Ein heißes Thema

Die zunehmende Verbreitung von Mehrtemperatur-Kühlfahrzeugen ("Multi-Temp") auch im internationalen Langstreckenverkehr und die Verpflichtung zum Umstieg auf Kältemittel mit einem geringeren Treibhausgas-Potenzial sind aktuell dominierende Themen der Kühltransport-Branche. Beides findet nun auch im ATP-Übereinkommen zunehmend seinen Niederschlag. Im folgenden Beitrag stellen wir wesentliche Änderungen und Entwicklungen vor, die in den nächsten Jahren zur Umsetzung kommen werden. Diese Neuerungen betreffen sowohl die Hersteller als auch die Betreiber von Kühlfahrzeugen. Die EU-F-Gase-VO fordert Kältemittel mit schrittweise reduziertem Treibhausgas-Potenzial Das in der Transportkälte bisher dominierende Kältemittel ist R404a (GWP ca. 3900). Mit R452a wurde ein Ersatzkältemittel ("Drop-in" beziehungsweise "Retrofit") mit einem deutlich niedrigeren GWP von ca. 1900 entwickelt. Aufgrund seiner thermodynamisch sehr ähnlichen Eigenschaften kann es in vielen bisher mit R404a betriebenen Kühlmaschinen eingesetzt werden. Das ATP-Übereinkommen fordert bisher allerdings eine erneute umfängliche Typprüfung, wenn eine ansonsten baugleiche Maschine mit einem anderen Kältemittel betrieben wird, weil es dadurch zu Einbußen bei den resultierenden Kälteleistungen kommen kann. Bereits im Oktober 2017 wurde bei dem alljährlich bei der UNO in Genf tagenden ATP-Gremium WP.11 eine Regelung beschlossen. Diese erlaubt es, Prüfergebnisse aus Tests mit dem ursprünglichen Kältemittel (z. B. R404a) unter gewissen Voraussetzungen für baugleiche Maschinen, die mit einem chemisch und thermodynamisch sehr ähnlichen Ersatz-Kältemittel (hier z. B. R452a) betrieben werden, zu übernehmen beziehungsweise zu berechnen. Eine zentrale Voraussetzung ist, dass die Kälteleistung zumindest an einigen kritischen Arbeitspunkten mit dem Ersatzkältemittel gemessen werden muss und maximal fünf bis zehn Prozent von den Messergebnissen mit dem Referenzkältemittel abweicht. Dadurch kann der Aufwand für die ATP-Prüfungen von Transportkältemaschinen minimiert werden, die mit verschiedenen Kältemitteln betrieben werden sollen. Kältemitteltausch bei in Betrieb befindlichen Kühlfahrzeugen Während das Vorgehen bei der Prüfung der Kälteleistungen bei Neumaschinen mit unterschiedlichen Kältemitteln damit geregelt und für die Hersteller vereinfacht wurde, ist die Situation für die bereits mit R404a in Betrieb befindlichen Kältemaschinen bisher unklar. Zunächst gilt: Ein Wechsel auf das Kältemittel R452a kann - selbst bei einer Freigabe des Herstellers und entsprechenden technischen Anpassungen - zu Leistungseinbußen von im Durchschnitt bis zu fünf Prozent führen. An einzelnen Betriebspunkten wurden im Prüfbetrieb aber auch schon Abweichungen von zehn Prozent und mehr festgestellt. Damit könnte die zur Verfügung stehende Kälteleistung für ein konkretes Kühlfahrzeug nicht mehr ausreichend vorhanden sein, um die Temperaturanforderungen der entsprechenden Klasse zu erfüllen und damit die Sicherheit der Lebensmittel zu gewährleisten. Momentan ist im ATP-Übereinkommen der Austausch des Kältemittels in einem in Betrieb befindlichen mechanisch gekühlten Transportequipment nicht behandelt. Wird der Kältemitteltyp getauscht, erlischt damit zunächst die ATP-Bescheinigung für dieses Beförderungsmittel. Liegt für die betreffende Maschine ein gültiger ATP-Typ-Prüfbericht mit dem neuen Kältemittel vor, kann nach einer erfolgreich durchgeführten Wiederholungsprüfung eine ATP-Bescheinigung mit dem neuen Kältemittel und den entsprechenden Kälteleistungen ausgestellt werden. Liegt jedoch kein ATP-Prüfbericht für die Transportkältemaschine mit dem neuen Kältemittel vor, darf bei einem Kältemittelwechsel aus den oben genannten Gründen keine ATP-Bescheinigung ausgestellt werden. Bei der letzten Sitzung der WP.11 (10/2018) wurde nun ein Vorgehen verabschiedet, das unter bestimmten Voraussetzungen bei einem Kältemittelwechsel - zunächst ausschließlich von R404a auf R452a - die Ausstellung einer ATP-Bescheinigung erlaubt. Vorausgesetzt, der Hersteller gibt den Betrieb seiner Transportkältemaschine mit R452a frei, muss dann mindestens ein Nachtrag zu dem existierenden Typ-Prüfbericht für R404a durch eine offizielle ATP-Prüfstelle erstellt werden, die die Gleichwertigkeit bestätigt. Nach einer erfolgreichen Leistungsprüfung des jeweiligen Kühlfahrzeugs mit dem Drop-in-Kältemittel und der Aktualisierung des Hersteller-Typenschilds kann dann eine ATP-Bescheinigung für das Transportmittel ausgestellt werden. Diese Regelung muss allerdings noch von allen Mitgliedstaaten national ratifiziert werden, bevor sie dann in circa zwei Jahren Eingang ins ATP-Übereinkommen finden kann und damit verbindlich in Kraft tritt. Neue Regelungen zu Mehrkammer-Transportmitteln Prüfanforderungen an sogenannte "Multitemp"-Transportkälteanlagen haben bereits Eingang ins ATP-Übereinkommen gefunden. Wie die ATP-Bescheinigung und Kennzeichnung für Mehrkammer-Kühlfahrzeuge aussehen soll, wurde bis zuletzt ebenso diskutiert wie die Frage der Durchführung von Wiederholungsprüfungen. Deutschland hat sich mit seiner Position, solche Mehrkammer-Transportmittel grundsätzlich mit einem "-M" für "Multitemp" zu kennzeichnen - also zum Beispiel "FRC-M", lediglich für Transportmittel mit mehr als zwei Kammern durchgesetzt. Bei bis zu zwei Kammern ist dem WP.11 Beschluss vom Oktober 2017 zufolge eine separate Kennzeichnung der einzelnen Kammern notwendig. Also zum Beispiel FRC-FRC für ein Transportmittel, das in beiden Kammern tiefgekühlte Lebensmittel bei bis zu -20 °C oder tiefer transportieren kann, oder z. B. FRC-FRA, wenn in einer der beiden Kammern nur der Transport von frischen Lebensmitteln bei 0 °C bis zu 12 °C möglich ist. Diese neue Kennzeichnung soll nach derzeitigem Stand für Transportmittel, die ab 1. Oktober 2020 produziert werden, verpflichtend eingeführt werden. Zusätzlich wird ab Inkrafttreten der neuen Kennzeichnung für Mehrkammer-Transportmittel ein sogenanntes Zusatzdokument zu jeder ATP-Bescheinigung verpflichtend. Dieses muss eine Darstellung der Kammeraufteilung des Transportmittels beinhalten. Darüber hinaus muss in dem Dokument ein rechnerischer Nachweis enthalten sein, dass die in den einzelnen Kammern eingebauten Kühl- und Heizeinrichtungen in der Lage sind, die den deklarierten Temperaturklassen entsprechenden Temperaturen auch tatsächlich zu erreichen. Wie eingangs erwähnt, sind dies nur die wichtigsten Änderungen, die in ein bis zwei Jahren im ATP-Übereinkommen umgesetzt werden sollen. Weitere Themen, wie zusätzliche Prüfverfahren und Anforderungen für Flüssiggas-Kühleinrichtungen und Mehrkammer-Fahrzeuge, würden im Rahmen dieses Beitrags zu weit führen und werden deshalb nicht behandelt. TÜV SÜD TÜV SÜD Industrie Service GmbH,Center of Competence für Kälte u. KlimatechnikTel.: +49 81 42 44 61 -510E-Mail: stefan.heuss@tuev-sued.de

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