Paris. Der Ausstand der Docker in den französischen Seehäfen am Ärmelkanal, Atlantik und Mittelmeer ist nach dreitägiger Dauer am Freitag fürs Erste beendet worden. Mit ihm wollte die federführende militante Gewerkschaft CGT versuchen, die für diesen Tag vorgesehene Verabschiedung des Entwurfs zur Rentenreform zu stoppen oder zu verhindern. Am Dienstag, 28. Januar, soll darüber entschieden werden, ob die Fédération nationale des ports et docks CGT den Streik wieder aufnehmen und fortsetzen will oder nicht. Das Verhältnis zwischen Gewerkschaft und Regierung ist so gespannt wie kaum je zuvor.
Industrie und Handel des Landes sind sich einig, dass die Folgen des Hafenstreiks mehrere Jahre lang zu spüren sein werden. Allein in Le Havre wird die Zahl der ausgefallenen Container auf 100.000 Einheiten oder 5 Prozent des jährlichen Umschlags geschätzt und gut hundert Schiffe seien auf andere Häfen in Belgien und Holland ausgewichen, heißt es. Der Ausstand wirkt sich besonders gravierend auf drei Wirtschaftsbereiche aus: die Getreideexporte, die Kühllogistik und die vor allem in der Bretagne stark vertretene Lebensmittelindustrie. Sie müssen ihre Frachtcontainer statt über Le Havre und Rouen nach Zeebrugge und Antwerpen verschiffen, was die Transportkosten deutlich erhöht.
In den Tiefkühllagern drohten bis zum Wochenende die Lagerkapazitäten ans Ende zu gelangen. Die Folgen: Fabriken und Großschlachtereien geraten in Bedrängnis, können ihre Aktivitäten nicht verlangsamen oder stoppen, weil dies ihre Produktionszyklen gefährden würde. Auf diese Gefahren wiesen sieben Verbände aus den Bereichen Lebensmittel- und Tiefkühlindustrie hin.
Ein Treffen zwischen den Transportverbänden TLF und FNTR und den Ministern für Transport und Wirtschaft; Jean-Baptiste Djebarri und Agnès Pannier-Runacher, das am Dienstag letzter Woche stattfand, verlief für die Branchenvertreter enttäuschend: Es ergab, dass die Regierung nicht bereit sei, die Millionenverluste mitzutragen, die seit Beginn der Streiks Mitte Dezember in den Häfen aufgelaufen sind. Die Minister stellten lediglich steuerliche Erleichterungen und eine beschleunigte Rückerstattung der Mehrwertsteuer auf Dieselkraftstoff in Aussicht. Aber der Forderung, den Zugang zu den Häfen mit Polizei zu öffnen, erteilten sie eine klare Absage, ebenso wie die in den Bereichen zuständigen Präfekten. Der Abwendung ausländischer Kunden von den französischen Häfen plant die Regierung mit Infokampagnen gegenzusteuern, gemeinsam mit den betroffenen Logistikern im Hafensektor.
Die Arbeit in den Häfen wurde schon in den Jahren 2010 und 2011 durch Streiks beeinträchtigt. Der jetzige Ausstand dürfte das Image der heimischen Häfen noch mehr schädigen zugunsten der konkurrierenden europäischen Häfen, fürchten die Vertreter der Lebensmittelindustrie, und es werde mehrere Jahre dauern, um das verloren gegangene Vertrauen in die französischen Standorte zurückzugewinnen. (jb)