Stuttgart. Auf zahlreichen Bundesstraßen auch im Südwesten müssen Lastwagen künftig Maut bezahlen. Der Bundesrat hat am Freitag einen entsprechenden Beschluss des Bundestags gebilligt. Es geht um Strecken, die unmittelbar an Autobahnen anschließen, und länger als vier Kilometer sind. In Baden-Württemberg sind nach Angaben des Verkehrsministeriums 102,7 Kilometer auf Bundesstraßen von der neuen Regelung betroffen: Beispielsweise die B27 zwischen Filderstadt und Tübingen, die B28 zwischen Kehl und Appenweiher und die B10 zwischen dem Wörther Kreuz und Karlsruhe. Das gesamte Netz der vierspurigen Bundesstraßen im Land ist 575 Kilometer lang.
Speditionen und die Industrie in Baden-Württemberg kritisierten die Pläne. „Die neue Maut ist eine Belastung für Speditionen, die keinen Mehrwert hat. Die Systemkosten sind so hoch, dass in Baden-Württemberg mit wenigen betroffenen Strecken ohnehin nicht viel davon übrig bleiben wird“, sagte ein Sprecher der IHK Stuttgart und Region. Die Maut werde zu mehr Verkehr auf Landstraßen führen, ist sich der Sprecher sicher: „Das kann nicht zielführend sein.“
Der Arbeitgeberverband der Speditions- und Logistikbranche in Baden-Württemberg befürwortet zwar, dass die Einnahmen der Maut jetzt in den Straßenbau fließen sollen, bezweifelt aber, dass die Bundesstraßen-Gebühr ihre Ansprüche erfüllen kann. „Wir rechnen nicht damit, dass die neue Maut den Ausweichverkehr der Autobahnen eindämmen kann, denn in Baden-Württemberg fehlt es an einem leistungsfähigen Autobahnnetz. Unsere Spediteure müssen die Bundesstraßen weiter nutzen und erhebliche Mehrkosten in Kauf nehmen“, sagte ein Verbandssprecher der Nachrichtenagentur dpa.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) betonte, der Gesetzentwurf sei insgesamt gut, aber noch nicht ausreichend. Es könne nur „der erste Schritt sein“. Es drohe eine Verkehrsverlagerung auf mautfreie Straßen - und es müssten auch kleinere Lastwagen einbezogen werden.
Die FDP-Fraktion bezeichnete das als „Wunschträume des grünen Verkehrsministers“. Der Verbraucher werde durch die Maut weiter belastet, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Liberalen im Landtag, Jochen Haußmann. “Es soll wohl der oftmals umweltfreundlichste Transport per Lkw diskreditiert und abkassiert werden. Die Zeche würde der Verbraucher zahlen, auf den die Kostenerhöhungen abgewälzt werden.“
Bis Juli soll die Neuregelung in den Ländern unter Dach und Fach gebracht werden. Die Bundesregierung erhofft sich Mehreinnahmen von 100 Millionen Euro jährlich. Die Mittel sollen ausschließlich für Investitionen in Straßen verwendet werden. (dpa)