Geht dem Drachen die Puste aus?

Schrumpfende Im- und Exporte, sinkende Kurse und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wächst nur noch um 6,9 Prozent - die Nachrichten aus China klingen in diesem Jahr besorgniserregend. Gleich zweimal senkte im Herbst die Zentralbank China die Zinsen, um chinesische Waren billiger zu machen. Kein Wunder, dass sich momentan Skepsis in deutschen Unternehmen ausbreitet. Die China-Euphorie der Anfangsjahre im neuen Jahrtausend scheint verflogen. Jedes zweite Unternehmen korrigiert seine Prognosen im China-Geschäft sogar nach unten, stellte eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) im September 2015 fest. Wachstumsraten bleiben hoch Mut macht hingegen Stefan Schröder, Geschäftsführer der LNC GmbH und Projektleiter der Logistics Alliance Germany (LAG) (siehe Kasten Seite 24). "Allein durch das E-Commerce-Wachstum und die schiere Größe des Landes mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern, von denen rund 500 Millionen dem Mittelstand zugerechnet werden können, birgt China enorme Mengenpotenziale", ist er überzeugt. Auch und gerade für Kurier-, Express- und Paketdienste sei dieser Markt nach wie vor sehr interessant, betont der LAG-Mann und nennt konkrete Zahlen. In Deutschland habe beispielsweise das KEP-Marktvolumen im Jahr 2014 bei 2,8 Milliarden Sendungen und einem Gesamtumsatz von 16,6 Milliarden Euro gelegen, führt Schröder aus. In China seien im selben Zeitraum dagegen schätzungsweise rund 13,8 Milliarden Sendungen mit einem Umsatzvolumen von rund 42,5 Milliarden Euro bewegt worden - das sind mehr als drei Mal so viel wie in Deutschland. "Dies ist in China aber nur der Anfang", betont Schröder. Während in Deutschland die Wachstumsraten zwischen vier und zehn Prozent je nach Marktsegment liegen, sagt er, sei der prozentuale Anstieg in China deutlich höher. "Allein von 2012 auf 2013 hat das Mengenvolumen im chinesischen KEP-Markt um 61,6 Prozent zugelegt", zitiert er Zahlen. Und es gebe keine Anzeichen dafür, dass dies nicht auch so bleibe. Vor allem im internationalen Paketversand und lokal im Intrahandel in den vielen chinesischen Großstädten finde dieses Wachstum statt, beobachtet er. Allerdings stehen die KEP-Anbieter auch in China unter starkem Preisdruck und vor steigenden Anforderungen bei der Servicequalität, etwa in puncto schnellere Durchlaufzeiten. Um die KEP-Volumina zu bewegen, sind laut dem LNC-Geschäftsführer in China derzeit rund 8000 KEP-Dienstleister tätig, darunter 20 größere Unternehmen (inklusive DHL, Fedex, UPS und TNT). Diese befördern insgesamt 87 Prozent der Mengen: Nur 13 Prozent wickeln die restlichen 8000 KEP-Unternehmen ab. Interessant: der Anteil der ausländischen Dienstleister liegt derzeit in China gerade einmal bei unter fünf Prozent des Gesamtvolumens des chinesischen KEP-Marktes, weiß der Logistikexperte. Ein Großteil des Marktes verteilt sich laut Schröder auf die Chinesische Post mit 20 Prozent, deren Anteil sich in den letzten fünf Jahren fast halbiert hat, und private KEP-Dienste wie SF Express, die Marktanteile für sich gewinnen können. Ziel: Auf- und Ausbau von Systemen "Angesichts dieser Entwicklungen ist der Auf- und Ausbau von effizienten Logistik- und KEP-Systemen in China zwingend notwendig", unterstreicht der LAG-Projektleiter. Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang sei die Automatisierung von Logistik- und Transportprozessen. Dafür seien auch entsprechendes Equipment und Software vonnöten. Gerade für deutsche Intralogistik-Anbieter verspreche dies erhebliche Marktpotenziale, ist Schröder überzeugt. Zumal es in China Trend sei, dass vor allem große E-Commerce-Versandhändler wie Alibaba ihre eigene Logistik aufbauen, um entsprechende Wertschöpfung zu generieren. Gleichzeitig nimmt laut Schröder der Druck auf KEP-Dienstleister in China zu, reibungslose internationale Netze aufzubauen, um den Kundenanforderungen gerecht zu werden, aber auch um die notwendige Auslastung der Verkehre zu erzielen. Nicht zu vergessen sei auch der Druck, weitere Kosteneinsparungen zu erzielen und eine effizientere operative Logistik zu realisieren. Automatisierung ist hier nur ein Stichwort. Denn die Logistikkosten in China sind laut Schröder nach wie vor um bis zu 70 Prozent höher als in Deutschland. Internationalisierung ist der Treiber "Dabei spielt auch das Thema "Seidenstraße(n)" von China nach Europa zukünftig eine Rolle", weiß der LAG-Projektleiter, "dieses nicht nur für die gesamte deutsche Logistikwirtschaft, sondern auch für die KEP-Branche. In China ist die Akzeptanz an längere Laufzeiten höher als in Deutschland. Noch wird mehr Wert auf die Qualität der Produkte gelegt als auf die Servicequalität." Neben den technischen Fragestellungen bestehe die Herausforderung hier vor allem darin, die Auslastung vor allem Richtung China zu erhöhen. Denn bislang seien die Exportmengen aus Europa nach China nur gering. "Die Internationalisierung der chinesischen KEP-Dienstleister birgt daher erhebliche Potenziale für die deutsche Logistikwirtschaft, als Kooperationspartner zu fungieren", ist Schröder überzeugt. Denn chinesische KEP- und Logistikunternehmen haben bei ihrer Auslandsexpansion immer mehr Europa in ihrem Fokus - allen voran die Länder Deutschland, Frankreich und UK. "Deutschland ist als Partner für die chinesische KEP-Branche prädestiniert", betont der LAG-Projektleiter. "Gerade über die Logistics Alliance Germany wird deshalb eine intensivere Zusammenarbeit angestrebt, um China mit Europa über Deutschland noch besser zu vernetzen und die deutsche Logistikindustrie als Partner zu positionieren." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier China www.verkehrsrundschau.de/dossiers Daten + Fakten Volksrepublik China Gesamtfläche: 9.572.900 qkmBevölkerung: 1.374,96 Mio. Einwohner (2015, Quelle: IMF)Bevölkerungsdichte: 142,9 Einwohner/ qkmBruttoinlandsprodukt: 9.469,13 Mrd. US$ (2014, Quelle: IMF)Export von Gütern: 2.209,01 Mrd. US$ (2013, Quelle: WTO)Import: 1.949,99 Mrd. US$ (2013, Quelle: WTO)Internet-Retail in China: 146 Mrd. Euro (2014), Prognose für 2019: 327 Mrd. Euro(Quelle: Euromonitor International) eh

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