafür, dass Arbeitsgerichte Rückzahlungsvereinbarungen bei Weiterbildungen im Rahmen des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes grundsätzlich für zulässig erachten werden. Allerdings wird hinsichtlich der Bindungsdauer zu differenzieren sein: Dauert die Qualifizierung länger als zwei Monate, kommt eine Bindungsdauer von mehr als einem Jahr in Betracht. Ist sie kürzer, wie dies bei turnusmäßigen Weiterbildungen normalerweise der Fall ist, stellt sich die Frage, ob überhaupt wirksam eine Bindungsfrist vereinbart werden kann. In dieser Frage herrscht aufgrund der derzeitigen Rechtslage eine Rechtsunsicherheit, in der erst gerichtliche Entscheidungen für Klarheit sorgen werden. Bestimmte Abmachungen sind unzulässigZur Rückzahlung kann ein Arbeitnehmer aber auch nur in Grenzen herangezogen werden. Ausgeschlossen sind Abmachungen über die Rückzahlung von Ausbildungskosten in Berufsausbildungsverhältnissen und gleichgestellten Ausbildungsgängen. Ein Rückzahlungsanspruch scheidet auch aus, wenn der Kündigungsgrund ausschließlich in der Sphäre des Arbeitgebers liegt oder wenn der Arbeitnehmer zu Recht wegen vom Arbeitgeber gesetzter Gründe fristlos kündigt (z. B. wenn der Arbeitgeber über längere Zeit keinen Lohn gezahlt hat). Abgesehen davon ist eine ratenweise Zahlung bis zur Höhe der Fortbildungskosten vertretbar. Die Rückzahlungspflicht wird durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgelöst. Nicht nur die Kündigung des Arbeitnehmers, sondern auch ein auf Wunsch des Arbeitnehmers geschlossener Aufhebungsvertrag kann eine Rückzahlungspflicht begründen. Rückzahlungsklauseln, die auch im Falle einer betriebsbedingten Kündigung eine Erstattung vom Arbeitnehmer vorsehen, sind hingegen unwirksam.Fazit: Unter dem Strich hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, sich durch Rückzahlungsvereinbarung vor Fehlinvestitionen zu schützen. Aufgrund der komplexen Einzelfallrechtsprechung sollte er hierfür aber juristische Hilfe in Anspruch nehmen. ❙❚■ Thomas Koeppen ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Pflüger Rechtsanwälte in Frankfurt/Main. Er berät in Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.Die Gerichte setzen die Bindungsdauer ins Verhältnis zu Umfang und Dauer der Fortbildung und haben die folgenden Richtwerte entwickelt: Dauer der Fortbildung Zulässige Bindungsdauer bis zu 2 Monate maximal 1 Jahr 3 bis 4 Monate maximal 2 Jahre bis zu 6 Monate maximal 3 Jahre bis zu 12 Monate maximal 3 Jahre bis zu 16 Monate maximal 3 Jahre länger als 2 Jahre maximal 5 JahreWenn der Arbeitgeber Rückzahlungsklauseln gestaltet, sollte er sich an den oben genannten Vorgaben der Rechtsprechung orientieren. Gerichte gehen allerdings nur von Richtwerten aus und prüfen jeden Einzelfall gesondert. Die Richtwerte verschaffen also keine absolute Sicherheit. Ähnliche Richtwerte haben die Gerichte auch für Gratifikationsrückzahlungen vereinbart. So ist bei Gratifikationen unter 100 Euro keine Rückzahlungsvereinbarung zulässig, bei Gratifikationen zwischen 100 Euro und einem Monatsverdienst eine Bindungsdauer bis zu drei Monaten und bei Gratifikationen zwischen einem und zwei Monatsverdiensten eine Bindungsdauer bis zu sechs Monaten. koepp

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