Interview der Woche

Interview der WocheHätten Sie Probleme mit einem Mindestlohn?Ein Mindestlohn von 8,50 Euro, wie von Rot-Grün geplant und am 22. April für die Friseure bundesweit vereinbart – schreckt das Hermes? Nein, allerdings muss ein Mindestlohn immer auch an die Marktgegebenheiten angepasst werden. Das deutsche Brief- und Paketgeschäft zeichnet sich beispielsweise immer noch dadurch aus, dass dem Marktführer fiskalische und politische Vorteile eingeräumt werden und die Liberalisierung de facto nicht vollumfänglich umgesetzt wurde. Entsprechend sind die Marktbedingungen nicht für alle Marktteilnehmer gleich, was bei gesetzlich bestimmten Lohnhöhen also berücksichtigt werden muss. Noch besser wäre es aber, die Bundesnetzagentur würde einfach gleiche Bedingungen für alle KEP-Dienste durchsetzen. Im bundesweiten Schnitt erhalten die für Hermes tätigen Zusteller übrigens schon heute 8,50 Euro und mehr für ihre Arbeit. Schließlich wäre es anders gar nicht möglich, in Regionen wie München oder Stuttgart ausreichend Personal zu finden. Was halten Sie von den Verdi-Forderungen „zehn Euro Mindestlohn und Festanstellung wie bei der Post“? Verdi will sogar Tariflöhne in Höhe von 10,50 Euro für seine Mitglieder. Das ist auch völlig legitim, aber unrealistisch, da angesichts der erläuterten ungleichen Marktbedingungen eben auch unterschiedliche finanzielle Voraussetzungen bei den Branchenunternehmen bestehen. Aber ob Verdi oder die Politik: Es gilt, die Strukturen am Markt zur Kenntnis zu nehmen. Denn diese werden durch einen einzigen Anbieter geprägt, der nach wie vor von einer Umsatzsteuerbefreiung profitiert und sein Paketgeschäft mit Monopolgewinnen aus dem Briefmarkt quersubventioniert. Überall in der Logistikwelt wird über fehlenden Nachwuchs geklagt. Wie sieht das bei Hermes aus?Wir denken derzeit darüber nach, einen eigenen Ausbildungsbetrieb in Kooperation mit einem qualifizierten Anbieter aufzubauen, der etwa LKW-Fahrer ausbildet. Otto-Versand und Hermes: Gibt es daneben noch ein Drittgeschäft? 70 Prozent der von Hermes in Europa transportierten Pakete stammen von Drittkunden. Die weiteren 30 Prozent stellen wir für die Versender unseres Mutterkonzerns, der Otto Group, zu. Bedient werden aber alle gleich gut! Hermes-Fuhrpark: Testen Sie im Unternehmen auch in größerem Umfang alternative Antriebe? Wir testen prinzipiell alle Antriebsalternativen – traditionell. Dazu arbeiten wir etwa seit zehn Jahren beispielsweise schon mit Mercedes zusammen. ❙❚■ Clemens Finkbeiner, freier Journalist Nachgefragt bei Frank IdenDer Vorsitzende der Geschäftsführung der Hermes Logistik Gruppe hat unter anderem für TNT Express, Deutsche Post World Net und Prime-Mail gearbeitet. 2011 übernahm er seine heutige Position. um was es geht Lohn und Arbeitsbedingungen Mit der Bundestagswahl im September kommt auch das Thema Mindestlohn wieder auf die politische Agenda. SPD und Grüne fordern beispielsweise einen allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Betroffen davon sind auch die Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP). Insbesondere die Unternehmen GLS, DPD und Hermes standen hier im vergangenen Jahr wegen der Löhne und auch Arbeitsbedingungen in der öffentlichen Kritik. Die Gewerkschaft Verdi will deshalb Änderungen in den Beschäftigungsverhältnissen durchsetzen. ak

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