Berlin. Mehrere Vertreter der deutschen Güterverkehrswirtschaft haben das Konjunkturpaket der Großen Koalition zur Bewältigung der Corona-Krise begrüßt. Kernpunkte des 130-Milliarden-Pakets sind unter anderem die Senkung der Mehrwertsteuer, Kaufprämien für Lkw und weitere Überbrückungshilfen für notleidende Unternehmen. Die Stellungnahmen der einzelnen Verbände und Vereinigungen für Sie im Überblick:
AMÖ, BGL und BWVL sind optimistisch
Grundsätzlich positiv bewerten die Transport- und Logistikverbände AMÖ, BGL und BWVL das von der Bundesregierung beschlossene Konjunkturpaket. „Die Branche wird davon profitieren“, sagten die Geschäftsführer Dierk Hochgesang, Dirk Engelhardt und Markus Olligschläger einmütig. Die Beschlüsse folgen in wichtigen Teilen den Forderungen der drei Verbände, die sie in vergangene Woche an die Regierungskoalition formuliert hatten.
Die Verbände begrüßten vor allem die beschlossenen Steuererleichterungen und die Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent als wichtige Entscheidung für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Ob die temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer den gewünscht starken Impuls zum Hochlauf der Konjunktur erzielen könne, bleibt abzuwarten, betonten sie.
Kritisch, weil unter Brüsseler Entscheidungsvorbehalt stehend, erscheint AMÖ, BGL und BWVL das angedachte Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge: „Im Tausch für Euro 6-Lkw gilt es vor dem Hintergrund des Green Deal noch sehr dicke Bretter zu bohren, was jedoch bei einem 17-prozentigen Anteil an der letztjährigen Mautfahrleistung überschaubar ist“, so die gedämpfte Erwartungshaltung der Verbandsvertreter.
DSLV zu Corona-Paket: Richtiges Signal mit einigen Kritikpunkten
Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik sieht das vom Koalitionsausschuss ausgehandelte Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket generell als richtiges Signal an. Mit steuerlichen Erleichterungen, breit angelegten Fördermaßnahmen und einem Digitalisierungsschub könne die Bundesregierung Wirtschaft und öffentliche Verwaltung in der Post-Pandemie-Phase stärken und Arbeitsplätze sichern. Allerdings gebe es auch Kritikpunkte. „Inhaltlich ist das Paket ein Mix aus politischen Absichtserklärungen der Vergangenheit und neuen Detailförderungen für einzelne Zielgruppen“, bewertet DSLV-Präsident Axel Plaß die Ergebnisse des Koalitionsausschusses. Zwar hebe der Ausschuss hervor, dass „eine leistungsfähige Verkehrs- und Mobilitätsinfrastruktur Voraussetzung für einen raschen Aufschwung und neues Wachstum in praktisch allen Wirtschaftsbereichen ist“, das Maßnahmenpaket speziell für den Logistik- und Güterverkehrssektor sei aber größtenteils pauschal und eher sparsam angelegt.
Für den schnellen Umstieg von schweren Diesel-Lkw auf CO2-arme Antriebe helfe ein europaweites Flottenerneuerungsprogramm, mit dem nun die wenigen Reste von EURO III-, IV- und V-Lkw-Beständen in Europa allein zugunsten von EURO VI-Lkw eingesammelt werden sollen, nicht. Ob das geplante ‚Bus- und Lkw-Flotten-Modernisierungs-Programm‘, in dem Logistikunternehmen mit kommunalen Betreibern in Konkurrenz um Fördermittel treten sollen, das Defizit kompensiert, ist heute offen.
Der Erfolg des Konjunkturpakets insgesamt werde stark von der Wirksamkeit der Einzelmaßnahmen abhängen. Während die Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 Prozent eine gute Planungsgröße für die Unternehmen der Logistik sei, bleibe offen, ob die auf sechs Monate befristete Absenkung der Mehrwertsteuer um drei Prozent die Binnennachfrage und den privaten Konsum in einem Umfang ankurble, die die Einnahmeverluste des Staates und den administrativen Aufwand der Unternehmen und Steuerbehörden für die Umstellung rechtfertigen.
Auch die Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer sei nur eine bedingte Hilfe für Speditionen und ihre Kunden, da sie nicht mit der Fälligkeit der Zollschulden synchronisiert wurde. An seiner Forderung nach einer unmittelbaren Verrechnung bei der Einfuhr hält der DSLV weiter fest.
Allianz pro Schiene und Verband der Bahnindustrie begrüßen Programm
Die Allianz pro Schiene und der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) begrüßen das Konjunkturprogramm der Koalition. Das teilten die Schienenverbände in einer gemeinsamen Pressemeldung mit. Ein wichtiger Baustein des Konjunkturprogramms sei die beschlossene Vorziehung der Investitionen in Digitalisierungsvorhaben. Über Klimaschutz und Markterfolge im globalen Wettbewerb entscheiden vor allem Innovationen, so Allianz pro Schiene und VDB. Deshalb begrüßen die Verbände auch die Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung, die Förderung von Zukunftsinvestitionen und das stärkere Engagement für Wasserstofftechnologien.
Die Politik des Klimaschutzprogramms 2030 soll laut Verbänden fortgesetzt und beschleunigt werden. Deshalb sei es richtig, eine leistungsfähige Mobilität als Voraussetzung für einen raschen Aufschwung und neues Wachstum in praktisch allen Wirtschaftsbereichen zu definieren. Richtigerweise wolle der Bund die Mobilität stärken, um gleichzeitig mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz sicherzustellen. Das Konjunkturpaket schaffe die Grundlage, um die Klimaziele gemäß Koalitionsvertrag ambitioniert umzusetzen auf der klimafreundlichen Schiene, so die Meinung der Verbände.
Kritisch wird hingegen die beabsichtigte Kaufprämie für neue Lkw bewertet, statt einer Prämie für die multimodale Logistik. Einseitig in die Straßenlogistik zu investieren sei langfristig keine Klimastrategie für nachhaltige Logistik. Die Bundesregierung müsse hier auf den Kombinierten Verkehr setzen und sollte sich für eine Förderung kranbarer Sattelauflieger einsetzen.
Deutsches Verkehrsforum lobt Regierung
Das Deutsche Verkehrsforum (DVF) hat der Bundesregierung für das Konjunkturpaket sein Lob ausgesprochen. Zwar gebe es einige kritische Bewertungen, das Programm zeige allerdings, dass die Regierung die Krise sehr ernst nimmt, sagte DVF- Präsidiumsvorsitzender Raimund Klinkner. Aus Sicht der Mobilitätswirtschaft begrüße das DVF besonders die Investitionen in Zukunftstechnologien, Digitalisierung und Infrastruktur. Dies helfe der gesamten Wirtschaft und auch beim Klimaschutz.
Planungsbeschleunigung und Entbürokratisierung seien wichtige Punkte. Das DVF hofft, dass sie jetzt mit Nachdruck umgesetzt werden – auch auf EU-Ebene. Das Vorziehen von Investitionen und vereinfachte Vergabeverfahren würden dabei helfen, die wirtschaftlichen Impulse schnell zu setzen. Darauf komme es an, so das DVF. Zudem seien für die Unternehmen und Nutzer der Mobilität die kurzfristigen steuerlichen Erleichterungen wie Mehrwertsteuersenkung, Aufschub der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer oder die Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags für 2020 und 2021 gute Maßnahmen.
Mineralölwirtschaftsverband mit gemischten Gefühlen
Der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) sieht die Förderstrategie der Bundesregierung mit gemischten Gefühlen. MWV-Hauptgeschäftsführer Christian Küchen begrüßte etwa die Pläne für einen Markthochlauf von grünem und damit klimafreundlichem Wasserstoff zum Einsatz in der Mobilität. Das gilt auch für die Förderung von LNG als treibhausgasarmen Schiffskraftstoff. „Die nochmalige Erhöhung der Kaufprämie für Elektroautos wirft hingegen Fragen auf“, sagte er. Dafür gebe es schon jetzt teure Programme, „die den Staat viel Geld kosten, ohne dass ein nachhaltiger Effekt zu verzeichnen wäre“. Hier wäre ein Bekenntnis zur Förderung von CO2-neutralen synthetischen Kraftstoffen aus seiner Sicht erfolgversprechender, da so auch die schon bestehende Pkw- und Lkw-Flotte zunehmend klimafreundlich angetrieben werden könne. (ja/ag)