Die teure Last mit den Paletten

Vor einigen Jahren bezifferte eine Studie des Fraunhofer IML den Anteil, den der Transporteur an den Paletten-Umlaufkosten zu tragen hat, auf rund zwei Drittel. Daran dürfte sich auch heute wenig geändert haben. "Speditionen entstehen Verluste, angefangen von der nicht selten schlechteren Qualität der Tauschpaletten, die sie an der Entladestelle bekommen, über unnötige Fahrten, die sie auf sich nehmen müssen, bis hin zum Palettenklau, denn der kommt nach wie vor auf so manchem Hof vor", sagt Bertram Krämer von der Beratung Palettenmanagement Krämer. Die meisten Kosten im Umlauf entstünden aber in der Administration: "Unregelmäßigkeiten in der Beleg- und Kontenführung sind Verlustbringer Nummer eins, weniger die physischen Verluste im Palettenbestand selbst", sagt der Berater (siehe auch Interview auf Seite 10). Schwächstes Glied in der Kette Aus Unternehmersicht drückt der Schuh allerdings woanders: "Das Hauptproblem ist, dass Auftraggeber, Lade- und Entladestelle dem Thema Paletten zu wenig Beachtung schenken und sich elegant aus der Verantwortung ziehen", sagt Drazan Malesevic, Geschäftsführer STI Deutschland. Diese werde auf den Spediteur und letztendlich den Frachtführer als schwächstes Glied in der Kette abgewälzt. STI betreibt keine eigene Lkw-Flotte, wickelt den Palettentausch also rein buchhalterisch ab. Bei knapp zwei Millionen Europaletten, die die von STI beauftragten Frachtführer im Jahr bewegen, beschäftigt das Duisburger Unternehmen eine vierköpfige Palettenabteilung. Das Thema Tauschqualität begegnet Malesevic insbesondere im Lebensmittelsegment, das STI schwerpunktmäßig bedient. "Hier werden neue oder helle Klasse-A-Paletten verlangt, oft bekommt der Frachtführer aber nur Paletten von durchschnittlicher Qualität zurück", klagt der Spediteur. Die Paletten erhalte der Frachtführer an vielen Entladestellen auch nicht an der Rampe, sondern müsse an einen anderen Ort fahren, was manchmal für längere Wartezeiten als bei der Entladung selbst sorge. Am kürzeren Hebel "Ich kenne Vertragsklauseln, über die Speditionen und Frachtführern, die nicht tauschen wollen oder können, Paletten zu Wucherpreisen in Rechnung gestellt werden", sagt Malesevic. Nun müsse man solche Aufträge grundsätzlich nicht annehmen. "Oftmals bleibt einem aber nichts anderes übrig, um wirtschaftlich überleben zu können", betont der STI-Chef. Den Auftraggeber zur Zahlung einer Palettengebühr zu bewegen, könne man seiner Ansicht nach heutzutage vergessen, "das wird nicht akzeptiert". Bleibt der Hebel administrativer Aufwand. Die Spedition setzt dabei auf Digitalisierung: Das Einbuchen von Forderungen und Verbindlichkeiten in die Palettenkonten der Lade- und Entladestelle und des Frachtführers erfolgt softwareunterstützt. "Wir haben uns im vergangenen Jahr in der Start-up-Landschaft umgesehen und eine webbasierte Lademittelverwaltung in unsere Prozesse integriert", erzählt der STI-Geschäftsführer. Dort könne man einsehen, bei wem man Palettenschulden oder -forderungen hat, und diese unkompliziert ausgleichen. Leider drohe das Start-up, das ungenannt bleiben soll - wie derzeit vielen anderen auch -, ein Opfer der Corona-Krise zu werden, deutet Malesevic an. "Wir finden die Lösung aber so gut, dass wir derzeit mit den verbliebenen Investoren über einen Kauf des Software-Quellcodes verhandeln", lässt er wissen. Man wolle das Lademittelmanagement gerne für die STI-Gruppe weiternutzen und im Idealfall zur Ramp-App mit Palettenkontenführung in Echtzeit ausbauen. Abwägungssache Poolinggebühren Unterstützung im Palettenhandling können sich Unternehmen natürlich jederzeit auch bei einem der Poolingdienstleister holen, die mit ihren Depotnetzen nicht nur das physische Handling von Ladungsträgern erleichtern, sondern die Palettenabteilungen auch mit der Abwicklung von Gutschriften sowie digitaler Kontoführung entlasten. "Natürlich arbeiten auch wir punktuell mit Poolingdienstleistern zusammen, wenngleich die Kosten der Poolinggebühren die Marge erheblich absenken", sagt Malesevic. Sein Unternehmen versuche das daher so weit wie möglich zu umgehen. Anders LIT. Der Logistikdienstleister mit Hauptsitz in Brake bewegt im Monat 80.000 bis 90.000 Paletten, wie Sarah Bultmann, Leiterin Palettenmanagement und Assistentin der kaufmännischen Leitung, berichtet. "Überall, wo wir in der Vergangenheit Problemfälle hatten, etwa bei der Abgabe von Kleinstmengen, holen wir uns seit einigen Jahren externe Unterstützung und nutzen das engmaschige Paki-Netzwerk", sagt Bultmann. Dadurch könnten die Leerkilometer reduziert werden. "Das ist uns besonders in puncto Nachhaltigkeit sehr wichtig", betont Bultmann. Bei den Entladestellen, die den Paki-E-Voucher, eine digitale Palettengutschrift, anbieten, entfielen Leertransporte sogar komplett. Das Paki-Konto wird digital verwaltet. Im internen Palettenmanagement geht es ebenfalls in Richtung papierloses Büro: Die Fahrerinnen und Fahrer können über eine eigens entwickelte LIT-App die Frachtpapiere digitalisieren und liefern die Belege damit in digitaler Form an die Palettenabteilung, auch wenn die Buchungen dann noch weitgehend manuell erfolgen, wie Bultmann erläutert. Letzte Option Ausstieg In Summe bleibt also oft ein ziemlicher Aufwand, den die Akteure für das Handling der Paletten betreiben müssen. Da kann man es vielleicht auch so machen wie die Spedition Wittwer aus Eschenlohe: "Wir haben uns schon vor zehn Jahren vom Palettentausch verabschiedet", sagt Geschäftsführer Georg Wittwer. Beim Austausch des Aufliegerfuhrparks hat er seine Kunden und letztlich auch sein eigenes Unternehmen vor vollendete Tatsachen gestellt: Palettenkörbe unter den Aufliegern gibt es nicht mehr. 30.000 Euro Palettenkosten sind damals pro Jahr angefallen, bis er seinen Kunden erklärt hat, dass die den Tausch direkt mit ihren Lieferanten klären müssen. Aber geht das so einfach? Ja und nein. Die meisten seiner Kunden haben das akzeptiert. Aber Wittwer lehnt auch Kunden ab, die auf die Palettenabwicklung bestehen, unlängst ein großer Lebensmittelimporteur. Er kommt dann schon mal ins Grübeln: "Aber Palettentausch ist einfach nicht unser Geschäft", sagt Wittwer. Letztlich sei es immer eine Frage der Rahmenbedingungen, weshalb er auch nicht partout ausschließen will, dass man sich nicht doch wieder diesem Problemfeld zuwendet: "Doch solange es möglich ist, werden wir versuchen, dem Palettentausch aus dem Weg zu gehen." In Kürze Dass Spediteuren und Transportunternehmen stetig eine gewisse Anzahl von Ladungsträgern und damit pures Geld verschüttgehen, hat viele Gründe. Umso wichtiger ist ein durchdachtes vor allem aber konsequent umgesetztes Palettenmanagement. Interview zum Thema Palettenmanagement in Speditionen "Unbedingt monatliche Abrechnung erstellen" Bertram Krämer, Inhaber Krämer Palettenmanagement Speditionen tragen die größte Last im Palettenumlauf. Wo entstehen die meisten Kosten? Speditionen entstehen Verluste, angefangen von der nicht selten schlechteren Qualität der Tauschpaletten, die sie an der Entladestelle bekommen, über unnötige Fahrten, die sie auf sich nehmen müssen bis hin zum Palettenklau, denn der kommt nach wie vor auf so manchem Hof vor. Gegen das Problem, dass Spediteure insbesondere nach Belieferung des Handels mit schlechteren Paletten nach Hause gehen, gibt es leider kein Patentrezept. Es gibt keine Rechtsgrundlage, dass ich für meine Paletten der Qualitätsklasse A, auch Klasse A zurückbekomme. Eine Palette muss nach UIC435-2 tauschfähig sein, mehr nicht. Die meisten Kosten im Umlauf entstehen aber in der Administration: Unregelmäßigkeiten in der Beleg- und Kontenführung sind Verlustbringer Nummer eins, weniger die physischen Verluste im Palettenbestand selbst. Was können Spediteure tun, dass sie nicht draufzahlen? Das Erheben einer Tauschgebühr, mit der die administrativen Kosten etwas kompensiert werden, ist in den letzten Jahren durch die mangelnde Zahlungsbereitschaft der Kunden zurückgedrängt worden. Zuletzt haben sich die Speditionen aber wieder etwas aus der Deckung getraut und angesichts der vor der Coronakrise noch sehr knappen Frachtkapazitäten wurden diese Gebühren auch wieder öfter bezahlt. Da man sich auf so eine Kompensation aber nicht verlassen kann, müssen Spediteure ihre eigenen Verwaltungsprozesse auf den Prüfstand stellen. Was läuft bei vielen Unternehmen schief? Aus den verschiedensten Gründen sind Palettenabteilungen nicht in der Lage, laufende Vorgänge zeitnah abzuarbeiten, sie reagieren, statt zu agieren. Außerdem müssen manche Mitarbeiter selbstbewusster gegenüber ihren Geschäftspartnern auftreten. Paletten-Salden sollten jederzeit nachvollziehbar und belegbar sein und deshalb müssen gerade bei Kontodifferenzen zu Gunsten des Spediteurs diese auch durchgesetzt werden. Dagegen wird viel zu oft - aus Bequemlichkeit oder aus Respekt dem Kunden gegenüber - der Saldo angepasst. Solche unnötigen Ausbuchungen fallen im Controlling auch nicht weiter auf – erzeugen aber in der Summe hohe Verluste. Sowohl die Verbindlichkeiten als auch die Forderungen müssen so gering wie möglich gehalten werden. Mangelnde Kommunikation zwischen Vertrieb, Disposition, Fahrern und Palettenabteilung tun ein Übriges. Ganz wichtig ist zudem: Die Palettenabteilung nie nebenher betreiben und einer muss den Hut aufhaben! Und den Überblick über das Ganze behalten. Was kann man noch tun? Speziell im Nahverkehr kommt es häufig vor, dass man drei oder vier Paletten, die man an der Entladestelle nicht auf Anhieb erhalten hat, zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr abholen möchte und somit auf sie verzichtet. Zusammen genommen läppern sich diese vermeintlich kleinen Mengen. Mein Rat ist: Unbedingt eine monatliche Abrechnung erstellen und nicht getauschte und zurück gebrachte Paletten in Rechnung stellen. Welche digitalen Tools empfehlen Sie für das Palettenmanagement? Viele Speditionen haben die entsprechenden Tools schon im Haus und nutzen diese nur teilweise. Die meisten Transport-Management-Systeme bringen Module zur Lademittelverwaltung mit, die in der Lage sind, jeden Monat kumulierte Salden zu erstellen. Auch für den Fall, dass der Wirtschaftsprüfer einen Blick auf die Palettenverwaltung werfen will, ist eine softwaregestützte Dokumentation hilfreich. Sehr empfehlenswert sind Ladungsträger-Apps. Der Fernverkehrs-Fahrer gibt dann nicht jede Woche seinen Schuhkarton voller Belege in der Palettenabteilung ab, sondern kann gleich an der Rampe in Echtzeit übermitteln, wie der Stand ist. Wann empfiehlt sich eine Auslagerung des Palettenmanagements an Poolingdienstleister? Für Speditionen mit einer entsprechend hohen Umlaufmenge an Paletten, die sich mit der Lademittelverwaltung nicht näher beschäftigen wollen, kann das durchaus sinnvoll sein. Das kostet aber natürlich auch Geld, also kann dies nur eine individuelle Entscheidung sein. Wenn ein klassischer Mittelständler sein Palettenmanagement effizient im eigenen Haus gestaltet, das heißt engagierte Leute und die passende EDV dafür hat, kann er das aber auch selbst.

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

Die teure Last mit den Paletten

HASHTAG

#Paletten

Das Ende der Zettelwirtschaft?

Fair und korrekt

Zug um Zug

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Area HR Business Partner

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

WEITERLESEN

NEWSLETTER