Paris. Der Ausstand in Frankreich ähnelt mehr und mehr einem Generalstreik. Im Transportwesen tangiert er nun auch den Flugverkehr und die Seehäfen. Bei der Staatsbahn SNCF wurde der Streikaufruf der beiden Gewerkschaften CGT und SUD-Rail am Mittwoch nach Auskunft des Unternehmens nur noch von 10,6 Prozent der Beschäftigten befolgt. Die bei der Bahn führende Gewerkschaft CGT und die drei anderen Arbeitnehmerverbände UNSA, CFDT und SUD-rail haben jedoch für den 31. Mai, 19 Uhr, einen weiteren Ausstand angekündigt, diesmal mit offenem Ende. Er könne jeweils um einen zusätzlichen Tag verlängert werden, verlautete dazu. SUD-rail will sogar bis zum 11. Juli streiken, das hieße bis einen Tag nach Ende der Fußball-Europameisterschaft. Zuletzt hatte die CGT ihre Mitglieder lediglich zu Arbeitsniederlegungen jeweils am Mittwoch und Donnerstag aufgerufen.
SNCF will Streik vor der Europameisterschaft vom Tisch haben
Mit dem für Ende Mai angekündigten Streik wollen die Gewerkschaften auf die bei der Bahn in der Endphase befindlichen Verhandlungen über eine neue Arbeitszeitregelung und eine harmonisierte Tarifvereinbarung für den gesamten Bereich des Schienenverkehrs inklusive Bahnfracht und privater Bahnunternehmen einwirken, Letzteres mit Blick auf die für 2020 vorgesehene weitere Öffnung für den Wettbewerb. Nach dem aktuellen Stand ist beabsichtigt, bis Anfang Juni zu einer Einigung zu gelangen. Die SNCF-Führung hofft, alles bis zum 7. Juni unter Dach und Fach zu haben, das heißt noch rechtzeitig vor Beginn der Europameisterschaft. Das Eröffnungsspiel ist für den 10. Juni anberaumt.
Die aktuelle Streikbewegung in Frankreich vollzieht sich auf dem Hintergrund massiver Gewerkschaftsproteste gegen das geplante neue Arbeitsrecht. Allem voran die Gewerkschaft CGT versucht mit allen Mitteln, die Regierung in die Knie zu zwingen und das entsprechende Gesetzesvorhaben zu Fall zu bringen. Dazu gehören neben Blockaden von Ölraffinerien inzwischen auch Drohungen, die Stromversorgung des Landes einzuschränken.
Seehäfen und Fluglotsen wollen auch streiken
Des Weiteren will die Gewerkschaft ebenso die Seehäfen in den Ausstand einbeziehen und vom 3. bis 5. Juni soll dieser auch den Luftverkehr betreffen. Darauf einigten sich die vier Fluglotsenverbände Usac-CGT, UNSA, SNCTA und Spac-CFDT. Hier geht es um einen Stopp beim aktuellen Arbeitsplatzabbau und die Beibehaltung bestimmter Vergünstigungen. Forderungen einzelner Berufskategorien vermischen sich aber auch im Fall der Fluglotsen mit dem allgemeinen Kampf gegen das Arbeitsrecht.
Nägel auf der Straße
Von den Folgen der um sich greifenden Streikbewegung ist insbesondere der Straßengütertransport betroffen. Darauf wies am Mittwoch der führende Gewerbeverband FNTR hin. Die Transportunternehmen bemühten sich nach Kräften, die materielle Versorgung des Landes aufrechtzuerhalten, hieß es in einer Pressemitteilung. Sie würden darin jedoch durch Blockaden, unendlich lange Wartezeiten vor Depots, der zunehmend erschwerten Suche nach Tankstellen, die noch Nachschub erhalten hätten, sowie ebenso durch Sabotageakte in Form von auf Fahrbahnen gestreute Nägel beeinträchtigt. FNTR forderte deshalb den Staat auf, dem für die Gesamtwirtschaft unverzichtbaren Straßengütertransport in dieser schwierigen Situation beizustehen. (jb)