Berlin/Davos. Auch im Zeitalter sozialer Medien und künstlicher Intelligenz streben Jugendliche in den Mitgliedsländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kaum Tätigkeiten an, die mit der Digitalisierung entstanden sind. Das geht aus der neuen, auf PISA-Daten beruhenden OECD-Studie "Dream Jobs: Teenager’s career aspirations and the future of work" hervor. Auf die Frage, welchen Beruf sie mit 30 Jahren erwarten auszuüben, nennen 15-Jährige in OECD-Ländern demnach vor allem etablierte Berufe.
Von der Schule in die Arbeitswelt
Konkret nannten in der aktuellen PISA-Erhebung 47 Prozent der Jungen und 53 Prozent der Mädchen einen von zehn besonders häufig genannten Berufen, wie Ärztin, Lehrer, Polizist oder Unternehmensmanagerin. Damit hat sich die Fokussierung auf wenige Berufe seit PISA 2000 noch um einige Prozentpunkte erhöht. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz lässt sich eine verstärkte Fokussierung beobachten, allerdings sind die beruflichen Ambitionen hier deutlich diverser als im Durchschnitt: Nur etwa vier von zehn Schülern nannten einen der zehn am häufigsten genannten Berufe. In diesen Ländern hat sich vermutlich bewährt, dass Schulen frühzeitig Kontakte in die Arbeitswelt vermitteln, schlussfolgern die Studienmacher.
Falsche Vorstellungen vom nötigen Bildungsweg
Auch präge die soziale Herkunft der Schüler ihre beruflichen Erwartungen stark. Leistungsstarke Schüler aus privilegierten Verhältnissen nannten im Schnitt viermal häufiger ambitionierte und mit höherer Bildung verbundene Berufsziele als Schüler mit vergleichbaren Leistungen aus benachteiligten Verhältnissen. Schüler aus benachteiligten Verhältnissen hatten auch wesentlich häufiger eine falsche Vorstellung von dem für ihren anvisierten Beruf notwendigen Bildungsweg.
Duale Ausbildung bietet gute Perspektiven
In Deutschland und Österreich fällt auf, dass besonders viele leistungsstarke Schüler trotz ihrer schulischen Erfolge keine tertiäre Ausbildung anstreben. Hier mag eine Rolle spielen, dass in diesen Ländern auch die duale Ausbildung als gute Karriereperspektive wahrgenommen wird, so die OECD. Auffällig sei außerdem, dass sich die Berufsvorstellungen zwischen den Geschlechtern weiterhin deutlich unterscheiden. Jungen, die bei PISA in Mathematik und Naturwissenschaften gut abschnitten, interessierten sich weit häufiger für einen Beruf im Bereich Naturwissenschaften oder Ingenieurwesen als Mädchen. Mädchen, die hier gut abschnitten, visierten häufiger eine berufliche Zukunft im Gesundheitswesen an.
Viele Jobs entfallen durch Digitalisierung
Zu denken gibt den Studienmachern, dass viele der genannten Berufe nicht nur traditionell, sondern möglicherweise schon bald nicht mehr zeitgemäß sind. Die OECD geht davon aus, dass 39 Prozent der genannten Berufe dem Risiko unterliegen, in zehn bis 15 Jahren durch Automatisierung wegzufallen. In Deutschland, Griechenland, Japan, Litauen und der Slowakischen Republik sehe man dieses Risiko bei über 45 Prozent.
Berufsberatung und Jobmessen immer wichtiger
Entsprechend wichtig sei es, Schülern frühzeitig ein Bild vom Wandel des Arbeitsmarkts zu vermitteln, etwa durch Praktika und andere Kontakte in die Berufswelt, Berufsberatung oder den Besuch von Jobmessen, so die Experten. Positiv sei, dass solche Aktivitäten heute häufiger stattfinden als noch vor 15 oder 20 Jahren. Dass dennoch nicht einmal 40 Prozent der befragten 15-Jährigen angeben, bereits eine Jobmesse besucht oder ein Praktikum absolviert zu haben, verdeutliche den Bedarf, entsprechende Aktivitäten auszuweiten.