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Interview: Warum ändert die IRU die Carnet-TIR-Regeln?

27.06.2016 10:46 Uhr
Interview: Warum ändert die IRU die Carnet-TIR-Regeln?
Christian Labrot ist IRU-Präsident und Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik
© Foto: VR/André Gieße

Zum 1. Juli treten Neuerungen bei den Regeln für Carnet TIR in Kraft. Was sich konkret ändert und wie sich das Verfahren in den nächsten Jahren entwickeln wird, erklärt IRU-Präsident Christian Labrot.

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Genf. Die Internationale Straßentransportunion IRU hat Ende vergangenen Jahres angekündigt, die Regeln für Carnet TIR zu reformieren. Zum ersten Juli 2016 treten diese Neuerungen in Kraft. Was sich konkret ändert und wie sich das Carnet-TIR-Verfahren in den nächsten Jahren entwickeln wird, erklärt Christian Labrot, der seit Anfang des Jahres an der IRU-Spitze steht. Die IRU repräsentiert mehr als 170 Mitgliedsorganisationen in über 100 Ländern. 

VerkehrsRundschau: Zum ersten Juli stehen grundsätzliche Änderungen beim Carnet-TIR-Verfahren an. Wie sehen die aus?
Christian Labrot: Im Kern haben wir zwei Änderungen. Erstens wird der Garantiebetrag von 60.000 auf 100.000 Euro erhöht. Außerdem reduzieren wir die Anzahl der Carnet-Varianten. Es gibt in Zukunft nur noch zwei Versionen – ein Sechs-Blatt-Carnet sowie ein 14-Blatt-Carnet.

Und wie sieht es bei den Preisen aus?
Die IRU-Abgabepreise werden noch wettbewerbsfähiger und zusätzlich vorerst bis Jahresende um jeweils fünf Schweizer Franken reduziert.

Warum gibt es in Zukunft nur noch zwei Versionen?
Der Hauptgrund ist die Vereinfachung. Die Vorratshaltung bei der IRU, den Verbänden und den Unternehmern wird dadurch übersichtlicher. In Verbindung mit dem günstigen Preis wollen wir natürlich das System auch noch attraktiver machen.

Thema Haftung: Haben die 60.000 Euro nicht mehr ausgereicht?
Für rund 90 Prozent der Transporte war die bisherige Grenze vollkommen ausreichend. Pro Carnet lag der Haftungsdurchschnitt der vergangenen Jahre bei circa 23.000 Euro. Aber die Erhöhung macht das Carnet flexibler und wettbewerbsfähiger und für den Zoll noch sicherer.

Probleme gab es in jüngster Zeit häufig bei Verkehren nach Russland – können die Änderungen da helfen?
Eher nicht. Die Probleme in Russland sind immer noch nicht voll gelöst – sie sind auch eher politischer Natur und liegen weniger im Einflussbereich der IRU. Wir brauchen den Handel, der durch die Sanktionen unterbunden ist. Nur dann gibt es auch wieder mehr Transporte.

Russland und Ukraine schwächeln aufgrund der Krise, auch in der Türkei wird das Carnet weniger genutzt. Wo gibt es noch Wachstum, in welchen Märkten spielt aus Sicht der IRU die Musik?
Spannende Märkte sind die Länder im Mittleren und Fernen Osten, China, Pakistan, Iran oder auch die Vereinigten Arabischen Emirate und Lateinamerika. Das wird dem alten Europa ebenfalls mehr Schub geben, da Straßentransporte mit vielen dieser Länder wachsen werden.

Bisher läuft alles noch auf Papier. Kommt die Digitalisierung auch beim Carnet-TIR-Verfahren?
Ja. Wir sind da intensiv dran. Das sogenannte E-TIR ist keine Illusion mehr. Derzeit läuft erfolgreich ein Test zwischen der Türkei und dem Iran, der in Kürze auch noch auf andere Länder ausgeweitet werden soll. Wir glauben, mit dem Pilotverfahren beweisen zu können, dass die elektronische Handhabung einfacher, sicherer und flexibler ist.

Können Sie eine Jahreszahl nennen, wann das E-TIR den Sprung vom Piloten in den normalen Betrieb geschafft hat?
Ich halte einen Zeithorizont von drei bis fünf Jahren für realistisch. Allerdings nicht für alle Länder, der Prozess zum E-TIR wird schrittweise vollzogen.

Sind die Änderungen zum 1. Juli nur ein Probelauf oder sind sie dauerhaft?
Die Neuerungen sind kein Test, sondern eine Grundsatzentscheidung. Sie gelten also dauerhaft – was natürlich Anpassungen in der Zukunft nicht ausschließt. Was aus heutiger Sicht Ende des Jahres ausläuft, ist der zusätzliche Nachlass auf die Carnet-Preise für die ausgebenden Verbände.

Das Interview führte Tobias Rauser, Chef vom Dienst der VerkehrsRundschau

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