München. Das Thema Dumping im Straßengüterverkehr schlägt immer höhere Wellen. Viele Unternehmen, Verbände und Gewerkschaften beklagen, dass die Dumpingpraktiken zunehmen. Im Fokus stehen vor allem die illegale Kabotage, die Fahrer vor allem aus Osteuropa, die monatelang im Lkw unterwegs sind, und Verstöße gegen die Mindestlohn-Regelungen.
Dem Beispiel Österreich zur Bekämpfung der illegalen Kabotage folgen
Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), verweist zur Eindämmung der illegalen Kabotage auf das Beispiel Österreich: "Die haben mehr oder minder stillschweigend ein Melderecht für Kabotage eingeführt," sagt er. Laut Schmidt müssen der österreichischen Finanzpolizei eine Woche vor dem Kabotagetransport das Fahrzeug und der Fahrer gemeldet werden. Der Fahrer müsse Lohnunterlagen in deutscher Sprache mitführen, damit die Kontrolleure prüfen könnten, ob der in Österreich geltende Mindestlohn auch eingehalten werde. "Zugleich ist dies ein effektives Instrument, um die illegale Kabotage besser in den Griff zu bekommen", ist Schmidt überzeugt.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV), Frank Huster, hält hingegen den Schrei nach schärfen Gesetzen "für einen Ausdruck der Ohnmacht". "Mit der bestehenden Gesetzgebung könnte man Verstöße gegen Kabotage- und Ruhezeitvorschriften eindämmen. Es ist eine Frage von Kontrolle und des Vollzugs", sagt Huster. Und wenn die Kontrollbehörden nicht über Kapazitäten verfügen, Regelverstöße aufzudecken, müsse die Politik dafür sorgen, dass die Kontrollorgane besser ausgestattet werden. Er plädiert aber auch dafür, dass bezüglich der Wochenruhezeit das europäische Regelwerk eine klare Aussage trifft.
DSLV veröffentlicht eine Positionspapier zu Dumping im Straßengüterverkehr
Wie ernst der DSLV das Thema Dumping nimmt, wird daran ersichtlich, dass der Verband an einem Positionspapier zu sozialen Missständen und illegalem Verhalten im Straßengüterverkehr arbeitet, das in den kommenden Tagen erscheinen soll. Darin warnt der Verband davor, rechtswidriges Verhalten mit etablierten Prozessen des internationalen, arbeitsteiligen Güterverkehrs in Europa gleichzusetzen.
BAG kontrolliert weniger Lkw
In Deutschland ist das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) die wichtigste Kontrollinstanz im Straßengüterverkehr. Die Kölner Behörde will den Vorwurf, zu wenig zu kontrollieren, zwar so nicht gelten lassen. Die aktuellsten Zahlen zeigen allerdings das Gegenteil: Insgesamt prüfte der Straßenkontrolldienst der Behörde im vorletzten Jahr rund 506.000 Fahrzeuge - das sind gut 16,5 Prozent weniger als noch 2012.
240 BAG-Kontrolleure sind derzeit auf deutschen Autobahnen im Einsatz - genauso viele wie in den Jahren zuvor. Obwohl von einem Personalrückgang keine Rede sein kann, nimmt das BAG also inzwischen deutlich weniger Lkw unter die Lupe als früher. Dies sei der zunehmenden Komplexität der Kontrollen geschuldet, erklärte ein BAG-Sprecher. Den immer gewiefteren Tricksern auf die Schliche zu kommen, erfordere mehr Zeit.
SPD fordert mehr Kontrollpersonal
Eine klare gesetzliche Regelung allein kann die Probleme im Straßengüterverkehr aber nicht lösen. "Wir brauchen bedeutend mehr Personal für das BAG, den Zoll und die Polizei, um effektivere Kontrollen durchführen zu können", fordert Lühmann. Es gehe hier nicht nur um die Ruhezeiten, sondern auch um die Einhaltung des Mindestlohns und den Kampf gegen illegale Kabotage. Oft seien die Kontrollbehörden aufgrund der Datenlage jedoch gar nicht in der Lage, illegale Kabotage zu erkennen, erklärt Lühmann. Die SPD prüft daher derzeit den elektronischen Frachtbrief, wie er in der internationalen Schifffahrt verwendet wird.
Wie die Verbände das Thema beurteilen, können Sie in zwei ausführlichen Interviews mit dem BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt und DSLV-Hautgeschäftsführer Frank Huster nachlesen.
Weitere Hintergründe zu dem Thema finden Sie zudem in der Titelgeschichte VR 3-4/2016, Seite 22 oder im E-Paper. (cd)