Große Visionen, kleine Optimierungen

Nein, mit einem solchen Andrang hatten die Hyundai-Verantwortlichen nicht gerechnet. Hunderte von gespannten Journalisten belagerten den Hyundai- sowie alle umliegenden Nachbarstände, um die Enthüllung des neuen H 350 mitzuerleben. Der neue Transporter (siehe VR 39/2014), mit dem die Koreaner ab Mitte nächsten Jahres erstmals in der europäischen 3,5-Tonnen-Klasse mitmischen wollen, war einer der heimlichen Stars der Messe, da Hyundai es tatsächlich schaffte, vorab keinerlei Infos oder Bilder des Fahrzeugs nach außen dringen zu lassen. Ebenfalls vorher nicht "aufgeflogen" war die Überarbeitung des Doblo, den Fiat auf der IAA präsentierte. Der Kompakt-Transporter unterscheidet sich vom Vorgänger vor allem durch seine jetzt markantere Frontpartie. Hinten spendierte Fiat dagegen lediglich leicht veränderte Rückleuchten und auch innen blieb es bei leichten Retuschen wie einem neuen Lenkrad und chrom-umrandeten Rundinstrumenten im Ducato-Layout. Neu ist aber die Option auf eine Beifahrerdoppelsitzbank. Bei Fahrwerk und Antriebsstrang ließ man das Doblo-Konzept dafür unangetastet. Es bleibt bei allen Leistungseinstellungen zwischen 75 und 135 PS. Knapp acht Meter langer Ford Transit Zweiter "Star" bei Fiat war der frisch geliftete Ducato, für den die Italiener weitere Varianten nachschoben. Außerdem kündigte man für seinen Großen Euro-6-Motoren an, die teilweise ohne SCR-Kat auskommen sollen. Eine Vielzahl von unterschiedlichen Ausund Aufbaulösungen für seine gesamte Palette zeigte auch Ford. Vor allem aber schoben die Kölner zahlreiche Varianten für den großen Transit nach wie beispielsweise die Kombi-Versionen oder das L5-Fahrgestell mit extra-langem Radstand und Rahmenverlängerung. Das streckt den Transit auf 7,8 Meter, was entsprechende Kofferaubauten ermöglicht. Dann sollte man aus Zuladungsgründen aber gleich den 4,7-Tonner wählen. Übrigens überlegt man bei Ford, das Transit-Programm bis zu sechs Tonnen Gesamtgewicht auszubauen und so beim schweren Iveco Daily respektive Mercedes Sprinter mitzumischen. Fahrzeuglösungen für Transporteure haben auch Peugeot und Citroën im Portfolio. Citroën zeigte ein Jumper-Fahrgestell mit 20-Kubik-Koffer von Evels. Der Easy-Light genannte Aufbau soll nur knapp über 500 Kilogramm wiegen, sodass zusammen mit dem relativ leichten Jumper-Fahrgestell auch beim 3,5-Tonner noch eine brauchbare Nutzlast übrig bliebe. PSA-Partner Peugeot präsentierte dagegen seine Advantage-Edition. Diese entsteht in Zusammenarbeit mit Bott und bietet im Laderaum von Bipper, Partner, Expert und Boxer ein Laderaumschutz- und Ladungssicherungspaket mit speziellem Ladeboden und Wandverkleidung mit integrierten Verzurrschienen. Käufer will Peugeot mittels einer neuen 1,8-Prozent-Finanzierung locken sowie einer vierjährigen Herstellergarantie für gewerbetreibende Kunden. Auch Sortimo legte KEP-spezifisch nach und ergänzte sein Programm um klappbare Regale für Kastenwagen. Diese sind ab Frühjahr 2015 lieferbar und werden aus leichtem Composite-Material gefertigt. Trotzdem sollen sie mit jeweils 120 Kilogramm belastbar sein. Die Pakete können zudem per Sortimo-Lasisystem einfach und schnell gesichert werden. Detail-Neuheiten bei den Schweren Bei den Herstellern der großen Nutzfahrzeuge gab es dagegen eher im Detail Neues zu sehen: Neben dem DAF CF Silent (VR 39/2014) zeigten die Niederländer in Hannover die neuen Low-Deck-Sattelzugmaschinen der CF- und XF-Baureihe. Durch Verwendung von Niederquerschnittsreifen der Dimension 375/45/R22.5 sowie eine Anpassung der Luftfederung konnte DAF die Aufsattelhöhe um fünf auf 91 Zentimeter reduzieren. Dieses Maß sichert bei der Verwendung passender Megatrailer bei gesetzlich erlaubten vier Metern Außenhöhe eine lichte Innenhöhe von drei Metern. Ab Januar ist auch bei DAF ein GPS-gesteuerter Tempomat namens "Predictive Cruise Control" lieferbar. Das System integriert auch die Schaltfunktion des Getriebes und ist entsprechend nur mit dem automatisierten AS-Tronic-Getriebe für CF und XF lieferbar. DAF arbeitet mit drei vorprogrammierten Optionen, aus denen die ideale Geschwindigkeit errechnet wird. Im Hype um den neuen Daily, der mit dem Titel "Van of the Year" ausgezeichnet wurde, ging eine Neuerung im Programm der schweren Nutzfahrzeuge fast unter: Der Stralis Cursor 11 mit 480 PS. Künftig schließt er die Lücke zwischen dem 460er und dem 500er mit Cursor-13-Sechszylinder. Bei unverändert niedrigem Teillastverbrauch liefert der 480er ein maximales Drehmoment von 2250 Nm. Auch dieser Antrieb basiert auf der bekannten Hi-SCR-Technik ohne Abgasrückführung. Einen neuen Maßstab in puncto Kraftstoffeffizienz soll das "Efficiency Package" setzen. Unter anderem mit Optimierungen bei der Aerodynamik, wie auch im Thermomanagement - unter anderem durch Verwendung eines SAE-0W-20-Öls - soll der Verbrauch um weitere zwei Prozent gesenkt werden. MAN zeigte die Weiterentwicklung der Efficient-Line-Idee mit den Fahrzeugen der zweiten Generation. Zum Paket gehören der neue, vorausschauende Tempomat Efficient Cruise sowie die Drehmoment-Erhöhung Top-Torque für den D26-Motor - ergänzt um MAN Telematics. Konzeptfahrzeug TGX Hybrid Auch den alternativen Antrieben widmeten sich die Münchener mit einem neuen Hybrid- sowie einem weiter entwickelten Erdgas-Antrieb. Im Konzeptfahrzeug MAN TGX Hybrid geht erstmals ein Fernverkehrsfahrzeug mit dieser Technik an den Start. MAN argumentiert, dass auf Fernstrecken das Gesamtpotenzial zur CO2-Einsparung mit Hybridtechnik am größten ist. Da der Elektromotor nur als Unterstützung arbeitet, kann er sehr leicht sein - im konkreten Fall nur 400 Kilo. Das Thema Gas verortet MAN eher im Verteilerbereich und zeigt den neuen TGM mit CNG-Antrieb. Die reinen Kraftstoffkosten sollen um bis zu 35 Prozent niedriger liegen als beim Diesel.Bei Mercedes gehen die Neuheiten in der Berichterstattung um den Future Truck (VR 39/2014) fast unter. Eine weitere Neuerung ist der Arocs 6x4 mit niedriger Aufsetzhöhe der Kabine und höherem Motortunnel. Das Thema alternative Antriebe deckt Mercedes mit dem neuen Erdgasmotor M 936 G ab. Den zeigt der Hersteller jetzt in Kombination mit dem Econic Euro 6. Der Sechszylinder basiert auf dem Turbodieselmotor OM 936 mit 7,7 l Hubraum mit 302 PS. Renault Trucks adaptiert die bereits von den Vorgänger-Baureihen bekannte Optifuel-Technik an die neue T-Baureihe. Die Spritspartechnik lässt sich an zwei Motorvarianten koppeln: den DTI 11 mit 430 PS und DTI 11 mit 460 PS. Serienmäßig sind die komplette Aerodynamikausstattung mit Dach- und Seitenspoiler, in die Scheinwerfer integrierte Spoiler, Türerweiterungen sowie Seitenverkleidungen. Außerdem verfügt der T Optifuel über eine Sperre des Power-Modus, eine Eco-Cruise-Control-Funktion mit dem Optiroll-Modus "kontrollierter Freilauf", einen auskuppelbaren-Luftkompressor, eine Lenkpumpe mit variablem Durchsatz sowie den automatischen Motorstopp. Die Fahrzeuge sind werkseitig auf eine Top-Speed von 85 km/h eingestellt. Um das Gewicht zu reduzieren, verwendet Renault leichtes Alu bei Luftbehältern, Dieseltanks und Felgen. Weiterhin gehört zum Paket auch eine Schulungsmaßnahme für den Fahrer sowie die entsprechende Software zur Überwachung und Analyse. Während immer öfter Erlkönige der wohl im nächsten Jahr kommenden neuen Baureihe auftauchen, übte sich Scania auf der IAA in Modellpflege. Premiere feierte der 450 PS starke 13-Liter-Sechszylinder mit SCR-only-Technik, der um etwa ein Prozent sparsamer sein soll als die bekannte Maschine mit Abgasrückführung. Zu weiteren Verbrauchsreduktionen von rund einem Prozent soll der neue R4100D-Retarder führen, der mit Freilauffunktion den Schleppleistungsverlust reduziert. Bei Volvo stand das neue I-Shift Dual Clutch als weltweit erstes Doppelkupplungsgetriebe für schwere LKW im Fokus. Seine Vorteile sind Gangwechsel ohne Zugkraftunterbrechung. Im Medienrummel um die neue Schaltbox ging fast unter, dass die Schweden ein interessantes Fahrzeug für die Tank-Silo-Anwendung konzipiert haben: den FM 410 4x2 SZM CHH-MED mit Luftfederung. Die gewichtsoptimierte Sattelzugmaschine wurde mit zahlreichen Maßnahmen auf niedrigstes Eigengewicht optimiert. Erste Fahrt mit Eatons Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe Mittelstufe doppelt gekuppelt Die Abhängigkeit von ZF veranlasste den VW-Konzern dazu, bei der Integration von Scania-Getrieben in MAN-LKW einen Gang hochzuschalten. Dass das neue, Procision genannte Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe für 895 Newtonmeter Eingangsdrehmoment allerdings auch in einem LKW der Löwenmarke verbaut wurde, ist laut Versuchsingenieur Jeff Hawarden reiner Zufall. Zum Praxiseinsatz wird es aller Voraussicht nach erstmals in einem US-Fabrikat kommen, das der Brite allerdings nicht nennen wollte. Dort positioniert man sich gegen den Allison-Wandlerautomten, während man in Europa das bessere automatisierte Schaltgetriebe bieten müsste, das technisch und gewichtseitig prinzipbedingt etwas einfacher respektive leichter ausfallen dürfte. Rund 165 Kilogramm Gewicht nennt Hawarden für die automatisierte Schaltbox, die erwartungsgemäß schnell und unscheinbar arbeitet und in erster Linie für Tonnagen von 12 bis 16 Tonnen Gesamtgewicht ausgelegt ist.Aufgrund der größeren Abmessungen und Kräfte schnallt der Drehzahlmesser zwar nicht ganz so schlagartig nach unten wie bei leichteren Transporten, trotzdem spürt man von den Gangwechseln praktisch nichts. Im Stand wird ein Kriechmodus wie beim Wandler simuliert, der das Rangieren oder Anfahren erleichtert. Das Einlegen der Feststellbremse deaktiviert ihn aber. Bei moderatem Beschleunigen dreht der TGL dann nie über 1500 Touren und die Eaton-Box verlässt sich voll auf das Drehmoment des D08-Motors. Entsprechend schnell sortiert sie die Gänge nach oben durch und schickt den Motor dabei teils in tiefe Drehzahlschluchten unterhalb der 1000-Touren-Marke. Hier tut es manchmal fast zu viel des Guten und bringt den Motor an seine unteren Drehzahlgrenzen. Bei 70 km/h dreht der MAN-Motor dann 1200 Touren, bei 80 km/h sind es 1300. Der siebte Gang lässt hier gegenüber der Sechsgangbox auch eine feinere Spreizung respektive einen länger übersetzten großen Gang zu. "Je nach Motor lassen sich die Schaltpunkte und gefahrenen Drehzahlbereiche elektronisch programmieren," erklärt Hawarden. Außerdem ist ein Power-Modus hinterlegt, der bei kräftigem Beschleunigen oder Kickdown aktiviert wird. Dann dreht der Motor des Testwagens bis 2000 Touren aus und hält die Gänge länger. Theoretisch ließe er sich auch mit einem GPS-Tempomaten koppeln, aber auch die gefahrene Basisversion verfüge bereits über eine gewisse Grundintelligenz, um auf veränderte Lastzustände zu reagieren. Neben dem Kickdown sorgen beispielsweise auch Steigungen dafür, dass Kollege Computer die Gänge länger hält. Auch ein manueller Eingriff ist möglich, beispielsweise um vor Kreuzungen oder Ampeln selbst herunterzuschalten. Anschließend bleibt das Getriebe zehn Sekunden im manuellen Modus, bevor es die sieben Gangstufen wieder selbstständig sortiert. Alternativ kann man wie bei jeder automatisierten Schaltung auch komplett in den manuellen Modus wechseln.Im Vergleich zum Allison-Automaten möchte man laut Hawarden auf Testfahrten zwischen acht und zehn Prozent Diesel gespart haben, ob man auch gegenüber einem herkömmlichen automatisierten Schaltgetriebe Verbrauchsvorteile einfahren könnte, ließ der britische Ingenieur offen. Gewichtsseitig liege man prinzipbedingt leicht über einer herkömmlichen automatisierten Schaltung, auch wenn die Doppelkupplung nicht automatisch doppelt so schwer ausgelegt werden müsse wie die Einfach-Version.Prinzipiell bietet Eaton mit dem vorerst nur in Mexico gefertigten Procision eine interessante Alternative für das leichte bis mittelschwere Verteilersegment, die allerdings kaum teurer sein dürfte als eine herkömmliche automatisierte Schaltbox mit sechs Gängen. Hinter den Kulissen spricht man vor allem bei Paccar viel mit Eaton, was für Hawarden, der berufsbedingt viel außerhalb seiner britischen Heimat unterwegs ist und vor Hannover samt der dort teils komplizierten Straßenführung großen Respekt hat, den Vorteil hätte, dass er einen DAF LF aus Leyland zum Testen schnell nach Manchester geholt hätte. Dass er sich um die Schnelle der Schaltvorgänge und Programmierung keine großen Sorgen mehr machen muss, hat er auf einer Rundfahrt mit Stadt-, Überland- und Autobahnanteil rund um Hannover bereits bewiesen! gs VW gewährt einen ersten Einblick in den T6 Volkswagen bringt 2015 seine neue Transporter-Generation Einer der wenigen Transporterhersteller, der zur IAA keine neuen Modelle vorweisen konnte, war Volkswagen. Die Niedersachsen zeigten einen Auszug an Modellen und Aufbaulösungen aus ihrem schier unerschöpflichen Portfolio und stellten als Blickfang ihre Transporter-Studie Tristar auf die Räder (siehe VR 39/2014). Letztere gewährte einen ersten Ausblick auf die nächste Transporter-Generation von VW. Der T6 soll im Laufe des nächsten Jahres vorgestellt werden und die entstandene Lücke zur neuen Mercedes V-Klasse und dem Vito wieder schließen. Auch VW nutzt den Rohbau des aktuellen T5 weiter, wird dem Van aber optisch ein neues Gesicht verleihen, das sich an den aktuellen VW-PKW orientiert. Ähnlich wie Mercedes wird VW die noblen Multivan- und Caravelle-Modelle künftig optisch stärker von den einfachen Transporter-Versionen abgrenzen. Gleiches gilt für den Innenraum, der sicher ebenfalls viel von den PKW-Modellen erben wird wie auch Assistenz-Systeme á la Abstandstempomat oder Spurwächter. Zudem soll der T6 ein neues, ausgeklügeltes Ablagesystem und vor allem noch mehr Komfort bieten. Motorisch will VW den 2,0-l-TDI-Selbstzünder komplett überarbeitet haben, weshalb der mittels SCR-Kat auf Euro 6 gereinigte Vierzylinder in Sachen Laufruhe, Kraftentfaltung und natürlich beim Verbrauch neue Maßstäbe setzen soll. Man munkelt von Motorleistungen von bis zu 200-Diesel-PS. bj

Große Visionen, kleine Optimierungen

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