High-Tech auf den zweiten Blick

Nach High-Tech klingen Regale und Kisten nicht unbedingt: In den grauen Plastikwannen oder auf den stählernen Konstruktionen liegen Waren. Aber nur auf den ersten Blick. Denn wer genau hinsieht, entdeckt, dass in manchen der Lagerhelfer eine Menge neuer Ideen und clevere Technik steckt. Diese Technik hilft, wenn es eng wird im Lager und der Platz für neue Paletten ausgeht. Statt eines Anbaus kann eine verfahrbare Regalanlage die Lösung sein. Eine konventionelle Palettenregalanlage mit acht Regalen, vier Gassen und Staplerbedienung bringt auf 800 Quadratmetern Grundfläche gut 1000 Paletten unter. "Eine verfahrbare Regalanlage kommt dagegen mit 450 Quadratmetern Fläche aus", rechnet Peter Kerth, Leiter des Produktmanagements bei Bito-Lagertechnik, vor. Die Bediengänge verwandeln sich in Lagerfläche, denn bei dem Konzept kommen die acht Regale mit einer Gasse aus, in der die Mitarbeiter Waren ein- und auslagern. Die aktuell nicht benötigten Regale werden von Elektromotoren zusammengefahren und damit verdichtet. Das Problem: Ist ein solcher Regalwagen ungleichmäßig beladen, kann das Regal auf der schwereren Seite langsamer laufen und sich im schlimmsten Fall in den Führungsschienen verkanten. Sensoren sorgen für den Geradeauslauf Zudem steigt beim Schieflaufen der reibungsbedingte Verschleiß an Rädern und Schienen. "Für dieses Phänomen haben wir das verfahrbare Paletten- und Kragarmregal Pro-Mobile-Synchro entwickelt", sagt Kerth. Sensoren messen während der Fahrt Abweichungen zwischen den Regalenden. Entdecken sie eine Differenz von zwei Millimetern, greift die aktive Abstandsregelung ein und bremst das vorauseilende Ende ab, sodass der Wagen stets parallel in den Schienen läuft. Mit der Technologie seien Regale von bis zu 40 Metern Länge möglich. Ab 20 Metern stattet Bito seine verfahrbaren Regale serienmäßig mit dem System aus. "Das Problem ist vor allem bei langen Anlagen relevant", weiß Kerth. Ohne eine solche Technologie verkompliziert sich die Einlagerung: Mitarbeiter und Lagerverwaltungssystem müssen die Paletten so in den Regalfächern verteilen, dass die Wagen gleichmäßig mit Gewicht belastet sind. Mit der Regelung können sie die Waren gewichtsunabhängig nach logistischer Sinnhaftigkeit verteilen: Schnelldreher am Zeilenanfang, Langsamdreher am Zeilenende, das spart Staplerfahrzeiten. Die Rolle denkt mit Bei Hager Papprint ist eine solche Anlage bereits im Einsatz. Auf den 30 Meter langen Wagen lagert der Verpackungshersteller Faltkartonagen. Ein Wagen trägt dabei eine Last von bis zu 100 Tonnen. "Mit dieser Anlage können wir nun wesentlich flexibler unsere Waren ein- und auslagern", sagt Thomas Wirbel, Geschäftsführer bei Hager Papprint. Die höheren Kosten für die Distanzkontrolle würden sich zudem "schnell" aufgrund der längeren Lebensdauer amortisieren. Aber auch für klassische Palettendurchlaufregale hat der Lagereinrichter aus dem rheinland-pfälzischen Meisenheim neue Ideen parat. Vor allem, wenn es darum geht, empfindliche Waren einzulagern. Im Palettendurchlaufregal rollen die Paletten über geneigte Schwerkraftrollenbahnen von der Beschickungs- bis zur Entnahmeseite. Werden hochwertige oder leicht zu beschädigende Produkte mit diesem Lagersystem gehandhabt, können sie zu Bruch gehen, denn die Paletten rollen im Kanal aufgrund der Neigung der Rollenbahnen gegeneinander. Die Gefahr ist besonders dann vorhanden, wenn die Ware über die Palette hinausragt. Mit dem neuen Pro-Flow-Active-System setzt der Lagerspezialist statt auf die üblichen Bremsrollen auf eine intelligente, motorisch angetriebene Rolle für jeden Palettenplatz. Diese unterstützt die Palette beim Anlaufen und bremst sie im Kanal ab. Zusammenstöße und Beschädigungen sind damit ausgeschlossen. Zudem kommen so auch Ladungsträger, die nicht mehr 1A sind, in Bewegung und verstopfen den Kanal nicht. "Mit den Active-Rollern können wir außerdem die Neigung des Kanals von vier Prozent auf zwei Prozent senken", erklärt Produktmanager Kerth. Das macht die Durchlaufregale platzsparender. Durch die geringere Neigung lasse sich häufig eine weitere Lagerebene realisieren. Das System eignet sich für Paletten von 50 bis 1500 Kilogramm. Auf leisen Sohlen über die Rollenbahn Rollen und Lärm gehen oft miteinander einher. Vor allem, wenn nicht Paletten durch Durchlaufregale zuckeln, sondern wenn Kisten in Automatiklagern über Rollenbahnen rattern. Damit soll die neue Bitobox XL Motion Schluss machen. Ein zehn Zentimeter breiter, glatter Umlaufboden sorgt zusammen mit einer elastischen Anstoßkante für Ruhe. Laut Kerth verursacht die Box einen Lärmpegel von 63 Dezibel (dB). Kisten mit Doppelböden kämen dagegen auf 67 bis 72 dB, mit Rippenböden auf 68 bis 77 dB und der VDA-Kleinladungsträger (KLT) auf über 80 dB. Bei einer Demonstration war die neue Box in der Tat hörbar leiser als eine Vergleichskiste mit konventionellem Boden. Zudem seien durch den breiteren Boden und den Verzicht auf den Euronorm-Stapelfuß Einsparungen beim Stahlbau möglich, da kürzere Auflageflächen für die Box benötigt werden. Das könne sich bei größeren Anlagen schnell zu einem erheblichen Betrag summieren, so Kerth. Technik-Check Regalbediengerät oder Shuttle-System? Bei neuen automatischen Kleinteilelagern (AKL) werden heute etwa 20 Prozent der Anlagen mit Shuttle-Systemen statt Regalbediengeräten ausgestattet, so Michael Fritz, Bereichsleiter automatisierte Läger bei Bito.- Da Shuttle-Anlagen modular und skalierbar sind, eignen sie sich für Unternehmen mit schnell wachsendem Lagerbedarf mit unterschiedlichen Produkten.- Bei kombinierten Anlagen mit Shuttle und Regalbediengerät (RGB) kommen die RGB mit ihren 100 Doppelspielen pro Stunde oft im Vorratslager zum Einsatz, während in den übrigen Bereichen Shuttle mit bis zu 1000 Spielen pro Stunde ein- und auslagern. sv

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