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Huster: "Die Branche muss Zugeständnisse machen"

02.02.2016 12:50 Uhr
Huster: "Die Branche muss Zugeständnisse machen"
Distanziert sich ausdrücklich von Unternehmen, die Profit schlagen aus einer unklaren Rechtslage, die zu
einer Ausbeutung von Fahrern führt: DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster
© Foto: VR/Kornelia Danetzki

Der DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster erklärt im Interview, was aus Sicht des Verbandes gegen Dumping im Straßengüterverkehr getan werden müsste.

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München. Das Thema Dumping im Straßengüterverkehr sorgt für hitzige Debatte und Unruhe in der Transport- und Logistikbranche. Ein Interview mit dem Hauptgeschäftsführer des DSLV (Deutsche Speditions- und Logistiverband), Frank Huster, über Ursachen des Problems und wie man es bekämpfe sollte.

VerkehrsRundschau: Nimmt der Dumpingwettbewerb im Straßengüterverkehr zu?

Frank Huster: Es wäre zunächst zu prüfen, wann von Dumping in einem intensiven Wettbewerb gesprochen werden kann, deshalb ist unklar, ob man von einem zunehmenden Dumping sprechen kann. Was zunimmt ist der Anteil ausländischer Unternehmer am grenzüberschreitenden Transport, und dadurch ist eine Bewegung im Preisgefüge zu erkennen. Je höher der Anteil ausländischer Unternehmen am grenzüberschreitenden Verkehr ist, desto mehr stehen die Preise unter Druck. Doch wäre der Rückschluss falsch, dass ausländische Anbieter grundsätzlich zu Dumpingpreisen anbieten. Denn günstigere Kostenstrukturen sind nicht immer gleich Dumping. Und dass Marktteilnehmer mit günstigen Preisen versuchen, einen Markt zu erobern, ist auch unter deutschen Unternehmen zu beobachten und ein legitimes Vorgehen.

Werden die Vorwürfe aus dem Kreise ihrer Mitglieder lauter, dass Unternehmen mit illegalen Dumpingpraktiken versuchen, sich im Markt zu behaupten?

Nein, lauter werden die Vorwürfe nicht unbedingt. Es gibt einen spürbaren Anteil von Anbietern auf dem Transportmarkt, die Kostenvorteile erzielen, weil sie ihre Flotten und Fahrer so disponieren, dass diese ihren heimatlichen Stützpunkt im Ausland über einen längeren Zeitraum nicht erreichen. Und das Phänomen besteht schon lange.

Was sollte man dagegen tun?

Den Schrei nach schärfen Gesetzen halte ich für eine Ausdruck der Ohnmacht. Denn mit der bestehenden Gesetzgebung könnte man Verstöße gegen Kabotage- und Ruhezeitvorschriften eindämmen. Es ist eine Frage von Kontrolle und Vollzug. Und wenn die Kontrollbehörden nicht über Kapazitäten verfügen, Regelverstöße aufzudecken und zu ahnden, muss die Politik dafür sorgen, dass die Kontrollorgane besser ausgestattet werden.

Gilt das auch für das Problem, dass Fahrer aus Osteuropa ihre vorgeschriebenen Wochenruhezeiten im Lkw verbringen und monatelang nicht nach Hause kommen?

Die Regelung zu den Wochenruhezeiten ist im europäischen Kontext leider nicht eindeutig. Die Folge ist, dass Staaten wie Frankreich und Belgien nationale Vorschriften verschärfen. Durch solche Insellösungen wird das Problem in andere Staaten verlagert, die dann ihrerseits über Nachbesserungen nachdenken. Wir würden es für sinnvoller halten, wenn das europäische Regelwerk dazu eine klare Aussage trifft.

In Deutschland ist eine Veränderung des Fahrpersonalgesetzes geplant. Warum ist der DSLV damit nicht einverstanden?

Die geplante Änderung wäre eine Verschärfung, die über das Ziel hinausgeht. Wenn der Fahrer die vorgeschriebene Ruhezeit nicht nur nicht im Fahrzeug verbringen darf, sondern in einem fest vorgegebenen Rhythmus in seinem Heimatort verbringen muss, ist das eine zu starre Regelung, da sie weder die Prozesse der Logistik noch die tatsächlichen Bedürfnisse der Fahrer ausreichend berücksichtigt. Eine europäisch verbindliche Regelung benötigt mehr Spielraum, wie ein Fahrer seine regelmäßige Wochenruhezeit verbringt. Wobei ich klarstellen möchte: Der Fahrer muss das Recht haben, regelmäßig in seine Heimat zurückzukehren. Das ist auch im Sinne der Unternehmen, weil diese ansonsten langfristig die größten Schwierigkeiten haben werden, Menschen für den Fahrerberuf zu begeistern. Aber mit einem apodiktischen Festhalten an starren Regeln ist auch dem Fahrer nicht immer gedient.

Eine Regelung, die die Beendigung des Nomadentums zum Ziel hat, wird aber zu höheren Kosten führen.

Wenn man die Fahrersituation verbessern will, wird das Geld kosten. Die Branche muss Zugeständnisse machen, wenn sie qualifizierte Menschen für diesen Beruf anwerben will. Der DSLV distanziert sich von Unternehmen, die Profit schlagen aus einer unklaren Rechtslage, die zu einer Ausbeutung von Fahrern führt. Wichtig ist aber auch, dass die Gesetzgebung die komplexen Zusammenhänge von Logistik- und Dispositionsstrukturen begreift. Den richtigen Grad der Flexibilität zwischen Fahrerschutz und den realen Anforderungen der arbeitsteiligen Logistik in einem Gesetz zu verankern, wird eine große Herausforderung.

Ist zu befürchten, dass die osteuropäischen Staaten eine Verschärfung der bestehenden Gesetze auf EU-Ebene ablehnen werden?

Ja, die Gefahr besteht, dass sich die osteuropäischen Staaten gemeinsam eine Blockadehaltung einnehmen. Sie wollen natürlich die Strukturen, die ihnen Arbeitsplatze und Einnahmen sichern, nicht auflösen. Aber so funktioniert die EU: Man muss miteinander reden, verhandeln und sich dann auf einen Kompromiss verständigen, bei dem dann wahrscheinlich beide Seiten Zugeständnisse machen müssen.

Das Interview führte VerkehrsRundschau-Redakteur Michael Cordes

Eine ausführliche Titelgeschichte zum Thema Dumping im Straßengüterverkehr können Sie in der aktuellen VerkehrsRundschau 3-4/2016, Seite 22 lesen oder im E-Paper der VerkehrsRundschau.

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