Freeware für Speditionen

Wer kennt das nicht: Noch kurz vor der Abfahrt in den Urlaub Google Maps anwerfen, Start und Ziel eingeben und schon hat der Autofahrer einen ziemlich detaillierten Überblick, wie er am geschicktesten von A nach B kommt - aktuelle Verkehrslage inklusive. Dass es kostenlose Routenplaner auch für professionelle Anwender, sprich: Speditionen geben sollte, hat sich das Start-up Impargo überlegt. Die im vergangenen Jahr in Berlin gegründete Firma macht derzeit mit kostenlosen Webanwendungen, den Cargo-Apps, auf sich aufmerksam, die Disponenten im Arbeitsalltag entlasten - und den Chef keinen Cent kosten. "Ein Disponent erhält heutzutage so viele Informationen, die er eigentlich gar nicht verarbeiten kann. Er trifft also seine Entscheidungen oft aus dem Bauchgefühl oder beispielsweise in der Auftragsvergabe nach dem Firstcome-first-serve-Prinzip. Mit unseren Tools wollen wir das ändern", erklärt Gerhard Hänel, neben Julian Labeit einer der beiden Gründer von Impargo. Und die Cargo-Apps namens Quotex und Mautex können einiges: Neben der Lkw-Routenplanung werden auch Kosten für Maut und eine komplette Fahrzeugkostenrechnung abgebildet. Eine besondere Funktionalität bietet zudem ein Prognosemodus für die ab 1. Juli 2018 gültige Mautausweitung auf deutsche Bundesstraßen. Mautkosten, die wegen der Umstellung der Geräte nicht mehr in der On-Board-Unit einsehbar sind, können so einfach und schnell berechnet beziehungsweise prognostiziert werden, verspricht der Berliner Anbieter. Ende 2017 durfte sich das Start-up über ein sechsstelliges Investment eines Business-Angels freuen. Ein Business Angel ist jemand, der sich finanziell an einem Startup beteiligt und darüber hinaus Knowhow und Kontakte einbringt. "Dies ermöglichte uns alle Lösungen selbst zu entwickeln und somit auf kostenpflichtige Provider, zum Beispiel in der Mautkalkulation, zu verzichten", erklärt Hänel. Auch die europaweite Routing-Engine ist demnach eine Eigenentwicklung, in der verschiedene Lkw-Restriktionen, aber auch Lkw-Geschwindigkeitsprofile berücksichtigt wurden. Die Datengrundlage für die Karten und Live-Verkehrsdaten bilden Openstreetmap und Mapbox. Reichweite im Fokus Wie kommen Gründer darauf, Tourenplanungssoftware zu verschenken? "Die Cargo-Apps bieten wir kostenlos an, um Reichweite zu erzielen", sagt Hänel. Jeder gewerbliche Nutzer könne sie kostenlos nutzen. "Unser Ziel ist, dass Disponenten über die Cargo-Apps ihre Routen planen - mittelfristig wollen wir ihnen dann auch die passenden Frachten zu ihren Anfragen vorschlagen", erklärt der Gründer. Impargo stützt sein Geschäftsmodell denn auch auf drei Säulen: die Freight Search, eine Meta-Suchmaschine für Frachten, die kostenlosen Cargo-Apps sowie IT-Services für den Transportsektor. "Mit den IT-Services verdienen wir aktuell unser Geld. Als aktuelles Projekt setzen wir beispielsweise eine Plattform für einen Industriepartner im Möbelbereich um", sagt Hänel. In den ersten vier Wochen nach dem Launch haben sich nach Angaben des Gründers bereits 450 Nutzer für die Cargo-Apps registriert. Einer der Ersten war die Schroeder Group mit Hauptsitz im westfälischen Lünen, die über insgesamt fünf Standorte nationale und internationale Transporte abwickelt. Der Logistiker bedient täglich, sowohl im Komplett- als auch Teilladungsbereich, Deutschland, Frankreich, Spanien, England die Benelux-Länder sowie die Schweiz. Weiter gehören auch Express und Sonderfahrten sowie Schüttgut- und Silotransporte zum Portfolio. In der gesamten Firmengruppe sind täglich über 400 Fahrzeuge unterwegs. "Um Logistik ertragreich zu gestalten, ist eine sehr klare Kostenstruktur erforderlich. Daher sind kostenlose Tools, die uns in unserem Tagesgeschäft unterstützen, äußerst gern genommen", sagt Geschäftsführer Alexander Busche. Die Cargo-Apps böten durchaus Funktionalitäten auf dem Niveau etablierter Tourenplanungssoftware - nur eben ohne Kosten. Daher habe man sich sofort angesprochen gefühlt. "Wir nutzen eine etablierte Speditionssoftware, mit welcher man auch Routen planen kann", so Busche. Für die schnelle Routenplanung und Kostenkalkulation zwischendurch sei diese Lösung allerdings etwas schwerfällig. "Wenn man nicht zusätzlich viel Geld in eine dezidierte Tourenplanungssoftware investieren will, bleibt Disponenten oft nur der Blick in Google Maps - das bekanntermaßen eher für den Privatnutzer als für den Lkw-Bereich ausgelegt ist", umreißt der Schroeder-Group-Chef den Dispoalltag. Die kostenlose Tourenplanungssoftware mit ihren Sonderfunktionen für den Lkw-Verkehr dränge daher genau in diese Nische und biete den Disponenten in ihrem Tagesgeschäft einen echten Mehrwert. "Es hat sich bei den Tests schnell herausgestellt, wie viel Potenzial die Routen-Engine hat und wir werden die Cargo-Apps nun auf die ganze Firmengruppe ausrollen", kündigt Busche an. Nicht zuletzt die Usability habe ihn überzeugt. "Bei der Einführung von neuer Software oder neuen IT-Prozessen gibt es in jedem Unternehmen immer Mitarbeiter, die sich mit selbigem schwertun. Die Impargo-Apps sind allerdings derart selbsterklärend und benutzerfreundlich, dass jeder damit zurechtkommt", schwärmt Busche. Daher zeigt er sich auch überzeugt, dass sich die kostenlose Software für Unternehmen jeder Größe eigne - "auch für die ganz kleinen, die bislang vielleicht noch weniger digitalisiert sind." Kleine Frachtführer im Visier Damit umreißt der Schroeder-Geschäftsführer ziemlich treffend die Zielgruppe, die sich Impargo selbst ausgeguckt hat: "Unsere Zielgruppe sind die kleinen Frachtführer, die schließlich das Gros aller Transportunternehmen stellen", sagt Hänel. Sein Start-up wolle es insbesondere Unternehmen, die nicht über die Ressourcen für teure Speditionssoftware verfügen, ermöglichen, mit kostenlosen Tools ihre Prozesse zu verbessern. Gleichzeitig sollen sie bald gleich die passende Fracht finden. Das Produkt Freight Search befindet sich im Betatest, aktuell ist Trans.eu integriert. "Perspektivisch soll der Spediteur mehrere Frachtenbörsen gleichzeitig nach der für ihn am besten passenden Ladung durchsuchen können", sagt Hänel. Ein Algorithmus finde dabei unter Berücksichtigung eines Profitabilitäts-Scores die beste Fracht zur Suchanfrage. "Wir sorgen quasi dafür, dass sich der kleine Spediteur ein Stück unabhängiger von den Großen machen kann. Wir zählen aber auch größere Mittelständler zu unseren Kunden", so Hänel. Geografisch betrachtet ist der deutschsprachige Raum noch Impargos Kernmarkt. "Grundsätzlich ist unser Start-up aber auf den europäischen Markt ausgerichtet. Vor allem in Osteuropa sehen wir langfristig viel Potenzial", so Hänel. Mehr zum Thema im Dossier Speditionssoftware & TMS www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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