Künftig sollen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Die Regelung soll 2035 in Kraft treten. Darauf haben sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments am Donnerstagabend, 27. Oktober, geeinigt, wie die tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte. Im Jahr 2026 soll die Entscheidung erneut überprüft werden können. Zudem ist im Kompromiss eine Bitte an die EU-Kommission festgehalten, zu überprüfen, ob der Einsatz von E-Fuels für Autos künftig in Frage kommen könnte. Darauf hatte in der Bundesregierung vor allem die FDP gedrängt.
FDP-Chef Christian Lindner sprach mit Blick auf den EU-Kompromiss von einer klugen Entscheidung, die Technologieoffenheit sichere. Sein Parteikollege Jan-Christoph Oetjen interpretiert die Prüf-Bitte an die Kommission als klaren Arbeitsauftrag, den Weg für den Betrieb des Verbrennungsmotors mit alternativen Kraftstoffen zu ebnen.
Der klimapolitische Sprecher der SPD im Europaparlament, Tiemo Wölken, lobte den Kompromiss. Er sei gut für das Klima aber schaffe auch Planungssicherheit für die Autoindustrie.
Deutliche Kritik vom VDA
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte die EU-Entscheidung: „Es ist fahrlässig, Ziele für die Zeit nach 2030 festzulegen, ohne entsprechende Anpassungen aufgrund aktueller Entwicklungen vornehmen zu können“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Als Beispiele nannte sie den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Zudem sprach sie sich dafür aus, E-Fuels für die Bestandsflotte an Verbrennern zu nutzen.
Vom Grünen-Europaabgeordneten Michael Bloss hieß es, jetzt sei klar, dass die Zukunft in der Elektromobilität liege. Es handle sich um eine „Zeitenwende“, die den Wohlstand von morgen sichere. „Wer jetzt noch auf den Verbrenner setzt, schadet der Industrie, dem Klima und verstößt gegen europäisches Recht.“ Kritisch sieht er, den Wunsch der FDP verhältnismäßig teure E-Fuels zuzulassen. „Das mag die FDP als Sieg verkaufen, aber nicht alle können sich diese Porschementalität leisten.“
Um die Frage, ob der Verkauf neuer Verbrenner ab 2035 verboten werden sollte, hatte es längeren Streit in der Bundesregierung gegeben. Vor allem Liberale und Grüne vertraten unterschiedliche Positionen. Bei der Debatte ging es im Kern um die Frage, wie E-Fuels im Straßenverkehr eingesetzt werden könnten.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), sieht im Zusammenhang mit klimaneutraler Mobilität noch „viele Fragen offen“. Es sei deshalb wichtig, „auch viele Technologien offen zu halten“. In diesem Zusammenhang werde die EU-Kommission auch Vorschläge vorlegen, wie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die nur mit E-Fuels betankt werden, auch nach 2035 noch zugelassen werden können. „Das ist enorm wichtig, um unsere Klimaziele zu erreichen. Wir müssen dafür auf alle verfügbaren klimafreundlichen Technologien zurückgreifen“, so Wissing.
EVP: Prüf-Bitte ändert nichts an Verbrenner-Verbot
Der Verhandlungsführer für die Christdemokratische EVP-Fraktion sieht das Verhandlungsergebnis kritisch. Es folge dem Prinzip: „Alles auf eine Karte“, teilte der CDU-Politiker Jens Gieseke mit. „Ein vollständiges Verbot einer Technologie geht zu weit. Aus unserer Sicht hätte es eine freiwillige Regelung für klimaneutrale Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe geben müssen.“
Die von der FDP eingebrachte Prüf-Bitte werde an einem Verbrenner-Verbot nichts ändern. Diese sei rechtlich nicht bindend und könne von der Kommission ignoriert werden. „Die Liberalen haben das Verbrenner-Verbot besiegelt“, sagte Gieseke. Eine letzte Hoffnung hat der Konservative aber noch: Dem Kompromiss zufolge soll eine Analyse eingeführt werden, die die tatsächlichen Emissionen von Fahrzeugen über einen Lebenszyklus untersucht. Dazu müsse die EU-Kommission einen Vorschlag erarbeiten. „Ob das Verbrenner-Verbot ab 2035 nun also tatsächlich Bestand hat, hängt daher auch stark von der Überprüfung im Jahr 2026 ab.“
Mit der Entscheidung steuere die EU „ihre zukünftige Verkehrspolitik per Einbahnstraße in die E-Mobilität, zulasten von technologischer Offenheit, Arbeitsplätzen und dem Industriestandort Deutschland“, kritisierte der CSU-Europaabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber.
Angesichts der Trilog-Einigung zum de facto Verbrenner-Verbot, forderte Ferber daher: „Wer A sagt, muss auch B sagen. Jetzt wo der Verbrenner endgültig in die Gnadenphase verabschiedet wurde, muss der Ausbau der E-Mobilität schleunigst vorangetrieben werden. Vollgas beim Verbrenner-Verbot muss auch zu mehr Tempo beim Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur führen.“ (tb/dpa)