Brüssel. Die Europäische Union ist im Falle eines Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU ohne Abkommen („No Deal“-Szenario) im Verkehrssektor vorbereitet, betonten die Verkehrskommissarin Violeta Bulc und Vizepräsident Jyrki Katainen am Donnerstag, 4. April, in Brüssel.Beide EU-Vertreter betonten, dass ein ungeregelter Brexit erhebliche Auswirkungen auf zahlreiche Unternehmen hätte. „Deswegen haben die Kommission und die EU27 in den vergangenen beiden Jahren intensiv daran gearbeitet, sich auf die Herausforderungen eines No Deal-Szenarios vorzubereiten“, betont Katainen.
Sonderregelungen für den Transport
Ein harter Brexit werde in jedem Fall „teuer und disruptiv“, erklärte Katainen weiter. Die EU hat bereits befristete Maßnahmen erlassen, mit denen im Falle eines harten Brexits das grundlegende Funktionieren des Luftverkehrs sowie des Güterverkehrs auf Straße und Schiene sichergestellt werden. Um ein Chaos zu verhindern und größeren Schaden von den Wirtschaftsbeteiligten abzuwenden, gelten bis zum Jahresende Sonderregelungen für den Transport. Demnach dürfen Fuhrunternehmen mit EU-Gemeinschaftslizenz weiterhin Güter zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich transportieren. Voraussetzung ist, dass Großbritannien die gleichen Rechte einräumt. Lediglich bei Kabotagefahrten gibt es Unterschiede: Während EU-Transportunternehmen im UK wie bisher drei Beförderungen innerhalb von sieben Tagen durchführen dürfen, sind Einschränkungen für britische Transportunternehmen vorgesehen. Gemäß der EU-Übergangsverordnung bleiben die sozialen und technischen Vorschriften für Fahrer beziehungsweise Fahrzeuge vorerst in Kraft.
Um die Lebensmittelstandards in der EU zu sichern, werde es Grenzkontrollen beim Import von Produkten tierischen Ursprungs oder Tieren aus dem Vereinigten Königreich geben müssen, wenn Großbritannien ohne Übergangsregeln austritt. Zu diesem Zweck haben die betroffenen EU-Länder wie Frankreich und Belgien bereits zusätzliches Personal eingestellt. Mit den irischen Behörden sei die Kommission in intensivem Kontakt, um eine harte Grenze auf der Insel zu verhindern und gegebenenfalls notwendige Kontrollen abseits der Grenze durchzuführen.
Vorschläge für eine Brexit-Verschiebung
Aus Sicht der Europäischen Kommission bleibe ein geordneter Brexit auf Basis des zwischen den EU27 und Großbritannien ausgehandelten Austrittsabkommens die beste Lösung. Zeitpunkt und Ablauf des Brexits sind aber weiterhin ungewiss. Am Freitag, 5. April, hatte die britische Premierministerin Theresa May um eine Verschiebung des Brexit-Datums auf den 30. Juni gebeten. Dies schrieb sie in einem Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk. Eigentlich soll Großbritannien bereits am 12. April aus der EU ausscheiden.
EU-Ratschef Tusk hingegen hat sich für eine Verschiebung des Brexits um zwölf Monate ausgesprochen. Tusk wolle das den 27 bleibenden EU-Staaten am Freitag vorschlagen, bestätigte ein EU-Beamter der „Deutschen Presse-Agentur“ in Brüssel. Eine solche Verlängerung würde allerdings bedeuten, dass Großbritannien an der Europawahl im Mai teilnehmen müsste. (dpa/ag/tb)