Brüssel. Als Reaktion auf die Manipulation von Abgaswerten durch die Automobilindustrie bereitet die EU-Kommission weitreichende Änderungen bei der Typen-Zulassung von Pkw vor. Brüssel will mehr Transparenz und mehr eigene Zuständigkeiten, um im Ernstfall selber handeln zu können.
In einem Brief der zuständigen Kommissarin Elzbieta Bienkowska an mehrere Abgeordnete des Europäischen Parlamentes, der der VerkehrsRundschau vorliegt, heißt es, die Kommission halte neue Vorschriften für „dringend notwendig“, um die Typen-Zulassung „transparenter, nachvollziehbarer und effektiver“ zu machen. Die Binnenmarktkommissarin will deswegen schon bald Vorschläge unterbreiten, um technische Dienste wie den TÜV, die von den Behörden zur Durchführung der Typen-Zulassung bestimmt werden, besser zu kontrollieren. Gedacht sei an eine gegenseitige Kontrolle der nationalen Dienste. Außerdem sollten sie finanziell unabhängiger von der Autoindustrie sein. Diese bezahlt bislang die Typen-Zulassung ihrer Modelle direkt. In Zukunft soll die Industrie nur noch indirekt für die Kosten aufkommen. Die Kommission selbst will die technischen Dienste, die die Typen-Zulassung durchführen, genauer kontrollieren und Verstöße gegen die europäischen Vorschriften durch die Dienste und die Hersteller notfalls sanktionieren.
Die Kommission will außerdem zu jedem Zeitpunkt überprüfen, ob die angegebenen Werte im praktischen Fahrbetrieb eingehalten werden. Alle Mitgliedsstaaten sollen das Recht haben, Modelle, die die vorgeschriebenen Werte nicht einhalten, zurückzurufen. Bislang darf das nur die Behörde des Landes, in dem die Typen-Zulassung durchgeführt wurde. Der gesamte Zulassungsprozess und die Kontrollen im normalen Straßenverkehr sollen systematisch und genau von der Kommission überprüft werden. Sie wird die dabei von einem Ausschuss, genannt „Forum“ unterstützt. Alle Mitgliedsstaaten sollen Vertreter in das Forum entsenden.
Die Vorschläge sollen dem Vernehmen nach schon am kommenden Mittwoch von der Kommission beraten und den gesetzgebenden Körperschaften der EU zugeleitet werden. Der Umweltausschuss hatte Mitte Dezember die Einführung von sogenannten „RealDrivingTests“ zur Überprüfung der Stickoxid- und Partikel-Emissionen als ungenügend abgelehnt. Die Mitgliedsstaaten wollten der Industrie dabei großzügige Abweichungen von den gesetzlichen Grenzwerten erlauben. Das Plenum soll Anfang Februar darüber abstimmen. (tw)