Elektrifizierter Kühltransport: Lösungen für die Reichweitenproblematik

Obwohl die Ladeinfrastruktur aktuell den Flaschenhals darstellt, gäbe es bei Kühlhäusern bereits ausgebaute Lademöglichkeiten. Insofern wäre der temperaturgeführte Transport prädestiniert, auf E-Kühlaggregate umzusteigen. Wäre da nicht der Streckentransport, wo die Kabel einfach nicht lang genug sind . Wie eine Veranstaltung der Transfrigoroute Deutschland (TD) auf der IAA zeigte, gibt es auch dafür inzwischen Lösungen. Wobei es nicht ausschließlich um Kundennutzen geht, wie Andreas Schmid, Vorsitzender des TD-Industrieausschusses, erläuterte: "Anhänger und Sattelanhänger müssen bis 2030 ihren Beitrag zur Emissionssenkung bringen - Anhänger 7,5 Prozent, Auflieger sogar zehn Prozent." Dieses Ziel ließe sich durch oft nicht praxistaugliche aerodynamische Optimierungen erreichen. Strom für zehn Prozent So gehen die Trailerhersteller andere Wege, um die zehn Prozent CO2-Reduktion zu erreichen. Schmitz Cargobull setzt auf den eS.KO mit elektrischer Transportkältemaschine, Batterie im Stützwindwerk sowie E-Achse, die rekuperativ oder generativ lädt. Das gewährleistet mindestens fünf Stunden Energie-Autarkie. Bisherige Versuche zeigen, dass trotz mitgezogener E-Achse die Kraftstoffersparnis bei bis zu fünf Prozent liegt. Das beinhaltet, dass es keinen Dieselmotor mehr im Kühlaggregat gibt, ergo sowohl dessen Verbrauch als auch die Emissionen entfallen. Einen ähnlichen Weg geht SAF mit der TRAKr-Achse, das "r" steht für Rekuperation. Das 2018 vorgestellte Konzept ist inzwischen ausentwickelt. Bei der E-Achse von SAF wird über eine feste Übersetzung in einer Achse ein Generator angetrieben, der den Trailer mit Strom versorgt. Der Rest entspricht gängigem Standard, womit SAF eine breite Palette an Anwendungen, sogar eine Nachrüstung, abdecken kann. Es sind Batteriegrößen bis zu 34 Kilowattstunden (kWh) möglich. SAF setzt beim 170 Kilogramm schweren Rekuperationssystem auf Carrier und eCool sowie auf die Online-Plattform MyAddVolt zur Überwachung und Steuerung. Auch ZF arbeitet bereits länger an einem E-Trailer und stellte zur IAA die kurz vor Serieneinführung stehende Version samt Scalar-Software vor. Scalar ist ein trailerbasiertes Telematik-System mit inte-grierter Datenplattform. ZF fokussiert sich auf die AxTrax 2 genannte Rekuperationsachse mit 210 Kilowatt (kW) Leistung samt Dreigang-Getriebe. Sie ist sehr anpassbar, mit 640 Kilo allerdings nicht die leichteste. Der Hersteller verspricht bis zu 16 Prozent Kraftstoffersparnis, wenn optimal rekuperiert wird. Die integrierte Plug-in-Lademöglichkeit soll in Kombination mit einer Verbrenner-Zugmaschine bis zu 40 Prozent ermöglichen. Einen Schritt weiter geht Trailer Dynamics. Hier gibt es neben der Versorgung mit elektrischer Energie die Möglichkeit, mit der E-Achse anzutreiben und somit den Verbrauch einer Diesel-Zugmaschine zu mindern sowie die Reichweite einer E-Zugmaschine zu erhöhen. Je nach Anwendung liefert Trailer Dynamics Batterie-Systeme bis 551 kWh. Die E-Achse liefert bis zu 345 kW Leistung. Auch in dem Fall avisiert der Hersteller eine Verbrauchsreduktion bei Diesel-Zugmaschinen von bis zu 50 Prozent. Das CO2-Minderungspotenzial liegt laut Trailer Dynamics bei rund 174 Tonnen im Lebenszyklus (930.000 km). Wer sich noch nicht für die Anschaffung eines eigenen Kühlaufliegers begeistern kann, für den kann Miete der richtige Weg sein. TIP stellte auf der TD-Veranstaltung seine Lösung vor. Der Vermietspezialist sammelt seit zwei Jahren Erfahrungen und ist dreigleisig unterwegs: mit rein elektrisch betriebenen Einheiten, Kombinationen mit Generatorachse sowie hybriden Lösungen. Der Vermieter stellt fest, dass sich die Batteriekosten seit 2013 drastisch reduziert haben - von 732 Euro pro kWh auf aktuell 151 Euro. TIP kalkuliert deshalb mit verringerten monatlichen Energiekosten bei elektrifizierten Trailern - 410 zu 657 Euro (beim Verbrenner). Trotzdem ergibt sich durch höhere Kaufpreise ein monatliches Defizit von 322 Euro beim Vergleich E-Trailer und Standard-Trailer. Interessante Zahlen lieferte auch der Vortrag von Dr. Frank Koch, von Energy4Climate.NRW. Sein Büro hat einen Vergleich von H2, Batterieelektrik (BEV) sowie Diesel angestellt und dabei TCO und Versorgungsinfrastruktur verglichen. Basierend auf einer Fahrzeugreichweite von 500 Kilometern (km) transportiert der Diesel-Lkw rund 230 Kilogramm Treibstoff und Tanktechnik, der Wasserstoff-Lkw insgesamt 1,1 Tonnen an Tanks und Treibstoff und der BEV 5,44 Tonnen an Batterien. So kommt man zum Ergebnis, dass es bei einer gleichbleibenden Transportmenge rund 20 Prozent mehr BEV-Lkw brauchen würde. Koch resümiert, dass BEV-Lkw aufgrund niedriger Stromkosten mit 0,7 Euro/km günstiger zu unterhalten sind als Diesel (0,8 Euro/km). Entscheidet man sich für den BEV, wäre die Ladestrategie bedeutsam. Koch rechnet vor, dass Laden zum Industriepreis mit 184 Euro pro 500 km Fahrstrecke viel günstiger ist als Laden zum Gewerbepreis. Das läge nach seinen Erhebungen bei 264 Euro/500 km. Als Tipps für potenzielle Nutzer rät Koch: "Integrieren Sie das elektrische Laden in den Betriebsprozess Ihrer Fahrzeuge. Und übertreiben Sie es nicht. Für viele Anwendungsfälle, vor allem im Verteilerverkehr, sind Ladeleistungen von 100 bis 150 kW ausreichend."

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