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Fachleute: Schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen für Lkw-Fernfahrer

10.05.2021 10:12 Uhr
Lkw-Fahrer
Viele Lkw-Fahrer sind an Abenden und Wochenenden auf den Autobahn-Rastplätzen einsam (Symbolbild)
© Foto: Africa Studio / stock.adobe.com

Trostlosigkeit und Elend am Autobahnrastplatz: Die Arbeits- und Lebensbedingungen für Lkw-Fernfahrer sind nach Einschätzung von Fachleuten miserabel. Die Polizei fischt auch immer wieder betrunkene Fahrer aus dem Verkehr.

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Mainz. Ein Lastwagen neben dem anderen – und doch völlig allein: Für die allermeisten Lkw-Fahrer sind die Abende und Wochenenden auf den Autobahn-Rastplätzen weitab von Familie, Freunden und Zuhause Tristesse pur. „Die Fahrer sind regelmäßig von Freitag bis Sonntag auf den Autohöfen, in Industriegebieten oder Rastplätzen kaserniert“, beschreibt der Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt, die Lage. „Es gibt keine Freizeitangebote, keine Sportmöglichkeiten – und es ist im Winter eisekalt.“

„Wer in so einer Zwangslage steckt, wird offensichtlich ausgebeutet“, stellt Michael Wahl fest, Koordinator eines Informationsprojekts für Lkw-Fernfahrer beim DGB. „Im Moment haben Lkw-Fahrer fast keine Chance auf faire Arbeitsbedingungen in der EU.“ Die Verantwortung werde einfach weiter gereicht und gleiche den Verhältnissen in der Fleischindustrie, die die Pandemie ans Licht gebracht hat. „Die Zustände auf den Rastplätzen sind zu einem Teil dem Sozialdumping geschuldet“, sagt auch Engelhardt.

Alkohol ist ein großes Problem

Zwischen Gaskocher auf dem Rastplatz und Schlafplatz im Führerhaus greift so mancher auch zu Alkohol – und trinkt viel, mitunter zu viel. Nicht selten hätten Fahrer noch reichlich Restalkohol im Blut, wenn sie sich dann wieder ans Steuer setzten, beschreibt der Mainzer Polizeisprecher Rinaldo Roberto das Problem. Die Polizei fischt auch in Rheinland-Pfalz bei fast jeder Kontrolle alkoholisierte Lkw-Fahrer heraus.

„Wir kontrollieren nahezu jede Woche auf den Rastplätzen im Bereich des Polizeipräsidiums“, berichtet Roberto. „Und wir werden jedes Mal fündig.“ Ein Sonntag Ende Februar beispielsweise: Von 35 kontrollierten Fahrern, sind fünf alkoholisiert. „Viermal Abfahrt unterbunden, weil der Wert zu hoch war, Spitzenwert 1,78 Promille“, heißt es im Polizeibericht.

Ein anderer Sonntag Anfang März: Bei Kontrollen an der Rastanlage Wonnegau an der Autobahn 61 hat etwa jeder Vierte von 83 Fahrern getrunken. Drei haben mehr als zwei Promille. Einer sogar 2,33 Promille. An derselben Rastanlage Richtung Norden an einem Sonntag im April: Von 16 Fahrern sind drei alkoholisiert, der Spitzenwert liegt bei 1,93 Promille.

Auf der Autobahn 65 in der Nähe von Edenkoben (Südliche Weinstraße) stoppte die Polizei an einem Montagabend im April einen Lastwagenfahrer, der in Schlangenlinien gefahren sein soll – mit 2,8 Promille. „Wir werden weiter kontrollieren und Druck erzeugen – um einfach auch zu zeigen: Wir schauen da nicht weg“, beschreibt Innenminister Roger Lewentz (SPD) die Strategie.

Es fehlt an Kontrollmöglichkeiten

„Nach dem Mobilitätspaket sollten die Fahrer eigentlich spätestens alle vier Wochen nach Hause. Das wird aber umgangen, weil es nicht kontrolliert werden kann“, sagt Engelhardt. Die Fahrzeuge müssen ab Februar 2022 alle acht Wochen in die Heimat zurück. „Befragungen zeigen, dass die meisten osteuropäischen Fahrer viele Wochen und oftmals sogar Monate überhaupt nicht nach Hause fahren und deren Lkw vielfach nur ein- oder zweimal im Jahr ins Heimatland zurückkehren – wenn überhaupt.“

Der BGL fordert, Teile der Mautdaten für die Kontrollbehörden freizugeben. Zudem müsse ein elektronischer Frachtbrief vorgeschrieben werden, und ein europäisches Melderegister installiert werden, in das Daten aus dem digitalen Tachographen einfließen. „Die osteuropäischen Transportunternehmen müssen hier Niederlassungen gründen und deutschen Mindestlohn bezahlen.“

Engelhardt sieht aber nicht nur die ausländischen Firmen und Fahrer in der Pflicht, sondern auch die deutschen Verlader, den Handel und die Verbraucher. „Wenn ich als Verbraucher nur bereit bin, den billigsten Preis zu bezahlen, darf ich mich nicht beschweren, dass die Arbeitsbedingungen und sozialen Zustände miserabel sind.“ (dpa/ja)

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