Ein Megatrend - auch im Transport?

"Megatrends im Welthandel: Die neue Seidenstraße". Mit diesem Superlativ ist nicht eine Studie überschrieben, die der chinesische Staat in Auftrag gegeben hat. So lautet eine Untersuchung, die das Ifo-Institut in München für die Industrie- und Handelskammer in Bayern erstellt hat. Seidenstraße nur Teil einer großen Vision Megatrend: Das hört sich danach an, als schlummere hier auch ein Potenzial für die Transportdienstleister. Das Ifo-Papier schildert die Chancen für die bayerische Wirtschaft sowie die Risiken und Herausforderungen, die mit der neuen Seidenstraße zwischen China und Europa verbunden sind. Dieses Projekt ist Teil der One-Belt-One-Road-Initiative (OBOR), die der chinesische Staat ins Leben gerufen hat und mit dem die Handelswege zwischen China und über 60 Staaten in Asien, Afrika und Europa verbessert werden sollen. Bessere Straßen und Schienen erleichtern den Warenaustausch. Im Falle der Seidenstraße haben die Ifo-Experten berechnet, dass der Handel zwischen Bayern und China jedes Jahr um acht Prozent höher ausfällt im Vergleich zu der Situation ohne die besseren Bedingungen. Der Handel mit den an der Seidenstraße gelegenen Staaten erhöht sich nicht ganz so stark um drei Prozent. "Aufgrund der Art der Berechnung können diese Schätzungen direkt auch auf Deutschland übertragen werden", sagt Alexander Sandkamp, einer der Studienautoren und mittlerweile Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre an der Uni Kiel. Davon kann natürlich das Transportgewerbe profitieren und das haben auch schon zahlreiche Unternehmen getan. Ein Beispiel ist der Hamburger Hafen: "Seit dem Start der ersten Züge 2013 geht die Entwicklung kontinuierlich aufwärts", sagt Axel Mattern, Vorstand Hafen Hamburg Marketing. Und er lässt keine Zweifel daran, wessen wesentlicher Verdienst das ist: "Ohne die finanzielle Unterstützung der Chinesen wären die meisten dieser Verkehre nicht entstanden." Angaben über die tatsächlich gefahrenen Züge zwischen Hamburg und China hat Mattern nicht. Eine solche Übersicht zu ermitteln sei generell sehr schwierig, weil es viele Anbieter von solchen Zügen gäbe, aber man nicht wisse, ob einige den gleichen Zug nutzen würden. Für gesichert hingegen hält er die Zahl der TEU (20-Fuß-Container), die zwischen China und Europa verkehren: "Das waren 2018 360.000 TEU, davon sind 120.000 nach Hamburg gegangen." Und er beobachtet, dass immer mehr Mittelständler diesen Service nutzen. Er kenne Unternehmen, die nur wenige Container pro Monat zu versenden haben und sich für den Landweg per Bahn entscheiden. Am Anfang sei es nicht leicht, den richtigen Anbieter zu finden, aber über das Prinzip "learning by doing" würde man schnell die richtigen Partner finden (siehe auch Kasten Seite 24). Aber es gibt auch Unsicherheitsfaktoren. So werden die meisten der bereits fahrenden und vor allem auch die künftig noch folgenden Züge durch China finanziell unterstützt. Es sollen vor allem die Regionen im Innern des Landes wie die um die Millionenstädte Chengdu und Chongqing sein, die die Züge subventionieren. Doch gibt es Ankündigungen, dass diese Zahlungen langsam heruntergefahren werden sollen. Dann ist die Frage, welche dieser Züge sich auch ohne oder mit weniger Unterstützung rentieren. "Das Produkt hat Zukunft", ist Mattern dennoch überzeugt, "nur muss sich da etwas tun." Nur dann könne die Zielmarke von 500.000 TEU und langfristig eine Million TEU erreicht werden. Ein heikler Punkt ist der Grenzübergang in Malaszewicze/Brest zwischen Polen und Weißrussland. Dort muss umgespurt werden von der russischen Breitspur auf die europäische Normalspur. Gleiches ist auch an der Grenze zu China notwendig. Dort sind die Bahnhöfe jedoch laut Mattern bereits ausgebaut: "Die Umspuranlage in Brest ist derzeit der engste Flaschenhals, weil die Kapazitäten dort fast ausgeschöpft sind", sagt Mattern. Ohne einen Ausbau dort hält Mattern die angestrebten 500.000 TEU für wenig wahrscheinlich. Riesiger Logistikpark entsteht in Minsk Bei der OBOR-Initiative wird gerne übersehen, dass von der Seidenstraße nicht nur Europa und China profitieren, sondern auch die Staaten entlang der Route. Ein Beispiel ist der neue Industriepark "Great Stone", der in Weißrussland entsteht, unterstützt mit chinesischen Geldern. In der Nähe von Minsk soll der angeblich weltweit größte Industrie- und Logistikpark aus dem Boden gestampft werden. Der Duisburger Hafen wird dort mit den Partnern China Merchants China-Belarus, der weißrussischen Staatsbahn und dem Schweizer Kombi-Operateur Hupac ein Bahnterminal inklusive Logistikareal errichten. Baubeginn für die Anlage mit einer jährlichen Umschlagkapazität von zunächst maximal 180.000 TEU ist Anfang 2020, deren Inbetriebnahme 2021 geplant. Lässt man China außen vor, dann gehört laut Ifo-Studie Ukraine zu den größten Profiteuren der Seidenstraße unter den untersuchten Ländern (ausgedrückt in Handelseffekten beim Export in Millionen Euro). Dahinter folgen Weißrussland und Kasachstan. Die Ifo-Studie hat auch untersucht, welche Wirtschaftssektoren vor allem profitieren von dem verstärkten Schienengüterverkehr zwischen China und Europa. Der größte wertmäßige Zuwachs wird demnach bei den pharmazeutischen Erzeugnissen erzielt. Dann folgen Datenverarbeitungsgeräte und Maschinen. Betrachtet man die reinen Transportkosten, lohnt sich der Landweg über die Schiene im Vergleich zum Seeweg nicht. Denn je nach Destination betragen die Kosten pro TEU per Bahn das Drei-, Vier- oder Fünffache, schätzt Mattern. Eine genaue Angabe ist unter anderem deshalb schwierig, weil die Seefrachtraten schwanken und beim Landweg die Route je nach Destination schnell mal über 1000 Kilometer länger sein kann. Warum aber die Schiene dennoch zunehmend genutzt wird: Die Bahn benötigt je nach Länge der Strecke nur elf bis 14 Tage. Ein Containerschiff hingegen ist sechs bis acht Wochen zwischen China und Europa unterwegs. Damit sind Versender flexibler und können Kapitalkosten sparen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "China" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Anfangs wagten sich nur Großkonzerne mit Ganzzügen auf den Weg zwischen China und Europa. Mittlerweile nutzen auch viele Mittelständler dieses Angebot der Bahnen. Daher nimmt das Volumen ständig zu. Allerdings gibt es durchaus Hürden, die das Wachstum ausbremsen könnten. 8 % Mit dieser Zunahme rechnet das Ifo- Institut im Außenhandel zwischen Deutschland und China aufgrund einer verbesserten Schieneninfrastruktur zwischen China und der EU.

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