Brüssel. EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc bekam Ende vergangenen Jahres Post vom Europäischen Parlament. Verkehrspolitiker fast aller dort vertretenen Parteien mahnten in einem gemeinsamen Brief eine schnelle Überarbeitung der Vorschriften für die Lkw-Maut an. Um die europäischen Klimaziele zu erreichen, müssten die bestehenden Vignetten-Systeme durch streckenbezogene Straßengebühren ersetzt werden, die auch den Umweltschäden des Güterverkehrs Rechnung tragen.
Flickenteppich in Europa beseitigen
Zur Reform der Lkw-Maut gehört auch der Plan, sie überall in der EU mit der gleichen Technik zu erheben. Die europäische Mautlandschaft gleicht einem unübersehbaren Flickenteppich. In Frankreich und Italien gibt es an den Autobahnen Mauthäuschen, man kann aber auch mit Kredit- oder Tankkarten bezahlen. In Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Luxemburg braucht man eine Eurovignette, in Belgien, Deutschland, Österreich, Polen, Portugal, der Slowakei, Tschechien und Ungarn kann man die Maut über eine On-Bord-Unit (OBU) elektronisch bezahlen; aber man braucht für jedes Land eine andere OBU. Manche gibt es gratis von der Mautgesellschaft, andere muss man teuer kaufen. Hinzu kommen gebührenpflichtige Brücken, Tunnel und Pass-Straßen.
Weil das Mautchaos den Güterverkehr behindert, einigte man sich schon 2009 auf die Einführung eines Systems zur Europäischen Elektronischen Mauterhebung (EETS). Bis 2012 sollte die europäische Einheits-OBU zur Verfügung stehen, es gibt sie aber immer noch nicht. Immerhin ist inzwischen das Pilotprojekt einer regionalen Harmonisierung „REETS“ abgeschlossen. Daran beteiligten sich von 2013 bis 2015 Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Polen und Spanien. Zwischenzeitlich ist auch Belgien dazugestoßen.
Die Mautgesellschaften und Service-Provider kamen aber über „Pilotprojekte“ wie die Einrichtung einer Informationsplattform nicht hinaus. Sie kennen sich jetzt zwar besser, wissen aber immer noch nicht, wie sie miteinander ins Geschäft kommen können.
Inzwischen gibt es zwei französische und eine italienische Firma, die über eine Lizenz als EETS-Anbieter verfügen. Als Interessent hat sich auch die deutsche AGES registrieren lassen. Konkrete Angebote für ganz Europa macht sie ihren Kunden aber nicht. Denn selbst wenn ein Anbieter alle technischen Probleme lösen würde, könnte er diese Dienstleistung wahrscheinlich nicht kostendeckend vermarkten. In vielen Mitgliedstaaten der EU fehlen dafür schlicht die gesetzlichen Voraussetzungen. Unklar ist auch, wie groß der Bedarf an einer europäischen Lösung wirklich ist. Die meisten Lkw fahren nicht durch alle EU-Staaten. Ihnen reicht eine regionale Lösung, für die allerdings auch nicht alle Voraussetzungen gegeben sind.
Kommission nimmt neuen Anlauf
Die Kommission will trotzdem in den nächsten Monaten einen neuen Anlauf nehmen, um EETS neuen Schwung zu geben. Die Rechte und Pflichten der Anbieter und der Mautgesellschaften müssten „genauer definiert und besser geschützt“ werden, heißt es in einem internen Arbeitspapier der Behörde. (tw)
EU-Maut kommt nicht in Gang
Bereits 2012 sollte er bereitstehen: der einheitliche europäische Mautdienst. Bisher ist jedoch nur wenig passiert. Die EU will nun einen neuen Anlauf starten.