Es geht auch anders

Hört man sich bei den Akteuren im Straßengüterverkehr um, wird man häufig mit Problemen konfrontiert: wie schwierig das Geschäft ist, dass einem die Konkurrenz aus dem Ausland zu schaffen macht, der Fahrermangel, etc. Ach ja, nicht zu vergessen: So richtig Geld verdienen lässt sich mit dem Transport ohnehin nicht. Deshalb, so hat man den Eindruck, sollte man bloß die Finger lassen von einer Branche, die sich offenbar nah am Abgrund bewegt. Vom Spediteur zum Transporteur Nun, vielleicht wird die Lage auch gerne schwärzer gemalt, als sie in Wirklichkeit ist. Christian Hnida jedenfalls lässt nicht die Finger von diesem Geschäft, im Gegenteil. "Mit dem Transport von A nach B lässt sich sehr wohl Geld verdienen", sagt der Inhaber des Transportunternehmens Hnida Transport & Logistik in Neusäß bei Augsburg. Zudem vertritt er die Ansicht: "Spediteure gibt es genug. Gute Transportunternehmen jedoch nicht." Da wird man stutzig. Wenn er dann noch erzählt, dass er 2011 den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt hat vom angestellten Prokuristen zum Transportunternehmer, mehren sich die Zweifel an den Aussagen aus dem Gewerbe, die einem so im Kopf herumschwirren. Zweifelsohne, Hnida macht einiges anders als viele andere Transportunternehmen. Aber das Wachstum seines Unternehmens, für das Hnida in diesem Jahr von der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner mit dem Preis "Bayerns Best 50" ausgezeichnet wurde (siehe Kasten Seite 18), gibt ihm Recht. Hnida hat 1984 seine Ausbildung zum Speditionskaufmann abgeschlossen. Er war für verschiedene Unternehmen tätig, bis er 1998 zur Spedition Andreas Schmid kam und dort zum Prokuristen aufstieg. Und dann, mit 47 Jahren, der Schritt vom Spediteur zum Transportunternehmer. Wo doch dem Fuhrunternehmen der Ruf vorauseilt, nur der "Erfüllungsgehilfe" des Spediteurs zu sein. Also eigentlich ein Abstieg? Zumal man als Spediteur, so ein weiteres (Vor-) Urteil, doch die viel besseren Margen einstreicht. Warum also der Sprung auf die - wenn man so will - andere Seite? "Mit dem Gedanken, mich selbstständig zu machen, habe ich schon länger gespielt", begründet Hnida. Denn zu seinem Leidwesen hat er als Spediteur immer wieder feststellen müssen, dass sich zwar viele Transportunternehmen im Markt tummeln. "Aber wirklich gute Fuhrbetriebe, die sind rar gesät." Hnida hat dann noch einen Zwischenschritt eingelegt, als Berater. "Ich wollte zunächst testen, wie es ankommt, wenn ich mich in einem ja nicht ganz einfachen Markt selbstständig mache", war er sich des Risikos durchaus bewusst. Hnida hat zunächst Transportunternehmen und Verlader mit eigenem Fuhrpark beraten und für sie Touren- und Auslieferkonzepte entworfen. Bei zwei Beratungsaufträgen begann es ihn in den Fingern zu jucken. "Jetzt einen eigenen Lkw zu haben, das wär's", hat sich Hnida gedacht. Gedacht und getan, gekauft und einen Fahrer angestellt. Dann ging alles rasend schnell. Wofür andere Monate und Jahre brauchen, das dauerte bei Hnida, der selbst keinen Lkw-Führerschein besitzt, nur wenige Wochen. "Es hat sich schnell herumgesprochen, dass ich einen Lkw habe. Zwei Wochen später gab es bereits weitere Anfragen", erzählt Hnida. Vier Wochen nach der Premiere mit einem eigenen Fahrzeug standen drei weitere Autos im Fuhrpark. Einen Monat später hatte sich die Zahl auf sieben erhöht. "Viele Speditionskollegen kannten mich und haben mich angesprochen", nennt er neben dem Beratungsgeschäft einen weiteren Kanal, über den er Anfragen bekam. Zunächst handelte es sich um klassisches Stückgut. Mittlerweile hat Hnida sein Unternehmen breiter aufgestellt. Die Zahl der Lkw und Mitarbeiter ist gewachsen (siehe Kasten Seite 17) und er transportiert Stückgut mittlerweile für drei große Speditionen. Er hat sich Verlader als Kunden geangelt, beliefert Apotheken mit Arzneimitteln und ist im Fernverkehr mit Direktverkehren unterwegs. Allen Unkenrufen zum Trotz lässt sich also mit dem Transport per Lkw Geld verdienen. Doch was zeichnet einen guten Unternehmer aus? "Es ist von Vorteil, wenn er sich mit seinen Kunden - ob nun Spediteur oder Verlader - auf Augenhöhe unterhalten kann", nennt Hnida die Kompetenz als einen wichtigen Faktor. "Wenn ein Kunde merkt, dass ich vom Fach keine Ahnung habe, habe ich einen schweren Stand", sagt Hnida. Erweist sich der Transporteur als Experte, der nicht nur seinen Job gut macht, sondern auch Vorschläge von sich aus einbringt, würden ihm auch sensible Geschäfte anvertraut. Dort seien die Margen in der Regel besser. Das Personal steht im Zentrum Als Beispiel für solche Transporte mit Anspruch nennt Hnida einen Kunden, der Fensterhersteller mit Sonnenschutzsystemen beliefert. "Die sind nicht oder kaum verpackt. Da spielt das Handling durch den Fahrer eine wichtige Rolle, damit es nicht zu Schäden kommt", sagt Hnida. Damit ist er bei einem zweiten Kriterium, wo sich im Transportgewerbe die Spreu vom Weizen trennt: die eigenen Fahrer. "Das Personal ist das Wichtigste in einem Transportunternehmen", sagt Hnida. Deshalb macht er abgesehen von der Abdeckung von Auftragsspitzen alles nur mit eigenen Fahrzeugen. "Nur so kann ich die Qualität sicherstellen, die ich mir wünsche und die auch der Kunde fordert", sagt Hnida. Gerade, als er mit seinem Unternehmen gestartet sei, habe er mit seinen Fahrern "ein glückliches Händchen" gehabt. "Ich habe vier, fünf gefunden, die eine gute Leistung erbracht haben, die mit den Kunden reden konnten und nicht so viel krank waren. Das ist in der Aufbauzeit wichtig, da es gerade da schwierig ist, Ersatz zu finden", fährt er fort. Umgekehrt fühlen sich die Fahrer offenbar bei Hnida wohl. "Fast alle Fahrer, die 2012 bei mir angefangen haben, sind noch bei mir", sagt er. Das Thema "Fahrer", das betont Hnida immer wieder, sieht er als wichtigen, vielleicht sogar den entscheidenden Erfolgsgaranten für ein Transportunternehmen an. "Um gute Fahrer zu finden und diese zu halten, muss man ihnen die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln", sagt der Inhaber. So ist einer seiner Fahrer mittlerweile Disponent, ein weiterer Fuhrparkleiter. Ein weiterer Anreiz sei das Angebot von verschiedenen Tätigkeiten - von Nah- bis Fernverkehr, von Tages- bis zu mehrtätigen Auslandstouren, von Stückgut bis hin zu loser Ware, bei der der Fahrer selbst für die Entladung verantwortlich ist. "Wir bieten aber auch ein ordentliches Gehalt, ordentliche Fahrzeuge, Boni und Möglichkeiten zur Altersvorsorge." Nicht zuletzt liegt ihm viel an einem familiären Verhältnis zu seinen Mitarbeitern. "Ich kenne alle meine fast 80 Fahrer persönlich und damit auch ihre Vorlieben. Und wenn einer gerne nach Frankreich fährt, bekommt er die Tour auch, wenn es sich irgendwie einrichten lässt", sagt Hnida. Fahrermangel ist ihm daher auch fremd. "Unsere Leistungen sprechen sich unter den Fahrern herum", so seine Einschätzung. Wenn er eine regionale Suchanzeige im Internet schaltet, hat er auch prompt mehr als 50 Anrufe von Fahrern, die darauf reagieren. Neben dem Know-how und dem Personal sieht er als einen weiteren wichtigen Faktor die Finanzplanung an. "Gerade in der Aufbauphase ist das enorm wichtig: Wann kommt welche Zahlung rein, wann kann ich mir in welcher Höhe welche Investition leisten", sagt Hnida. Da habe seine Frau wertvolle Arbeit geleistet und die Liquiditätsrechnung übernommen. Noch heute ist ihm dieses Thema von elementarer Bedeutung. Viele seiner Kollegen würden bei der Finanzplanung ihrem Bauch vertrauen. "Das kann klappen, das kann aber auch schiefgehen." Bei Hnida ist sechs Jahre nach Gründung des Unternehmens nur wenig schiefgegangen. Für 2017 strebt er ein Umsatzwachstum von 12 Prozent auf dann acht Millionen Euro an. Zu dieser Erfolgsstory gehört, dass sich Hnida seiner Leistungen und seiner Qualität bewusst ist. Das wird daran deutlich, wenn er darüber plaudert, wie er in Preisverhandlungen geht: "Da fordere ich auch mal mehr als im Markt sonst üblich." Er erzählt von einem Gespräch mit einem wichtigen Kunden, bei dem er eigentlich schon ein Jahr früher vorstellig werden wollte: "Ich hatte fest diesen Entschluss gefasst und vielleicht spürt das dann die gegenüberliegende Seite: Nee, der meint das ernst." Er hat nicht zuletzt die gute Leistung seiner Fahrer in die Waagschale geworfen, dass sie die Abläufe kennen und die Produkte und dass "da einfach nichts passiert". Hinterher habe ihm der Kunde bestätigt: "Dieses Argument war ein ganz wichtiger Grund, warum sie auf meine Forderungen eingegangen sind." Da schimmert sie wieder durch, die hohe Bedeutung, die Hnida dem Personal beimisst. Hnida ist der Auffassung, dass in Preisverhandlungen seine Branche zu zurückhaltend auftritt. Auf die Frage: "Sind die Transportunternehmen zu feige, um Preisforderungen zu stellen?", antwortet er nach leichtem Zögern: "Ja, ich glaube schon, dass sie zu feige sind." Über Jahresverträge, die ihm womöglich mehr Sicherheit geben, verfügt Hnida nicht. Doch daran hat er auch kein gesteigertes Interesse: "Ich bezweifle, dass ich dadurch mehr Sicherheit gewinne. Die größte Sicherheit ist für mich, wenn ich eine gute Leistung erbringe." Wenn er einen Jahresvertrag vereinbart habe, aber die Leistung nicht stimme, gäbe es Sonderkündigungsrechte: "Da nutzt mir dann ein Jahresvertrag auch nichts." Mit zusätzlichen Services überzeugen Kunden an sich zu binden versucht er lieber mit zusätzlichen Services. Ein Beispiel nennt er aus dem Stückgut: "Wir greifen von unserem Standort auf das IT-System einer Spedition zu und disponieren in deren System unsere Lkw", schildert Hnida. Der Vorteil für die Spedition: Sie erspart sich den Aufwand für die Dispo. Der Vorteil für Hnida: "Wir können Synergien schöpfen und die Transporte mit denen anderer Kunden verknüpfen." Bei einem weiteren Kunden, einem Verlader, sitzt einer seiner Mitarbeiter in der Firma des Auftraggebers und disponiert dort die Fahrzeuge. Hnida hat noch weitere Pläne im Kopf. Einerseits will er zwar nicht weiter in diesem Ausmaß wachsen. "Denn die aktuelle Größe ist optimal, da habe ich selbst alle Aktivitäten im Blick", sagt er. So arbeitet er weiterhin täglich in der Dispo mit. Andererseits testet er gerade den Einstieg in die Baubranche. Er hat bereits Kontakt zu einem Bauunternehmen, das händeringend nach Fuhrunternehmen sucht. Der Umsatz dort ist fahrerabhängig und passt damit genau in sein "Beuteschema": mit guten Fahrern den Kunden überzeugen. Hnida wagt aber nicht nur den Schritt in neue Märkte, sondern auch in eine neue Technikwelt: Er glaubt an die Zukunft von Elektroantrieben: "Im Fernverkehr kommen diese Fahrzeuge sicher nicht so schnell. Aber im Verteilerverkehr, wo wir täglich nur 200 Kilometer fahren, werden sich Elektro-Fahrzeuge in zwei, drei Jahren durchsetzen." In seinem Unternehmen sieht er vor allem in der Auslieferung von Pharma-Produkten ein Einsatzfeld. Hnida zeigt sich nicht nur interessiert, sondern er handelt auch. Als Transporter hat er seit 1. August einen Fuso Canter Eco Hybrid von Mitsubishi für zwölf Monate gemietet. Seiner Kenntnis nach der einzige Hybrid-Transporter im Großraum Augsburg. Damit noch nicht genug. "Zu Jahresbeginn 2018 wird ein rein elektrobetriebener Kleintransporter zu unserem Fuhrpark gehören", sagt er. Ob sich das Fahrzeug im Betrieb als wirtschaftlich rentabel herausstellen wird, ist er sich noch nicht sicher: "Aber man kann den Einsatz eines solchen Fahrzeuges sicher gut vermarkten." Auch ein Beispiel dafür, wie man als Transportunternehmen versucht nicht nur den Trend der Zeit zu erkennen, sondern auch sich und damit das Gewerbe in ein positives Licht zu stellen. Mehr zum Thema im Dossier Lkw-Landverkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers Zahlen und Fakten zu Hnida Transport & Logistik Von Jahr zu Jahr mehr Fahrzeuge und Mitarbeiter Christian Hnida hat das Unternehmen Hnida Transport & Logistik 2011 gegründet, zunächst mit dem Schwerpunkt Unternehmensberatung. Im Februar 2012 hat er den ersten Lkw gekauft. Dann ging die Entwicklung im rasenden Tempo weiter: Bereits 2014 gehörten zum Fuhrpark 35 ziehende Fahrzeuge. Jetzt ist die Zahl der Lkw auf 65 angewachsen. Vom Transporter bis zur Sattelzugmaschine ist alles dabei, wobei der Schwerpunkt auf Fahrzeugen über zwölf Tonnen liegt. Derzeit beschäftigt Hnida 85 Personen: sechs Bürokräfte, der Rest sind Fahrer, die allesamt ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Für 2017 hat sich Hnida einen Umsatz von acht Millionen Euro zum Ziel gesetzt.Hnida selbst hat 1984 seine Ausbildung zum Speditionskaufmann abgeschlossen und 1987 seinen Verkehrsfachwirt bei der IHK gemacht. Vor seinem Schritt in die Selbstständigkeit war er Prokurist bei der Spedition Andreas Schmid. Das Unternehmen mit Sitz in Neusäß bildet mittlerweile auch Berufskraftfahrer aus. 2017 haben die ersten beiden Azubis ihre Ausbildung erfolgreich beendet. 2017 sind vier neue Auszubildende eingestellt worden.Hnida ist 54 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder. cd Auszeichnung als Bayerns Best 50 Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ehrt Hnida Transport & Logistik Jedes Jahr zeichnet das Bayerische Wirtschaftsministerium 50 bayerische Unternehmen mit dem Preis "Bayerns Best 50" aus. Geehrt werden wachstumsstarke Mittelständler, denen es gelungen ist, in den vergangenen Jahren die Zahl ihrer Mitarbeiter und ihren Umsatz überdurchschnittlich zu steigern. In diesem Jahr fand die Auszeichnung im Schloss Schleißheim statt. Die Preise an die Unternehmen wurden überreicht von der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner.Zu den ausgezeichneten Unternehmen gehört auch die Hnida Transport & Logistik. Christian Hnida nahm den Preis - eine Urkunde und einen Porzellan-Löwen - aus den Händen der Ministerin entgegen. Gewürdigt wurden die Dienstleistungsqualität des Unternehmens, der Einsatz seines qualifizierten, deutschsprachigen Fachpersonals, der moderne Fuhrpark sowie die Umweltverantwortung.Neben Hnida wurden noch weitere Unternehmen ausgezeichnet: aus dem Logistikgewerbe die Amm Spedition in Nürnberg und die Herbst Transporte aus Bamberg.cd

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