Herausforderungen des Kombinierten Verkehrs

In Kürze Wie steht es aktuell um den Kombinierten Verkehr und wo soll in Zukunft die Reise hingehen? Darüber diskutierten Branchenvertreter Anfang November in Berlin. "Kinderschuhe oder Krückstock - was braucht der KV?" Mit dieser Frage eröffnete Clemens Bochynek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Studiengesellschaft für den Kombinierten Verkehr (SGKV), den 8. SGKV-Terminal-Tag in Berlin. Mit seinen Ausführungen machte er schnell deutlich, dass der Kombinierte Verkehr (KV) mit einem Anteil von 40 Prozent - Tendenz weiter steigend - an der Verkehrsleistung des gesamten Schienengüterverkehrs (SGV) seinen Kinderschuhen seit geraumer Zeit entwachsen ist. Obwohl die Erweiterung von länderübergreifenden multimodalen Lieferketten nach wie vor hohe Potenziale birgt, stehen die Akteure im KV weiterhin vor großen Herausforderungen. Einer der Gründe dafür ist der Bedarf an höheren Netzkapazitäten für mehr Verlässlichkeit auf der Schiene. Vor allem aber braucht es laut den Branchenvertretern eine KV-Strategie auf EU-Ebene mit klar definierten Zielen. Da der KV nicht als Insel betrachtet werden kann, sondern nur im Austausch mit den europäischen Nachbarländern eine Wachstumschance hat, lag ein Fokus der Veranstaltung auf dem länderübergreifenden Branchenaustausch. Claudia Nemeth, Abteilungsleiterin Güterverkehr im österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), teilte in ihrer Keynote den Stand der aktuellen Entwicklungen und Maßnahmen im österreichischen KV-Segment. "Optimale Transportketten" stellen für die BMK-Referentin lange Strecken auf der Schiene mit Vor- und Nachlauf auf der Straße dar. Als umweltfreundliche, sichere und effiziente Alternative zur Straße wird auch in Österreich eine Verlagerung auf die Schiene angestrebt. Eine besondere Rolle nimmt dabei der KV ein, der die Vorteile der einzelnen Verkehrsträger miteinander verknüpft. Laut Statistischem Amt der Europäischen Union (Eurostat) wurden im Jahr 2021 in Österreich 68 Prozent des Transportaufkommens auf der Straße abgewickelt. Während 30 Prozent der Transporte auf der Schiene stattfanden, wurden zwei Prozent auf dem Verkehrsträger Binnenschiff bewegt. Mit dem 30-prozentigen Marktanteil der Schiene stehe Österreich zwar gut da, merkte Nemeth an, die Schweiz performe auf der Schiene mit 34 Prozent jedoch noch besser. Mit weniger als 20 Prozent auf der Schiene liegen sowohl Deutschland als auch die EU deutlich darunter. Mit einem Modal-Split-Anteil von sieben Prozent bei der Binnenschifffahrt erbringt Deutschland im Vergleich zu seinen Nachbarländern hingegen eine vergleichsweise gute Leistung auf der Wasserstraße. Während die EU noch sechs Prozent im Binnenschifffahrtsbereich vorweisen kann, liegt der Anteil in Österreich nur bei zwei Prozent. Straße wächst schneller Die Entwicklung des Kombinierten Verkehrs in Österreich gestaltet sich, wie man es auch in Deutschland beobachten kann, trotz der 30 Prozent auf der Schiene als eher schwierig. Wirft man einen Blick auf den Zeitraum zwischen 1980 und 2020, nehmen die Tonnenkilometer auf der Schiene zwar kontinuierlich zu, in der Modal-Split-Entwicklung lässt sich bei den Tonnenkilometern auf der Schiene jedoch insgesamt ein Rückgang verzeichnen. Das liegt unter anderem daran, dass der Transport auf der Straße in den vergangenen 40 Jahren um einiges schneller wuchs - eine Entwicklung, die auch weiterhin zunimmt. "Trotz aller Bemühungen und Fördermaßnahmen, die teilweise schon viele Jahrzehnte in Österreich greifen, geht es nicht in die Richtung, in die man sich eigentlich bewegen möchte", merkt Nemeth an. Als kritisch erachtet sie daher die Zunahme des Bahnstrom-Energiepreises von 2022 auf 2023 um beachtliche 195 Prozent und eine damit verbundene Rückverlagerung von der Schiene auf die Straße. KV-Transportaufkommen steigt Ralf Bammerlin, Referatsleiter für Güterverkehr und Logistik im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), hob in seinem Vortrag ebenfalls die Vorteile des multimodalen Güterverkehrs und die dafür notwendige grenzüberschreitende Kooperation hervor. Auch wenn der KV derzeit einen leichten Rückgang verzeichne, müsse dieser Bereich weiterhin ausgebaut und gefördert werden. "Unsere Langfrist-Prognose bestätigt für Deutschland ein Verkehrswachstum, das auch weiterhin zu großen Teilen sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene stattfinden wird", so Bammerlin. "Interessant ist, dass der Kombinierte Verkehr den Großteil des Wachstums auf der Schiene ausmacht, denn dieser steigt laut Prognosen in seinem Transportaufkommen um 73 Prozent." Eine zunehmende Verknüpfung der Verkehrsträger sei dringend nötig, denn die vom BMDV erwarteten veränderten Gütergruppen werde Deutschland nur mittels KV auf die Schiene bekommen. Ein einfaches "Weiter so wie bisher" ist aus seiner Sicht nicht mehr zeitgemäß. Auch in Deutschland solle der KV daher mittels gesonderter Freiheiten eine attraktivere Option für Akteure im Transportgeschäft werden, damit er auch genutzt wird. Kritisch verweist Bammerlin dabei auf die digitale Kontrollinstanz, durch die bestimmt werden soll, wann es sich um einen KV-Transport handelt und wann nicht: "Wenn wir letztendlich einen riesigen Aufwand haben nur dafür, dass wir eine Definition von KV, jedoch keinen einzigen Container umgeladen haben, wäre das schlecht." Mehr Förderung notwendig Im Rahmen einer Panelrunde diskutierten die geladenen Redner Markus Krämer (HGK Logistics and Intermodal), Yvonne Bounin (DB Netz), Felix Kunath (Gruber Logistics), Paul Kroneberger (CFL Terminals) und Claudia Nemeth (BMK) die Herausforderungen, aber auch Lösungsvorschläge für einen langfristig wettbewerbsfähigen Kombinierten Verkehr. Mit dem gemeinsamen Ziel, Emissionen zu sparen und Lieferketten resilienter zu gestalten, waren sich die Panelisten einig, dass der KV auch seitens der Unternehmen mehr gefördert werden müsse. Mit der Generalsanierung der Hochleistungskorridore ab 2024 möchte die Deutsche Bahn einen Beitrag zur Erreichung dieses Vorhabens leisten, so Bounin. Auch wenn die anstehenden Sanierungsarbeiten viele Transportunternehmen im geplanten Zeitraum vor signifikante Herausforderungen stellen, wie Kroneberger kritisch anmerkte, hob Krämer hervor: Nicht sanieren und somit die Kapazitäten nicht erweitern sei auch keine Lösung. Kunath von Gruber Logistics sprach sich im Panel ebenfalls für die Potenziale des KV aus, auch wenn der Kostenfaktor für die Kunden seiner Erfahrung nach noch immer im Vordergrund steht. Gerade hier muss seiner Meinung nach Überzeugungsarbeit in der Branche geleistet werden. Um die vielseitigen Vorteile der multimodalen Lieferketten gewährleisten zu können, müsse der KV jedoch noch verlässlicher werden.

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