München. Manche Entscheidung hat Uwe Tettke (64) niemals bereut. Den Entschluss, als ehrenamtlicher Prüfer für die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern tätig zu werden, zählt der Geschäftsführer der GTS Tettke Spedition GmbH im oberbayerischen Geisenfeld ausdrücklich dazu. Seit rund 25 Jahren fährt er regelmäßig nach München und nimmt angehenden Güterkraftverkehrsunternehmern die gesetzlich vorgeschriebene Fachkundeprüfung ab. „Am Anfang wollte ich mich vor allem für mein Gewerbe einsetzen“, blickt der Logistikunternehmer zurück.
„Im Laufe der Jahre habe ich die Erfahrung gemacht, dass auch mein Betrieb von den Fragestellungen vieler Prüfungsaufgaben sowie von meinem Austausch mit anderen Prüfern profitiert.“ Auch Christiane Hasch (58) wollte Verantwortung für ihr Gewerbe übernehmen, als sie 2006 zum ersten Mal als Prüferin antrat. „Wir benötigen Unternehmer, die beim Markteintritt nicht gleich auf die Nase fallen“, sagt die langjährige Inhaberin des gleichnamigen Familienunternehmens in Wolfratshausen. „Die Fachkundeprüfung schafft hierfür die notwendige Voraussetzung.“
Marktzugang ist für Verkehrsunternehmen klar geregelt
Der Gesetzgeber hat den Marktzugang für Güterkraftverkehrsunternehmer klar geregelt. Wer Waren mit Nutzfahrzeugen über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht gegen Entgelt transportiert, benötigt eine Genehmigung der Verkehrsbehörden von Stadt oder Landkreis. Voraussetzung hierfür ist außer persönlicher Zuverlässigkeit und finanzieller Leistungsfähigkeit fachliche Eignung. Vor einem Prüfungsausschuss der IHK mit drei ehrenamtlichen Mitgliedern müssen angehende Verkehrsunternehmer diese nachweisen.
In schriftlichen und mündlichen Prüfungen werden Kenntnisse in mehreren Rechtsgebieten, Unternehmensführung, technischen Normen und Fahrzeugbetrieb, Straßenverkehrssicherheit und internationalen Verkehren abgefragt. Die Prüfungen selbst nehmen mittelständische Unternehmer wie Tettke und Hasch ab, der Gesetzgeber hat hierfür ehrenamtlich tätige Personen vorgesehen, welche die IHKs für bis zu sechs Jahre berufen.
IHK benötigt Unterstützung von aus der Transportwirtschaft
Jetzt suchen die Kammern dringend Unternehmer oder leitende Angestellte die sich für diese anspruchsvolle Aufgabe zur Verfügung stellen. „Ehrenamtliche Prüfer stellen sicher, dass ausschließlich qualifizierte Güterkraftverkehrsunternehmer in diesen schwierigen Markt eintreten“, hebt Eberhard Sasse, Präsident der IHK München und des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK), hervor. „Sie sorgen für praxisnahe Prüfungen, welche auch die hohen Anforderungen des Gesetzgebers widerspiegeln.“ Über 30 Termine mit durchschnittlich sechs Teilnehmern organsiert die IHK München und Oberbayern im Jahr. Bei anderen großen Kammern ist die Zahl ähnlich hoch.
Als Prüfer ist jeder willkommen, der sich über neue Entwicklungen in seiner Branche immer auf dem Laufenden hält und Geschick im Umgang mit Menschen beweist. Dies trifft im Grunde genommen auf jeden Unternehmer und Berufserfahrenen zu, der seinen Beruf ernst nimmt und Führungsqualitäten hat. „Von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit profitieren die Unternehmer auch im Berufsalltag“, versichert Sasse. Das können Tettke und Hasch nur bestätigen. Weil sie bei jedem Prüftermin mit anderen Unternehmern in Kontakt kommen, können sie Netzwerke aufbauen und sich über Branchenneuerungen informieren oder Tipps für den Berufsalltag holen.
So läuft ein Prüfungstag bei der IHK ab
So automatisierte Tettke die Kontrollen der Fahrerkarten und verschärfte die Anforderungen für Gefahrguttransporte. Andere Unternehmer lernten auf Prüfterminen sogar neue Geschäftspartner kennen. Jeder Unternehmer legt die Zahl der Prüftermine, die er wahrnimmt, selbst fest. Der Ablauf eines Prüfungstags ist klar gegliedert. Wenn Tettke und Hasch in der IHK eintreffen, läuft der erste Teil der zweistündigen schriftlichen Prüfung häufig bereits. Die Prüfaufgaben hat die IHK ausgewählt. Mit den zwei anderen Prüfern übernehmen beide Unternehmer die Aufsicht und beginnen mit den Korrekturen derjenigen Arbeiten, die bereits abgegeben worden sind. Kurz nach 10 Uhr startet nach einer Pause der zweite Teil der schriftlichen Prüfung, der ebenfalls zwei Stunden dauert.
Weil spätestens um 14 Uhr die mündlichen Prüfungen beginnen, müssen alle schriftlichen Arbeiten sofort korrigiert werden. Wenn die Teilnehmer deren beide Teile bestanden haben, aber ihr Wissen erhebliche Lücken aufweist, müssen sie an der mündlichen Prüfung teilnehmen. Rund eine halbe Stunde lang stellen in der Regel zwei Prüfer Fragen, der dritte protokolliert. Anschließend beraten die drei Prüfer über die Ergebnisse. „Wir sind uns fast immer nach ungefähr 15 Minuten einig“, sagt Tettke.
Manchmal wird eine Prüfung auch vorzeitig beendet, wenn alle Prüfer von den Kenntnissen des Kandidaten überzeugt sind. „Hier treten gut eingespielte Teams an“, bestätigt Hasch. Das ist auch deshalb notwendig, weil die Nachfrage nach Fachkundeprüfungen in manchen Zeiten stark ansteigt. Vor wenigen Jahren meldeten sich auffallend viele Gründer von Umzugsunternehmen, welche auch Möbel mit Fahrzeugen über 3,5 Tonnen transportieren wollten. Jetzt nehmen zahlreiche Landwirte und ihre Lohnunternehmer teil, welche auf Grund einer neuen Rechtsregelung die Fachkundeprüfung für land- und forstwirtschaftliche Transporte ablegen müssen. Auch deshalb suchen die IHKs dringend neue Prüfer.
Weitere Informationen finden Interessenten auf der Internetseite der IHK München und Oberbayern.