Frankfurt/Main. Bei vielen Investoren in Europa sitzt das Geld für Start-ups auch in der Coronakrise locker - die Ideen von Gründern zur Digitalisierung sind schließlich gefragt. Dass weder die Pandemie noch der Brexit Start-up-Finanzierungen in Europa 2020 ausbremst, veranschaulicht das "Start-up-Barometer Europa" der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorlag. Dank eines rekordstarken zweiten Halbjahrs stieg das Finanzierungsvolumen um 17 Prozent im Vergleich zu 2019 auf 36,5 Milliarden Euro. Die Zahl der Finanzierungsrunden wuchs kräftig um 58 Prozent auf knapp 6700.
Investoren in Großbritannien und Frankreich risikofreudiger
Deutschland allerdings ist bei Investitionen in Start-ups zurückgefallen: im vergangenen Jahr sank das Finanzierungsvolumen durch Investoren laut EY um 15 Prozent auf knapp 5,3 Milliarden Euro, während es in Frankreich und Großbritannien zulegen konnte. Gründer in Frankreich verbuchten demnach Geldspritzen von 5,2 Milliarden Euro (plus 3,4 Prozent) und Großbritannien baute seinen Vorsprung trotz Brexit aus: Start-ups bekamen mit 13,9 Milliarden dort ein Viertel mehr Geld als 2019, die Zahl der Finanzierungsrunden verdoppelte sich. Gründer im traditionell risikofreudigeren Großbritannien und seinen vielen kapitalmarktnahen Jungunternehmen hätten am meisten profitiert, sagte EY-Partner Thomas Prüver.
Wenig Deals im größeren dreistelligen Millionenbereich
Auch verglichen mit weiteren Ländern wie der Schweiz, Schweden und den Niederlanden steht Deutschland schlecht da: Mit Ausnahme der Bundesrepublik seien in allen Top-10-Märkten höhere Investments in Start-ups als im Vorjahr verbucht worden, hieß es. Es mangle an Deals im größeren dreistelligen Millionenbereich. Am meisten Geld von Investoren warb noch die Berliner Auto1 Group mit ihrer Plattform für Gebrauchtwagen ein, gefolgt vom Münchner Flugtaxi-Entwickler Lilium und dem Berliner Start-up Tier Mobility, das Elektro-Roller verleiht.
Ähnlich sieht das Bild im Städteranking aus: Während die Gründerszene allein in London Geld in Höhe von 10,5 Milliarden Euro bekam, zog Paris mit fast 3,9 Milliarden Euro an Berlin vorbei (gut 3 Milliarden Euro). 2019 hatte die deutsche Gründerhochburg noch knapp vor Paris gelegen. München landete nun im Ranking auf Platz sechs.
"In der Corona-Krise sind zahlreiche Herausforderungen für die Wirtschaft noch offensichtlicher geworden - etwa die dringend notwendige Digitalisierung, die Anfälligkeit von Logistikketten oder auch die große Bedeutung der Sicherheit von IT-Netzwerken", sagte Prüver. Viele Start-ups hätten die passenden Lösungen. "Das hat sie bei Kapitalgebern attraktiv gemacht." Prüver geht davon aus, dass die Dynamik auch 2021 erhalten bleibt. (dpa/mh)