Berlin. Probleme bei der Lkw-Be- oder Entladung kosten Zeit und Geld. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat deshalb jetzt neun goldene Regeln aufgestellt, die die Situation an der Laderampe verbessern und den Beruf des Lkw-Fahrers attraktiver machen sollen. „Der tägliche Frust an der Laderampe lässt sich mit dem guten Willen aller Beteiligten zumindest zu einem großen Teil beseitigen. Wir haben daher bei der Suche nach Lösungen nicht nur die Logistikbranche, sondern vor allem auch beispielsweise den Handel eingebunden“, erklärte dazu am Dienstag der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.
Das daraus entwickelte Regelwerk sei ein gutes Beispiel, wie die Wirtschaft gemeinsam unterschiedliche Branchen- und Unternehmensinteressen ausgleichen könnten. „Standzeiten können so verkürzt und Planungen für alle Seiten verbessert werden“, sagte Dercks. Damit ließen sich Arbeitszeiten und Personaleinsatz verbessern, weil der gerade von den Fahrern oft als frustrierend empfundene Leerlauf vermieden werden könne. „Es geht hier auch um wechselseitige Anerkennung: Auch Fahrer und nicht nur die von ihnen gelieferten Waren sollten an der Rampe willkommen sein“, betonte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer.
Die neun goldenen Rampen-Regeln will der DIHK nun allen 79 Industrie- und Handelskammern in Deutschland geben, damit diese ihre Mitgliedsunternehmen vor Ort entsprechend informieren.
So lauten die neun Rampen-Regeln des DIHK:
Präambel:
Reibungslose Abläufe an den Laderampen und partnerschaftliches Zusammenarbeiten verkürzen Standzeiten und erhöhen die Berechenbarkeit von Verkehren. Diese nutzen Verladern, Empfängern und Transportunternehmen gleichermaßen. Sie erleichtern Berufskraftfahrern und auch dem Personal an den Rampen ihre Tätigkeit. Dies erhöht die Attraktivität der Berufe in der Logistik und leistet damit auch einen Beitrag zur Linderung des Fahrermangels.
Regel 1: Ausreichende Kapazitäten an den Laderampen sicherstellen
An den Laderampen sollten ausreichende Kapazitäten vorgehalten werden. Dies betrifft die Rampenzone, das Lager, das Personal und die Ladehilfsmittel gleichermaßen. Auch sollten bauliche Voraussetzungen für reibungslose Umschlagevorgänge geschaffen werden. Dazu gehören insbesondere geeignete Maße für Rampen, Vordächer usw. sowie Unterraum an der Rampe für Fahrzeuge mit Hebebühne.
Regel 2: Ausreichend Parkraum für Wartezeit und Vorabfertigung bereithalten
Für den Hofverkehr einschließlich Park- und Wartezonen sollte ausreichend Fläche vorhanden sein. Mit Blick auf den Mangel an Lkw-Parkplätzen sollte der Fahrer dort möglichst auch seine Ruhezeiten vor oder nach der Beladung verbringen können. Werden wartenden Fahrern Funk-Meldeempfänger ausgehändigt, können Fahrzeuge jederzeit zügig abgerufen und unnötige Wege in das Abfertigungsbüro vermieden werden.
Regel 3: Ausreichende Rampenöffnungszeiten gewährleisten
Die Rampenöffnungszeiten sollten ausreichend lang sein und den Transportunternehmen die Möglichkeit geben, Touren ohne Leerlauf zu planen. Bei Restriktionen von Kommunen sollte geprüft werden, inwieweit Lockerungen unter Wahrung der Interessen Dritter (Lärmschutz für Anlieger) möglich sind. Insbesondere in Saisonhochzeiten und vor verkaufsstarken Feiertagen sollten Rampenöffnungszeiten dem gesteigerten Anliefervolumen angepasst werden.
Regel 4: Vereinbarte Zeitfenster einhalten
Vereinbarte Zeitfenster sollten von Verladern, Transporteuren und Empfängern gleichermaßen als verbindlich angesehen werden. Es sollte bedacht werden, dass die Nichteinhaltung von Zeitfenstern bei Transportunternehmen, Handel und Gewerbe gleichermaßen zu erhöhten Kosten führt. Bei Verzögerungen z.B. durch Stau sollten Informationen schneller fließen, damit Zeitfenster flexibel gehandhabt werden können und auch für Fahrzeuge, die zu früh oder zu spät kommen, die Wartezeit möglichst gering bleibt. Attraktive Zeitfenster sollten nicht verkauft werden.
Regel 5: Informationsfluss verbessern
Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Big Data sollten dazu genutzt werden, um die Partner möglichst frühzeitig über Veränderungen oder Störungen zu informieren und den Datenfluss über Ladezeiten und Waren zu verbessern. Hierzu gehören beispielsweise Zeitfenstermanagementsysteme, Avisierungsverfahren, Lkw-Abrufsysteme, eine digitalisierte Fahrzeugabfertigung und die beleglose Wareneingangsprüfung. Der Königsweg wäre die Verarbeitung von Telematikdaten in Echtzeit.
Regel 6: Vorhaltung von Tauschpaletten sicherstellen
Tauschpaletten sollten in ausreichender Zahl und in angemessener Qualität an den Laderampen zur Verfügung stehen und übergeben werden.
Regel 7: Zuständigkeit für Be- und Entladung klar regeln
Be- und Entladung sowie begleitende Prozesse wie das Entfernen von Folien oder die Vereinzelung von Sandwichpaletten fallen nicht in die Zuständigkeit des Fahrers. Die Unsicherheit hierüber führt zu Konflikten und Missverständnissen. Prozesse sollten verbindlich geregelt werden. Klargestellt werden sollte auch die Verantwortung für eine betriebs- und beförderungssichere Verladung.
Regel 8: Persönlichen Umgang verbessern
Fahrer und Personal an den Laderampen sind mit der gebotenen Wertschätzung zu behandeln. Fahrern sollte der Zugang zu Sanitäreinrichtungen und Sozialräumen möglich sein. Diese sollten in ausreichender Anzahl und Qualität verfügbar sein. Die Fahrer ihrerseits bemühen sich darum, diese Anlagen angemessen zu nutzen.
Regel 9: Sprachkompetenz von Fahrern und Ladepersonal verbessern
Fehlende Sprachkenntnisse führen zu Missverständnissen, Verzögerungen und Gefahren an den Ladezonen. Alle Beteiligten bemühen sich darum, die Sprachkompetenz der an der Laderampe tätigen Personen zu verbessern. Eine Verständigung auf Deutsch – zumindest aber auf Englisch – sollte möglich sein. Unterstützend können auch Piktogramme eingesetzt werden. (ag)