Hamburg/Paris. Wie schwer der Luftverkehr das Klima belastet, ist umstritten. Nach Einschätzung von Wissenschaftlern entfallen auf den Flugverkehr etwa zwei Prozent des Ausstoßes des Treibhausgases CO2. Dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zufolge sind die Flugzeuge für rund drei Prozent des menschlichen Beitrages zur Erwärmung der Erdatmosphäre verantwortlich. Allerdings wächst der Flugverkehr rasant. So stand auch die diesjährige Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris im Zeichen des Klimawandels. Die Branche verweist vor allem auf die drastischen Einsparungen im Vergleich zu den Flugzeugen der Vergangenheit und auf noch sparsamere Maschinen, die in den nächsten Jahren auf den Markt kommen sollen. „Im Durchschnitt verbraucht unsere Flotte pro Passagier 4,4 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer“, sagt Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber. Ähnlich argumentiert Airbus, verweist zum Beispiel auf die neue A380 mit nur rund 3 Litern Pro-Kopf-Verbrauch bei ihren 550 Sitzplätzen. Die neuen Triebwerke seien sparsamer, zudem sollen Kunststoff-Bauteile wie bei der kommenden Boeing 787 oder der A350 von Airbus ein geringeres Gewicht und damit auch weniger Treibstoffverbrauch bringen. Bei den Vergleichen wird es angesichts der Streckenlängen allerdings kontrovers: Ein durchschnittlicher Autofahrer, der nur 10.000 Kilometer pro Jahr fährt, aber zwei Mal im Jahr je 20.000 Kilometer nach Thailand in den Urlaub und retour fliegt, verbraucht natürlich mehr Kraftstoff im Flugzeug. Das Bild ändert sich, wenn man 50.000 Jahreskilometer eines eifrigen Autofahrers in seiner Oberklasse-Limousine den 10.000 Flugkilometern eines Reisenden gegenüberstellt, der einige Europaflüge im Jahr macht. Fortschritte bei Umwelt- und Klimaschutz hängen in der Luftfahrt von vielen Aspekten ab. Dazu zählen neue Technik, optimierte Flugsicherung und Vernetzung der Verkehrsträger. Für Fluggesellschaften schlägt sich Umweltschutz knallhart in den Zahlen nieder. Kraftstoff ist einer der größten Kostenfaktoren. In der Branche mit ihren knappen Margen können mittelfristig nur Wettbewerber mit neuem, umweltfreundlichem Gerät überhaupt überleben. „Umweltschutz ist aber aus unserer Sicht kein neues Thema“, sagte Marlin Dailey, Europadirektor von Boeing am Montag auf der Luftfahrtmesse in Paris. „Wir müssen uns das gesamte System ansehen - Flugzeug, Antrieb, Flughäfen und Flugsicherung“, erklärte der Boeing-Manager. Der Hintergrund ist einfach: Boeing, Airbus und Triebwerkshersteller haben in den vergangenen Jahrzehnten massive Fortschritte bei Lärmschutz und Kraftstoffsparen gemacht. Die Lufthansa rechnet vor, dass die Transportleistung von 1991 bis 2006 um 231 Prozent gestiegen sei, der Kerosinverbrauch aber lediglich um 122 Prozent. Von 1970 bis heute konnten der Kraftstoffverbrauch und C02-Ausstoß um rund 70 Prozent gesenkt werden. Ähnlich war es beim Lärmschutz. Diesem Fortschritt stehen organisatorische Probleme entgegen. Die Luftraumstruktur ist in vielen Regionen noch museal organisiert und Betätigungsfeld nationaler Interessen. „Warum geht das, was am Boden geht, nicht auch in der Luft“, sagte Mayrhuber mit Blick auf durchlässige Grenzen in Europa. Ein Flugzeug kann rein technisch direkt wie ein Vogel zu seinem Ziel steuern. Von dieser Flexibilität bleibt nicht viel übrig, da die Routen am Himmel eher einem Schienennetz gleichen. Zudem kreisen die Maschinen vor allem an den großen Flughäfen lange in Warteschleifen, die Zeit und Kerosin verschwenden. Da Produktzyklen im Flugzeugbau 20 bis 40 Jahre umfassen, wächst für die Entwickler der Druck, Alternativen und Ergänzungen zum Kerosin aus Erdöl marktreif zu machen. Wasserstoff ist auf Grund seines Volumens und der Handhabung schwierig einzusetzen. Größere Potenziale stecken nach Einschätzung von Experten vor allem in synthetischen Kraftstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen. (dpa)
Diskussion um Klimaschutz im Luftverkehr
Saubermann oder Sündenbock: Nach Einschätzung von Wissenschaftlern entfallen auf den Flugverkehr etwa zwei Prozent des CO2-Ausstoßes